Vielen Menschen ist der Schussenrieder Roland Roth als Chef der Wetterwarte Süd ein Begriff. Seine Leidenschaft gilt dem Wetter, doch er hat noch eine Leidenschaft, er fährt unheimlich gerne mit dem Fahrrad. Ob Termine in Biberach, Ravensburg oder Bad Saulgau, Roth legt ganz selbstverständlich die Strecken mit dem Fahrrad zurück. Auch zu seinen Vorträgen ist er meist mit dem Rad unterwegs, unabhängig von der Jahreszeit und dem Wetter. Dies führte im Laufe der vielen Jahre auch zu manch lustigen, aber auch ernsten Situationen.
Zuwachs an Lebensqualität
„Bei meinen Radtouren ist der Umweltschutzgedanke nur ein Nebenprodukt, ich sehe die Zeit auf dem Rad als Zuwachs an Lebensqualität“, erklärt der Wetterexperte mit Nachdruck. So hat er auch im Alltag Prioritäten gesetzt. Den Großeinkauf erledigt er mit dem Bus der Wetterwarte einmal pro Quartal. „Was ich sonst noch brauche, besorge ich mit dem Fahrrad. Das ist bequemer und schneller, weil ich keine Notwendigkeit habe, mir einen Parkplatz suchen zu müssen,“ berichtet Roth.
„Radwegausbau im Kreis BC ist top“
Den Radwegeausbau im Kreis Biberach lobt Roth explizit: „Verglichen mit den benachbarten Landkreisen und dem Bodenseekreis ist das Radwegenetz in unserem Landkreis Biberach überdurchschnittlich gut ausgebaut, aber natürlich noch verbesserungsfähig. Ich spreche sicher für viele Radfahrer, wenn ich betone, dass wir für jeden Kilometer Radweg dankbar sind!“
Beifall für den tropfnassen Wetterexperten
Roth fährt schon seit mindestens 10 Jahren zu allen Vorträgen mit dem Rad. Nicht immer ist ihm das Wetter wohl gesonnen. „Es kommt dann schon vor, dass ich klatschnass zum Vortrag erscheine. Dafür ernte ich dann oft tosenden Applaus. Immer wieder bieten mir Vortragsbesucher an, mich nach dem Vortrag mit dem Pkw nach Hause zu bringen. Ich lehne das ab und verweise auf meine davor gemachten Ausführungen zum Klimaschutz und zum Mobilitätsverhalten. Zudem gibt es mit dem ÖPNV in Kombination mit dem Rad teils ideale Bedingungen, vorausgesetzt die Bahn ist pünktlich.
Winterstetten macht seinem Namen alle Ehre
Vor Jahren hielt Roth einen Vortrag in Betzigau (Raum Kempten). Natürlich war er mit dem Fahrrad ins Allgäu gefahren. In der Nacht radelte er zurück nach Schussenried. Im Radio hörte er gegen 1.30 Uhr einen Titel von Conny Francis: „Schöner fremder Mann“. „Weil ich mutterseelenalleine unterwegs war, dacht ich mir, die meint bestimmt mich“, erzählt Roth mit einem Grinsen im Gesicht. Doch diese Freude verging recht schnell: „Eine Kaltfront sorgte nach einer Stunde dafür, dass der Regen bei Winterstetten (nähe Leutkirch) in Schnee überging. Da fragte ich mich schon, ob ich eigentlich noch ganz richtig im Kopf sei.“
Vortrag in kurzer Hose
Der Chef der Wetterwarte Süd erinnert sich an einen Vortrag bei der VHS in Laupheim. „Es war Dezember und ich radelte zum Veranstaltungsort. Dort stellte ich fest, dass meine lange Hose, die ich immer dabei habe und vor dem Vortrag anziehe, fehlte. Durch eine Windböe ist sie wahrscheinlich aus der mitgeführten Tasche herausgeweht worden. Also entschuldigte ich mich bei den Vortragsbesuchern, dass ich nun in kurzer Hose referieren werde, was diese mit einem schallenden Gelächter quittierten,“ erinnert sich Roth. Er ergänzt, dass auch ein Wetterexperte nicht gegen die Unbill der Natur gefeit sei und dies auch manche Verspätung auf der Fahrt zum Veranstaltungsort mit sich bringe.
Vorträge in der Natur
Von einem Mitglied des RMSV (Rad- und Motorsportverein) Bad Schussenried wurde Roth gefragt, ob er bereit sei, bei seiner Schwester, die in Märbottenweiler (Gemeinde Eberhardzell) verheiratet ist, eine geführte Klimatour mit dem Rad durchzuführen. „Niemals hätte ich gedacht, dass zur ‚Klima-Radtour mit Roland Roth‘ so viele Menschen kommen würden. Von der Idee und Umsetzung war ich so begeistert, dass diese Vorträge in der Natur bei mir nun auch auf dem Programm stehen. Nicht nur bei der Tour de Barock anlässlich des Schussenrieder Parkfestes. Ich nenne diese Vorträge ‚Wetter- und Klimagespräche in der Natur‘. So einen wird es wohl im nächsten Jahr auch auf der Landesgartenschau in Wangen geben“, erzählt Roth, der so nebenbei anmerkt, dass Termine für seine Vorträge bis 2027 voll ausgebucht sind.
