Energiewende: Sinnvoll aber auch kostenträchtig

Energiewende: Sinnvoll aber auch kostenträchtig
Prof. Dr.-Ing. Alexander Floß von der Hochschule Biberach äußerte sich zu Maßnahmen, die durch das Energiewende- und Klimaschutzgesetz auf Hausbesitzer zukommen. (Bild: HBC/Stefan Sättele)

Die Bundesregierung macht bei der Energiewende mächtig Druck. Für Hausbesitzer bedeutet dies, dass ab Januar 2024 neu eingebaute Heizungen zu 65 Prozent mit erneuerbaren Energien betrieben werden sollen. Als Lösung dieser Anforderungen stehen erstrangig Wärmepumpen im Fokus.

Um die festgelegten Umweltziele zu erreichen, sollen deshalb jährlich etwa 500.000 dieser Geräte installiert werden. Damit ist aber oft nicht getan, denn nicht nur bei älteren Gebäuden sind auch energetische Sanierungen erforderlich.

Zu diesen Problemstellungen und Fragen nach den damit verbundenen Kosten, führten wir ein Interview mit Prof. Dr.-Ing. Alexander Floß von der Hochschule Biberach (HBC). Sein Lehrauftrag umfasst den Bachelor-Studiengang Energie-Ingenieurwesen und den Master-Studiengang Energie- und Gebäudesysteme.

Herr Professor Floß, wie hoch sind die Kosten für die Installation einer Wärmepumpe (inkl. Gerät) bei einem EFH?

In diesem Bereich müssen Eigentümer mit 30.000 bis 50.000 Euro rechnen.

Funktioniert die Wärmepumpe „nur“ mit Fußbodenheizung?

Nein! Eine Wärmepumpe sollte bei möglichst niedrigen Vorlauftemperaturen arbeiten. Dies funktioniert bei einer Fußbodenheizung in der Regel immer. Aber es gibt auch andere Möglichkeiten. Wärmepumpen haben eine Lebensdauer, die auch über 20 Jahren hinausgehen kann, wenn sie richtig konzipiert und betrieben werden.

Kann sie alternativ auch mit Deckenheizungen kombiniert werden?

Da Wärme nach oben steigt, ist dies nicht so günstig wie eine Fußbodenheizung, aber es ist grundsätzlich eine gangbare Alternative.

Ist die Nachrüstung einer Deckenheizung gegenüber einer Fußbodenheizung kostengünstiger?

Das kann man pauschal nicht beantworten, denn es kommt sehr stark auf die Ausführung an. Im Sanierungsfall kann eine Deckenheizung deutlich kostengünstiger sein und sollte in jedem Fall in Betracht gezogen werden.

Wird umfangreich saniert und die Gebäudehülle sorgfältig gedämmt und abgedichtet, reichen die vorhandenen Heizkörper meist aus. Sie können dannt mit ausreichend niedrigen Temperaturen betrieben werden, ohne dass die Bewohner Einbußen bei der Behaglich in Kauf nehmen müssen. Durch Einbau einer Lüftungsanlage mit Wärmerückgewinnung können die Gebäudeverluste und damit die notwendige Vorlauftemperatur des Heizungssystems noch weiter abgesenkt werden.

Ab welchem Baujahr des Hauses sind energetische Ertüchtigungen sinnvoll und notwendig, um einen Beitrag zur Energiewende zu leisten?

Dies muss im Einzelfall betrachtet werden. Die meisten, auch neueren Häuser weisen einen energetischen Sanierungsstau auf. Allerdings gibt es auch andere Beispiele, schließlich sind schon vor 30 Jahren Passivhäuser gebaut worden.

Welche Maßnahmen sind dafür notwendig?

Hier sind drei Punkte zu nennen: dämmen (inkl. Fenster), abdichten (Luftdichtheit der Gebäudehülle herstellen), kontrollierte Lüftungsanlage mit Wärmerückgewinnung.

Sanierungen im Bestand müssen wir als Prozess denken, den wir durchlaufen und in dem wir immer besser werden.

Mit welchem Kostenrahmen müssen Einfamilienhaus-Besitzer rechnen, wenn sie Dach und Fassade dämmen, die Fenster tauschen und eine neue Heizung installieren wollen, um KfW 55 (Effizienzhaus 55) zu erreichen?

Je nach Umfang der Sanierung, Größe des Gebäudes und Komplexität sind Investitionen von 100.000 bis 200.000 Euro notwendig, wobei wir uns bei den meisten Gebäuden eher im oberen Bereich bewegen.

Wie beurteilen Sie den Zeitrahmen für solche Maßnahmen und stehen ausreichend Kapazitäten dafür bereit?

Das braucht Zeit, zwei Jahre ziehen schnell ins Land. Die gute Nachricht: Die aktuellen Materialengpässen werden sich nach und nach auflösen, der Fachkräftemangel im Handwerk sowie in den Ingenieurbüros dagegen wohl eher nicht.

Wo sollten sich Hausbesitzer vor einer Sanierungsmaßnahme fachmännisch beraten lassen?

Die Energieagentur Ravensburg ist eine sehr gute Adresse in der Region! Und beim Stichwort Fachkräftemangel ist es natürlich unsere Aufgabe als Gesellschaft, dass mehr junge Menschen sich für eine entsprechende Ausbildung oder ein Studium entscheiden. An der Hochschule Biberach beispielsweise kann man Energie-Ingenieurwesen studieren! Wir bieten u.a. kooperative Modelle an, die Ausbildung und Studium miteinander verzahnen bzw. das Studium mit kontinuierlichen Phasen in einem Unternehmen oder Ingenieurbüro verbunden ist.

Gemeinsam mit der Energieagentur Ravensburg befinden wir uns in Vorbereitungen für Schulungen im Bereich Wärmepumpen auch für Privatpersonen die wir dann über das Innovations- und Transferzentrum (ITZ Plus) anbieten, das in unmittelbarer Nähe zu unserem Campus in Biberach entsteht.

Ist perspektivisch mit einem merkbaren Wertzuwachs eines energetisch sanierten Gebäudes zu rechnen (gegenüber unsanierten Gebäuden)?

Das würde ich andersherum ausdrücken. Nichtsanierte Gebäude werden im Wert deutlich sinken. Man spricht hier von einer Entwertung des Gebäudebestands. Denn bei einem Besitzerwechsel wird der neue Eigentümer meist in die Sanierungspflicht genommen. Ich sehe hier aber auch eine große Change für die jüngere Generation, die sich die derzeit überteuerten Immobilien nicht leisten kann. Wer technisch versiert und handwerklich geschickt ist, kann sich wieder bezahlbare Immobilien kaufen und selbst Hand anlegen. Hier ist klar im Vorteil, wer eine entsprechende (Aus-)Bildung verfügt.