Umfragetrend: Ampel verliert, AfD legt zu     

Zum Umfragehoch der AfD befragt, kommen die Bundestagsabgeordneten Dr. Anja Reinalter (Bündnis 90/Die Grünen), Martin Gerster (SPD) und Josef Rief (CDU) zu deutlich unterschiedlichen Bewertungen.
Zum Umfragehoch der AfD befragt, kommen die Bundestagsabgeordneten Dr. Anja Reinalter (Bündnis 90/Die Grünen), Martin Gerster (SPD) und Josef Rief (CDU) zu deutlich unterschiedlichen Bewertungen. (Bild: picture alliance/dpa | Bernd von Jutrczenka // picture alliance / Eibner-Pressefoto | EIBNER/DROFITSCH // picture alliance/dpa | Jörg Carstensen)

Nach dem neuesten RTL-Trend zur Politik kommen die Regierungsparteien nur noch auf 40 Prozent. Damit sind die Ampelparteien auf einem neuen Tief angekommen. Die SPD kommt demnach nur noch auf 17 Prozent, die Grünen auf 16 Prozent und die FDP auf schwache 7 Prozent.

Die AfD profitiert von der Schwäche der Regierungsparteien und steigert sich im Trend zum Vorjahr um ein weiteres Prozent und liegt mit 16 Prozent auf Augenhöhe mit der SPD und den Grünen. Grund genug, um bei den Bundestagsabgeordneten der Region nachzufragen, wie Sie dieses Trend-Ergebnis bewerten.        

Ökologische und soziale Reformen notwendig

Mit großer Gelassenheit reagierte die Dr. Anja Reinalter (Bündnis 90/Die Grünen): „Die Regierung wird durch die Parteien gestellt, die Wahlen gewinnen und nicht die, die Umfragen gewinnen. Wir lassen uns von demoskopischen Momentaufnahmen nicht verrückt machen. Wir Grüne wurden dafür gewählt das Land ökologisch und sozial zu reformieren. Hierzu gehören für mich das Angehen des Fachkräftemangels, die Einführung der Bildungszeit sowie die Umstellung der Energieversorgung auf bezahlbare Erneuerbare. Dafür haben wir die Ärmel hochgekrempelt.“

Bessere Kommunikation notwendig

Für Martin Gerster (SPD) spielen verschiedene Faktoren eine Rolle, die das Trend-Ergebnis teilweise erklären: „Nur wenige Monate nach Regierungsantritt der Ampelkoalition im Dezember 2021 hat sich mit dem völkerrechtswidrigen Angriffskrieg Putins auf die Ukraine die Situation in Deutschland aber auch weltweit grundlegend verändert. Die damit verbundenen Herausforderungen und Umstellungen (Energieversorgung und -preise, die zu bewerkstelligende Wärmewende, Aufnahme von geflüchteten Menschen aus der Ukraine u.a.) erfordern ein entschiedenes Handeln der Politik. Dies stößt verständlicherweise nicht überall auf ungeteilte Zustimmung. Umfragen lassen meiner Meinung nach aber keine belastbaren Rückschlüsse auf das gesamte politische Meinungsbild zu. Auch gibt es aktuell Umfragen anderer Institute, bei denen die SPD deutlich besser abschneidet als die hier erwähnte.“

Grundsätzlich ist Gerster jedoch der Meinung, dass politische Entscheidungen sich nicht ausschließlich an Umfragen orientieren sollten. Wichtig sei vielmehr eine vorausschauende Politik, die eben nicht auf schnelle Effekte bei Umfragen abzielt, sondern das große Ganze im Blick behält. Die SPD setze sich dafür ein, dass politische Maßnahmen auch in Zukunft sozial verträglich und sozial gerecht ausgestaltet werden. Er räumt aber auch ein, dass das noch besser kommuniziert werden müsse.