Dreimal nass an einem Tag
Im Mai hat das Wetter Roland Roth mal so richtig eingeseift. An einem Tag absolvierte er drei Vorträge. „Schon in Bad Waldsee kam ich pitschnass an. Beim nächsten Veranstaltungsort im Schussenbecken, erschien ich ebenfalls wie eine getunkte Maus. Mein Kleidervorrat war aufgebraucht, so musste ich in Friedrichshafen in feuchten Klamotten meinen Vortrag halten.
Höllenritt auf dem Drahtesel
Selbst Wetterexperten sind nicht frei vom Leichtsinn. Dies zeigte sich nach einem Vortrag im Juli dieses Jahres in Alleshausen. „Ich warnte die Besucher noch vor einer aufziehenden Unwetterfront mit einem gefährlichen Sturm. Ich sagte noch, dass die Leute um 22.30 Uhr zu Hause sein sollten. Aber wie es so ist, ich gab nach dem Vortrag Autogramme und verquatschte mich total. Als ich zu meinem Erschrecken auf der Uhr sah, dass es kurz nach 22 Uhr war, ließ ich die Gesprächspartner einfach stehen, weil ich um den Ernst der Lage wusste. Also bin ich aufs Fahrrad und losgerast wie eine gesengte Sau,“ berichtet Roth mit ernster Miene.
Nach Oggelshausen fuhr er Richtung Skulpturenfeld. „Kurz vor dem Wald schlug ein Blitz keine 50 Meter vor mir ein. Als ich aus dem Wald herausfuhr, kam der Sturm als gewaltige Windwalze. Hinter mir brach der Wald zusammen, Bäume wurden abgedreht, eine Baumspitze streifte mich noch. Eine unglaublich starke, tornadoähnliche Böe erfasste mich und schleuderte mich mit meinem Fahrrad meterweit in eine Wiese. Gott sei Dank blieb ich nahezu unverletzt,“ erklärt Roth diesen Horrortrip, den er wohl nie vergessen wird.
Weit über 100 Blutspenden
Seit Jahrzehnten spendet Roth mit voller Überzeugung Blut. Anstoß dafür war der Unfall eines Bekannten. Roth erinnert sich an eine der ersten Spenden in Uttenweiler. Danach fuhr er mit dem Fahrrad auf den Bussen genehmigte sich ein Weizenbier, bevor er wieder nach Schussenried fuhr. „Den Verantwortlichen beim DRK war ich nach einiger Zeit bekannt, weil ich alle acht Wochen bei Ihnen auftauchte. Sie wussten auch, dass ich bis zu 100 Kilometer zum Spendenort mit dem Fahrrad zurücklegte,“ erzählt Roth. So fuhr er auch an einem Spätherbst nach Winterlingen.
„Auch hier war der Name leider Programm,“ so Roth, der zunächst am Bord der Blutspendeaktion auf ganz andere Probleme stieß. „Ich war als erster Blutspender da. Als die Dame meine Daten aufnahm und mitbekam, dass ich mit dem Fahrrad da war, zweifelte sie wohl an meinem Verstand. Sie sagte, das ist doch nicht normal! Wie fahren sie zurück?“ Roths Antwort bestärkte sie wohl in ihrer Einschätzung. „Erst als sie mit einer Verantwortlichen telefonierte, gab es Entwarnung. Die hatte ihr wohl erklärt, dass ich für solche Touren bekannt sei. Hinter mir hatte sich mittlerweile ein Stau von fast 50 Blutspendern gebildet“, erinnert sich Roth.
Der für ihn schlimme Teil der Geschichte folgte aber prompt. Ausgerechnet an diesem Tage hatte der Wetterexperte keine lange Kleidung dabei. Das Wetter zeigte ihm die kalte Schulter: „Auf der Rückfahrt wurde es affenkalt, ich habe gefroren wie ein Schlosshund,“ erzählt Roth, der sich notgedrungen in Wilflingen (Gemeinde Langenenslingen) in eine Wirtschaft rettete, um sich aufzuwärmen: „Von Wilflingen bin ich nach Herbertingen geradelt und von dort mit dem Zug nach Schussenried gefahren.“
Den Bussen gestürmt
Vor einer Radtour zum Bussen setzte sich Roth ein sportliches Ziel. Er wollte in 55 Minuten von Schussenried zum Heiligen Berg Oberschwabens fahren. Als er die brutal steile Rampe in Offingen erreichte, nahm er sich vor in Schlangenlinien hochzufahren. Daraus wurde nichts. Von oben aus der Wirtschaft hörte er den Ruf, „Roland Roth kommt mit dem Fahrrad“. Unter Beifall und Anfeuerungsrufen blieb dem Wettermann nichts anderes übrig, als es doch direkt zu versuchen: „Das war aber mehr als grenzwertig. Neben der gewaltigen Anstrengung musste ich aufpassen, dass ich keinen Unfall hatte, denn das Vorderrad hob immer wieder ab,“ erläutert Roth verschmitzt diesen Kunstradfahrerakt.
