„Lehren, Inspirieren und Vernetzen“ 73. Lindauer Nobelpreisträgertagung offiziell eröffnet

73. Lindauer Nobelpreisträgertagung offiziell eröffnet
Bettina Gräfin Bernadotte af Wisborg eröffnete am Sonntagvormittag die 73. Lindauer Nobelpreisträgertagung in Lindau. (Bild: Torben Nuding/ Flickr)

Am Sonntagnachmittag hat Bettina Gräfin Bernadotte af Wisborg als Präsidentin des Kuratoriums die 73. Lindauer Nobelpreisträgertagung in Anwesenheit von 37 Nobelpreisträger und rund 650 Nachwuchswissenschaftler aus 90 Ländern sowie zahlreicher Ehrengästen und Medienvertretern in der Lindauer Inselhalle eröffnet.

Alle Festredner betonten und lobten den außergewöhnlichen „Spirit of Lindau“, den einzigartigen Geist, der die Lindauer Tagung umweht. Sechs Laureaten sind heuer zum ersten Mal in Lindau dabei, darunter auch die kürzlich für ihre Forschung zur Attosekundenphysik ausgezeichnete Anne L‘Huillier. Die jungen Wissenschaftler (42% weiblich, 57% männlich) stammen aus Ländern wie USA (59), China (56), Indien (63), Deutschland (122) und vielen anderen von Argentinien bis Vietnam.

Die Lindauer Nobelpreisträgertagungen finden jährlich statt, mit wechselnden disziplinären Schwerpunkten (Physik, Chemie, Medizin/Physiologie). Alle drei Jahre versammelt zusätzlich die Lindauer Tagung für Wirtschaftswissenschaften junge Ökonomen und Preisträger in Lindau.

Die 73. Lindauer Nobelpreisträgertagung widmet sich schwerpunktmäßig Themen der Physik. Junge Wissenschaftler, die aus diesem Bereich ausgewählt worden waren und an der digitalen Tagung teilgenommen hatten, wurden eingeladen, vom 30. Juni bis 5. Juli 2024 vor Ort dabei zu sein. Zusätzlich reisen die im Bewerbungsverfahren 2023-24 aus mehreren Tausend Interessenten ausgewählten Nachwuchswissenschaftler – sozusagen handverlesen -ebenfalls nach Lindau

Die Lindauer Nobelpreisträgertagungen finden jährlich statt, mit wechselnden disziplinären Schwerpunkten (Physik, Chemie, Medizin/Physiologie).
Die Lindauer Nobelpreisträgertagungen finden jährlich statt, mit wechselnden disziplinären Schwerpunkten (Physik, Chemie, Medizin/Physiologie). (Bild: Christian Flemming/Lindau Nobel Laureate Meetings)

Es geht unter anderem um die Möglichkeiten und Gefahren der Künstlichen Intelligenz aber auch um Quantenphysik. Auf den Lindauer Nobelpreisträgertagungen treffen talentierte Nachwuchswissenschaftler aus der ganzen Welt auf Nobelpreisträger mit all ihrer fachlichen Exzellenz und Lebenserfahrung. Zu aktuellen Themen und in unterschiedlichsten Formaten. Eine spannende Konstellation.

Die geballte Intelligenz der Welt zu Gast am Bodensee

In den darauffolgenden Tagen wird die Stadt am Bodensee die wohl höchste Dichte an Nobelpreisträgern aufweisen, die jenseits der eigentlichen Verleihungen in Schweden zu erreichen ist: 37 Preisträger haben für die diesjährige Tagung zugesagt. Die „geballte Intelligenz der Welt“ ist in dieser Woche sozusagen zu Gast am Bodensee.

Einzigartiges Forum zum wissenschaftlichen Erfahrungsaustausch

Die Tagung bietet Preisträger und jungen Forscher aus der ganzen Welt ein perfektes Forum, um sich über ihre Arbeit auszutauschen – eine auf der Welt einzigartige Plattform.

