Weingarten (dpi) – Eine Gruppe der Klimaaktivisten aus dem Altdorfer Wald waren in der Nacht vom Freitag auf Samstag in Weingarten zum Containern unterwegs. Sie haben Lebensmittel aus Containern entwendet.
Die Aktivisten waren mit einem Auto unterwegs und fuhren mehrere Hinterhöfe von Supermärkten in und um Ravensburg ab. In den Müllcontainern, in denen sie gezielt auf der Suche nach noch genießbaren Lebensmitteln waren, entwendeten sie diese. Damit hatten sich die Aktivisten auf eine Aktion, die am Samstag in Ravensburg stattfinden soll, vorbereitet. Eine ähnliche fand bereits vor zwei Wochen statt (wir berichteten).
Polizei beschlagnahmt Lebensmittel
Ein Anrufer hatte die Polizei um 1:41 Uhr über verdächtige Personen auf dem Parkplatz und an den Containern einer Supermarktkette informiert. Kurz vor dem Eintreffen der Polizei fuhr die Aktivisten-Gruppe aber wieder weg. Wenig später wurden die Aktivisten an der Kreuzung Waldseer Straße und Niederbieger Straße angehalten und kontrolliert. Weil Containern in Deutschland immer noch unerlaubt ist, wurden die gestohlenen Lebensmittel beschlagnahmt.
Zwar handelt es sich bei der Aktion um einen Diebstahl, dies müssten nun aber die betroffenen Unternehmen entscheiden, ob sie Anzeige erstatten. „Wenn die Unternehmen keine Anzeige erstatten, dann können wir als Polizei auch nichts machen“ so ein Sprecher des Polizeipräsidiums Ravensburg.
Rassismusvorwurf gegen Polizei
Eine Aktivistin, die Fahrerin des Fahrzeugs war, hatte im Rahmen der polizeilichen Kontrolle einen Urintest abgegeben. Wie ein Sprecher der Polizei bestätigte, hatten die im Einsatz befindlichen Beamten den Verdacht, dass die Fahrerin unter Drogeneinfluss stehen könnte. „Die Aktivisten bekamen den Eindruck, dass der Drogentest mit dem nicht stereotypisch mitteleuropäischen Aussehen der Aktivistin zusammenhängt“ heißt es von Seiten der Aktivisten, ein klarer Rassismusvorwurf. Wie die Polizei dem WOCHENBLATT bestätigte, handelte es sich bei dem Drogentest um einen freiwilligen Urintest, der anschließend negativ ausfiel.
„Es ist ein Skandal, dass das Retten dieser Lebensmittel kriminalisiert wird. Das ist einfach lächerlich, das findet selbst die Polizei!“, sagt Charlie Kiehen (19) von den Klimaaktivisten. Trotz der Polizeikontrolle und der Beschlagnahmung der Lebensmittel setzte die Gruppe das Containern noch in derselben Nacht fort.
Das fordern die Aktivisten
„Solange unnötigerweise gute Lebensmittel weggeschmissen werden, werden wir sie weiter retten müssen“, kündigt Aktivist Samuel Bosch (19) an. Täglich würden in deutschen Supermärkten mehrere Tonnen Lebensmittel weggeworfen, die eigentlich noch genießbar seien. „Diese Überproduktion verursacht leicht vermeidbare und völlig unnötige CO2-Emissionen, die leicht zu vermeiden wären.“ so Bosch, der als Initiator der Baumbesetzung des Altdorfer Waldes gilt. Er fordert: Die Bundesregierung müsse dem Vorbild Frankreichs folgen und ein Gesetz gegen die Lebensmittelverschwendung durch Großkonzerne beschließen.
In Frankreich steht das Wegschmeißen von Lebensmitteln bei Supermärkten unter Strafe. Wer auffliegt, muss mit Strafen in Höhe von 3.750 Euro rechnen. Ein positiver Effekt der Neuregelung in Frankreich war ein Anstieg der Güter, die von Supermärkten an die Tafeln gegangen sind. Zwischen 2015 und 2017 stieg die Zahl von 39.000 Tonnen auf 46.200 Tonnen Lebensmittel an, ein Anstieg von rund 19 Prozent.