Gerster sieht die Zukunft seiner Partei positiv: „Die nächste Bundestagswahl ist im Herbst 2025. Ich bin mir sicher, dass die SPD mit Bundeskanzler Olaf Scholz gute Chancen auf einen Wahlsieg hat. Im Frühjahr 2021 lag die SPD in Umfragen bei 14 Prozent, bei der Wahl im September sind wir mit über 25 Prozent stärkste Kraft im Bundestag geworden. Dies zeigt meines Erachtens den Stellenwert von Umfragen zum jetzigen Zeitpunkt im Hinblick auf die nächste Wahl. Gleichwohl appelliere ich an alle, die mit der Wahl von rechtsradikalen Parteien liebäugeln, darüber nachzudenken, in welche Katastrophe übersteigerter Nationalismus Europa und die Welt vor hundert Jahren gestürzt hat und welch unermessliches Leid für Millionen Menschen damit verbunden war. Ich werde nicht nachlassen, jeden Tag für unsere Demokratie, unseren Rechtsstaat und den Zusammenhalt in unserer Gesellschaft zu kämpfen – unabhängig von irgendwelchen Umfragen.“

Herausforderung für die demokratischen Parteien

Wenig überraschend ist, dass MdB Josef Rief (CDU) das Trend-Ergebnis eher kritisch bewertet: „Die hohen Werte für die AfD und auch die hohen Werte für die Linken im Osten sind eine Herausforderung für alle demokratischen Parteien, vor allem natürlich für die CDU. Ich bin grundsätzlich gegen Koalitionen mit Parteien im linken und rechten Spektrum. Es gibt naheliegende Ursachen, warum die Menschen sich Populisten und ihren vermeintlich einfachen Antworten hingeben, wie etwa die aktuelle Krisensituation mit steigenden Preisen und die Verunsicherung, die der russische Angriffskrieg ausgelöst hat.“

Die Ampel sei, so Rief, für jeden – zunehmend sichtbar – nicht in der Lage, gute Lösungen anzubieten und den Menschen eine Perspektive zu geben. Die Kommunikation der Ampelparteien sei erkennbar schlecht und deren Politik von innerer Zerstrittenheit geprägt. Als jüngstes Beispiel nennt rief das Debakel um den Austausch von Heizungen. Hier fühlten sich viele Menschen überfordert und habe deshalb zu Recht große Empörung hervorgerufen.

Das Erstarken der AfD sieht rief als Aufgabe für die CDU und Ampelkoalition: „Das Misstrauen in die Lösungskompetenz der Ampel stärkt die AfD. Genau das ist die Herausforderung für uns als Union. Wir müssen, mehr als bisher, unsere gut begründeten, besseren Alternativen zur Regierungspolitik den Menschen nahebringen und sie überzeugen. Protest zu wählen, hat noch nie etwas gebracht, weil z.B. die AfD weder willens noch in der Lage ist, Sachthemen in ihrer Komplexität darzustellen. Wir müssen uns als Politiker bemühen, die Zusammenhänge zu erklären. Simple Parolen reichen dazu eben nicht aus.“ Der Abgeordnete ist überzeugt, dass die Regierung eine bessere Arbeit machen müsse, sieht aber auch seine Partei in der Pflicht. „Wir als CDU müssen zeigen, dass wir bessere Lösungen anbieten. Dann vertrauen auch wieder mehr Menschen den demokratischen Parteien.“

Die erfreulich hohe Zustimmung zur CDU zeige, so rief weiter, dass die Partei vernünftige Ergebnisse erziele und Politik verlässlich gestalte. Er ist überzeugt, dass die Menschen in Deutschland der Union mehr zutrauen als den anderen Parteien.

Dafür nennte er auch Gründe: „Dies liegt an der kontinuierlichen Arbeit vor Ort, auf politischen Veranstaltungen, auf Festen, auf Jubiläen, kurz gesagt, indem sich Politiker dort aufhalten, wo sich die Menschen befinden, und dort für Gespräche Verfügung stehen. Neben guter Politik in Berlin kann der einzelne Abgeordnete durch Aktivitäten in den Wahlkreisen das Erstarken der politischen Ränder, was ja gerade Ausdruck von Misstrauen ist, verhindern.“