Verschiedene Menschen aus aller Welt tauschen sich bei der Nobelpreisträgertagung in Lindau aus.
Verschiedene Menschen aus aller Welt tauschen sich bei der Nobelpreisträgertagung in Lindau aus. (Bild: Torben Nuding/ Flickr

Lindauer Tagung soll Hoffnung auf eine besser Zukunft machen

Am frühen Nachmittag eröffnete Bettina Gräfin Bernadotte af Wisborg als Präsidentin des Kuratoriums die 73. Lindauer Nobelpreisträgertagung: „Neben der Frage, wie die Tagungen in Zukunft mit dem Klimawandel und der künstlichen Intelligenz umgehen, ist auch dieses Mal Diversität wichtig: „Wir sind fest davon überzeugt, dass größere Vielfalt uns hilft, unser Motto „Lehren, Inspirieren und Vernetzen“ effektiver zu erreichen. Darüber hinaus sehen wir um uns herum eine Welt voller Konflikte. Lassen Sie uns daher diese Lindauer Nobelpreisträgertagung zu einem Statement der Hoffnung und des Glaubens an eine bessere Zukunft machen. Diese Überzeugung basiert auf der Kraft des Austausches zwischen Kulturen und Generationen und auf den Ergebnissen dieser Erfahrung.“

Gräfin Bettina ließ es sich zum Schmunzeln der Zuhörerschaft nicht nehmen, während ihrer Rede ihren Hut abzunehmen („um die Gäste besser sehen zu können“).

Forschungspolitik zu Gast bei der Eröffnung

Bettina Stark-Watzinger, Bundesministerin für Bildung und Forschung (FDP), betonte in ihrem Grußwort in Lindau: „Unsere Welt scheint aus den Fugen zu geraten: Krisen, Konflikte, Katastrophen bestimmen das Geschehen auf diese Erde. Wesentlich ist die Freiheit. Auch für die Wissenschaft ist sie essentiell. Freiheit ist die Stärke, auf die wir setzen müssen. Gerade auch in so bewegten Zeiten wie diesen. Die Nobelpreisträger haben meine Hochachtung: für ihre wissenschaftlichen Errungenschaften, aber auch dafür, dass sie hier sind, ihr Wissen teilen, den Nachwuchs fördern und damit den Samen für neue Höchstleistungen säen. Verschiedene Generationen an Forschern am Bodensee versammelt – neugierig, offen, motiviert. Dafür steht die Lindauer Nobelpreisträgertagung.“

Bettina Stark-Watzinger hielt eine kleine Rede bei der Nobelpreisträgertagung in Lindau.
Bettina Stark-Watzinger hielt eine kleine Rede bei der Nobelpreisträgertagung in Lindau. (Bildquelle:Lindau Nobel Laureate Meetings/ Flickr)

 „Markus Blume: „Lindau ist in diesen Tagen Bayerns Stockholm

Markus Blume, Vorsitzender der Gemeinsamen Wissenschaftskonferenz und Bayerischer Wissenschaftsminister, anlässlich der 73. Tagungseröffnung in Lindau am bayerischen Bodensee: „Lindau ist in diesen Tagen Bayerns Stockholm. Das Treffen der Nobelpreisträger hier im Dreiländereck ist historisch und traditionsreich sowie eine außergewöhnliche Gelegenheit für junge Wissenschaftler, ihre Ideen mit herausragenden Wissenschaftlern zu diskutieren. Wir leben in einer Zeit, in der die Freiheit von Wissenschaft und Forschung vor Herausforderungen steht und unsere liberalen und globalen Standards sowie das Vertrauen in Wissenschaft und Demokratie zunehmende unter Druck geraten.“

Und weiter: „Es ist der Enthusiasmus junger Wissenschaftler, der andere inspiriert und motiviert, ihre Interessen zu erkunden. Lindau ist in hervorragender Ort, um einer solch außergewöhnlichen internationalen Gemeinschaft eine Plattform zu bieten.“

Der bayrische Wissenschaftsminister Markus Blume (sechster von Rechts) bei der Nobelpreisträgertagung in Lindau.
Der bayrische Wissenschaftsminister Markus Blume (sechster von Rechts) bei der Nobelpreisträgertagung in Lindau. (Bild: Torben Nuding / Flickr)

Martin Polaschek: „Treffen in Lindau sind einzigartig“

Martin Polaschek, österreichischer Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung,überbrachte die Grüße der Österreichischen Bundesregierung: „Diese jährliche Treffen sind einfach einzigartig und bieten jungen Wissenschaftlern die Gelegenheit, ihre Ideen mit ihren Idolen zu diskutieren. Es ist der Enthusiasmus junger Wissenschaftler, der andere inspiriert und motiviert, ihre Interessen zu erkunden.“

Friedensnobelpreisträger Albert Schweitzer vor 70 Jahren in Lindau

In einem extra produzierten Film wurde das Leben und Wirken des ersten Friedensnobelpreisträgers bei einer Lindauer Tagung, Albert Schweitzer nachgezeichnet und gewürdigt. Dieser erste Besuch in Lindau fand übrigens auf den Tag genau vor 70 Jahren statt.

