Eher ernüchternd fiel die Erntebilanz des Landesbauernverbandes aus. Joachim Rukwied, Präsident des Landesbauernverbandes (LBV) sprach bei der heutigen Ernte-Pressekonferenz in Stuttgart Mühlhausen, deshalb von einem enttäuschenden Ergebnis.
Ein kaltes, nasses und sonnenarmes Frühjahr waren, so Rukwied, Faktoren, verzögerten das Wachstum und führten mit Nachfrösten zu punktuellen Schäden beim Obst- und Weinbau. Zudem entstand für die Landwirte ein Kostendruck, weil die Betriebskosten (z. B. Energie und Treibstoffkosten) gestiegen sind, für die Ernte aber mit einem geringeren Erlös zu rechnen ist.
Mittlerweile ist, trotz der Regenunterbrechungen, der ganz überwiegende Teil des Getreides geerntet, ausgenommen Höhenlagen. „Die Erträge sind eher enttäuschend. Dabei hatten die Landwirte doch aufgrund der guten Wasserversorgung und des optischen Eindrucks, auf ein gutes bis sehr gutes Ergebnis gehofft. Unsere Erwartungen wurden nicht erfüllt, in Summe gehen wir von einer unterdurchschnittlichen Ernte aus“, erklärt Rukwied.
Zu große Hoffnungen
Ende Juni waren die Erwartungen, so Rukwied noch groß, weil die Bestände optisch gut aussahen. Er verwies darauf, dass bereits die ersten Ernteergebnisse enttäuschten und auch die folgenden Erntemengen den hohen Erwartungen nicht gerecht wurden.
Zu den Wetterkapriolen führte Rukwied aus: „Auf einen kühlen und regenreichen Mai, folgte ein warmer Juni. Ende Juni sorgten Starkregen und Hagel regional für schwere Schäden in den Kulturen bis hin zum Totalausfall. „Die schwierigen und teils extremen Witterungsverhältnisse sorgten für ständige Ernte-Unterbrechungen. Die Getreideernte ist zur Zitterpartie geworden, in einigen Regionen Baden-Württembergs sind die Landwirte daher noch mittendrin.“
Enttäuschung bei den Erträgen
Große Einbußen gab es bei der Weizenernte, mit einer rund 14 Prozent niedrigeren Ernte als im Vorjahr. Auch die Ernteerträge beim Raps erbrachten ein Minus von 12 Prozent. Bei der Sommergerste lag der Ertrag sieben Prozent unter Vorjahresniveau. Einziger Lichtblick war die Wintergerste mit einem Plus von 20 Prozent.
An den Agrarbörsen ziehen die Preise an
Auch in Europa und den USA wurden die Ernteerträge nach unten korrigiert. Die weltweite Ernteschätzung beim Raps liegt auf dem niedrigsten Stand seit 22 Jahren. „Die globale Getreideknappheit führt dazu, dass beispielsweise der Weizenpreis in den zurückliegenden Wochen von einem Kursniveau um 200 Euro/t an der französischen Terminbörse MATIF um 30 Prozent zulegen konnte“, sagt LBV-Präsident Rukwied.
„Die Rapskurse an der Pariser Börse sind seit Jahresbeginn von 375 Euro/Tonne um knapp 50 Prozent auf über 550 Euro/Tonne gestiegen.“ Die aktuell höheren Preise kämen nur zum Teil beim Landwirt an, weil Teilmengen bereits vorher vertraglich geregelt wurden. Preissteigerungen für die Konsumenten wegen der gestiegenen Rohstoffpreise, erwartet der Bauernpräsident dennoch nicht: „Beim Brötchen macht der Weizenpreis beispielsweise nur einen Cent aus“, zeigt Rukwied auf.
Schweinehalter stehen mit dem Rücken zu Wand
Ein Problem sieht Rukwied durch die Spätfolgen des Corona-Einbruchs: „Jetzt wird die Produktion wieder hochgefahren, es braucht dringend Rohstoffe und Vorprodukte. Als Resultat können wir eine explodierende Nachfrage sehen, die auf ein ausgesprochen knappes Angebot trifft.“
Der Kostendruck auf die Landwirte ist immens gestiegen: „Die hohen Produktionskosten fressen die gestiegenen Erlöse der Ackerbauern auf. Für die Tierhalter steigen zusätzlich die Futterkosten. Besonders dramatisch ist die Lage bei den schweinehaltenden Betrieben, da der Schlachtschweinepreis und die Ferkelpreise massiv eingebrochen sind“, sagt Rukwied. Die Lage für diese Bereich der Landwirtschaft sieht er als bedrohlich an: „Unsere Schweinehalter stehen mit dem Rücken zur Wand.“
Bilanz im ökologischen Anbau
Die Situation im ökologischen Getreidebau ähnelt dem des konventionellen Anbaus. Auch hier waren die Erwartungen an die Ernte groß. Tatsächlich fielen die Erträge bestenfalls durchschnittlich aus. Die Qualität beim Hafer kann, so Rukwied, überzeugen. Dagegen sei sie beim Weizen eher durchwachsen, zudem seien Pilzkrankheiten und Mutterkorn stellenweise problematisch. Große Probleme gibt es im Kartoffel- und Weinanbau aufgrund von Pilzkrankheiten.
Ein ökonomisch wichtiger Wirtschaftszweig
Der Landesbauernverband in Baden-Württemberg e. V. (LBV) vertritt rund 33.000 Landwirte aus Baden-Württemberg. 20 selbstständige Kreisbauernverbände nehmen auf regionaler Ebene die Interessen des bäuerlichen Berufsstandes wahr. Insgesamt ist jeder zehnte Arbeitnehmer in Baden-Württemberg direkt oder indirekt von der Landwirtschaft abhängig.