Oben angekommen erlebte er, dass die Menschen ihm nicht nur zujubelten, sie hielten ihn auch frei. Die körperliche Anstrengung wurde von ihnen großzügig honoriert.
Wetteinsatz: Fahrten nach Mailand und Bremen
Eine besonders lustige Geschichte ergab sich im Schussenrieder Teilort Reichenbach. Der aus Reichenbach stammende Schauspieler Bernd Gnann hatte dort die Show „Wetten dass …? organisiert. Das Event fand in einem großen Festzelt statt, Außenwetten wurden in das Zelt übertragen.
Bei einer der Wetten wurde Roth zum Wettpaten erkoren. Natürlich wurde er gefragt, was er mache, wenn er seine Wette verlieren würde. Roth machte einen verblüffenden Vorschlag: „Dann fahre ich nach Bremen, besorge dort Fisch und ein Brot. Nach meiner Rückkehr starte ich nach Mailand und besorge Wein und Käse. Das alles übergebe ich nach meiner Rückkehr den Organisatoren.“ Im Publikum herrschte, so Roth ungläubiges Staunen, bis hin zu Aussagen, dass er wohl spätestens jetzt völlig übergeschnappt sei.
Die Wette ging verloren. Roth ließ sich nicht lumpen und hielt Wort. Er fuhr nach Bremen, besorgte Fisch und Brot und machte als Beweis ein Foto vom Ortsschild. Zurückgekehrt nach Schussenried, machte er sich auf den Weg nach Mailand und besorgte sich den Wein und Käse. Auch hier fotografierte er das Ortsschild. Der Schelm hatte beim Wetteinsatz seine hervorragenden Ortskenntnisse genutzt. Mailand ist ein kleiner Ort bei Leutkirch (Nähe Flugplatz Unterzeil), Bremen eine kleine Gemeinde bei Hohentengen. Mit dieser List hat der Wettermann seine Wettschulden tatsächlich und wahrsten Sinne des Worts eingelöst.
Jährliches Gerücht um den Führerschein
Wenn in Oberschwaben der Herbst beginnt, die Tage kürzer werden, Nebel und kühle Temperaturen zur Normalität werden, sieht sich Roth jedes Jahr einem Gerücht ausgesetzt. „Weil ich in kurzen Hosen und mit dem Fahrrad in der Stadt unterwegs bin, werde ich oft angesprochen. Role, stimmt es, dass du keinen Führerschein mehr hast? Das alljährliche aufkommende Gerücht kann ich aber genauso oft widerlegen, wie es aufkommt,“ amüsiert sich Roth.
Ärger mit dem Bahnpersonal
Gerne nutz Roland Roth auch den ÖPNV. Doch er vermisst manchmal beim Personal der Bahn deren Mitmenschlichkeit. Er meint damit nicht die Zugausfälle und Verspätungen. Er hat zwei persönliche Erfahrungen als Erklärung parat: „Ich kam bei Herbertingen in ein Unwetter und wollte beim Bahnhof mit dem Fahrrad in den Zug. Weil ich knapp dran war, konnte ich keine Fahrkarte mehr ziehen. Ich sagte dem Zugbegleiter, dass ich bei ihm bezahlen wolle. Der lehnte dies ab und ließ sich auch von den Protesten der andren Fahrgäste nicht erschüttern. Es sei nicht sein Problem sagte er zu mir, ließ die Türen schließen, der Zug fuhr ohne mich ab.“
Ein solcher Vorgang wiederholte sich am Bodensee. Roths Fahrrad hatte bei Hagnau einen Platten. Er wollte mit dem reparaturbedürftigen Fahrrad in einen Bus einsteigen, um noch den letzten Zug in Friedrichshafen nach Bad Schussenried zu schaffen. Auch hier wurde er vom Busfahrer in ähnlicher Weise abgekanzelt. „Im Bus waren ganze drei Personen, so wäre mehr als genügend Platz für mich und mein Rad gewesen. Die Busreisenden baten den Fahrer doch eine Ausnahme zu machen, letztlich umsonst. Auch hier erhielt ich den Hinweis, dass es nicht sein Problem sei.“
Welch eine Leistung
Dass Roland Roth im letzten Jahr die meisten Kilometer (über 1500) beim Stadtradeln in Schussenried fuhr, ist also kaum verwunderlich. Bewundernswert dagegen ist, dass er bis vor wenigen Jahren seine Radtouren mit einem ganz normalen Touren-Rad absolvierte. Seither hat es der bald 70-jährige Wetterexperte leichter, er hat sich ein E-Bike zugelegt, das er bei längeren Strecken nutzt.