Zwei Nobelpreisträger prägten die Eröffnungszeremonie in besonderem Maße: Donna Strickland sprach ein Grußwort im Namen der Preisträger. Steven Chu gab einen Überblick über die aktuellen Schlüsselthemen der Physik, bevor die wissenschaftlichen Leiter der Tagung, Rainer Blatt und Heiner Linke, das aktuelle  Programm vorstellten.

Wissenschaftliches Programm bis kommenden Freitag

Mit Künstlicher Intelligenz, auch in der Medizin und Auswirkungen des Klimawandels auf die Gesundheit werden aktuelle Fragestellungen aufgegriffen. Gemäß ihrem Selbstverständnis adressiert die Tagung erneut Themen aus dem Bereich „Wissenschaft in der Gesellschaft“, dieses Jahr mit besonderem Augenmerk auf Diversität in der Forschung.

Die Eröffnung wurde mit allerfeinsten musikalischen Darbietungen durch ein gemischtes Qintett der Wiener Philharmoniker stimmungsvoll begleitet.

Musikalisches Qintett der Wiener Pilharmoniker bei der Nobelpreisträgertagung in Lindau.
Musikalisches Qintett der Wiener Pilharmoniker bei der Nobelpreisträgertagung in Lindau. (Bild: Torben Nuding/ Flickr)

Inspirierende Vorträge und Podiumsdiskussionen

Die Vorträge, die während der Lindauer Tagungen gehalten werden, sind nicht nur äußerst inspirierend und motivierend, sondern zeichnen sich auch durch eine anschauliche Darstellung der Inhalte aus. Nobelpreisträger stellen aktuelle Forschungsergebnisse vor, erläutern ihre eigenen historischen Forschungen oder schärfen das Bewusstsein für grundlegende Themen und Fragestellungen.

Im Rahmen der sogenannten „Agora Talks“ werden ausgewählte Themen von einem oder mehreren Nobelpreisträger und einem Moderator diskutiert. Die Zuhörerschaft kann in offener und ungezwungener Atmosphäre Fragen stellen. Das Format eignet sich insbesondere für kontroverse und aktuelle Themen.

Die Preisträger können sich untereinander bei so genannten "Agora Talks" austauschen.
Die Preisträger können sich untereinander bei so genannten „Agora Talks“ austauschen. (Bild: Julia Nimke/Lindau Nobel Laureate Meetings)

Erfahrungs- und Wissensaustausch in kleinen Gruppen

Bei den Lindauer Tagungen erhält jeder Nobelpreisträger die Möglichkeit zum Austausch mit den Nachwuchswissenschaftler in kleineren Gruppen. Dieses Angebot richtet sich exklusiv an Nachwuchswissenschaftler. Die informelle und offene Atmosphäre der Open Exchanges ermöglicht persönliche Fragen, kontroverse Diskussionen, aber auch vertiefende Analysen.

Hochkarätig besetzte Podiumsdiskussionen, die aktuelle und relevante Themen zum Inhalt haben, sind ein wesentlicher Bestanteil der Lindauer Tagungen. Durch die aktive Teilnahme der Nobelpreisträger an diesen Diskussionen werden fundierte Ein- und Ausblicke in den Stand der Forschung in den verschiedensten Bereichen vermittelt.

Einzigartiger wissenschaftlicher Dialog seit 1951

Seit 1951 bieten die Lindauer Nobelpreisträgertagungen ein einzigartiges internationales Forum, das den wissenschaftlichen Dialog zwischen den Generationen und Kulturen fördert.

Zwei Lindauer Ärzte hatten die Idee, Wissenschaftler und Nobelpreisträger aus ganz Europa zusammenzubringen. Sie zielten darauf ab, die wissenschaftliche Isolation Deutschlands zu beenden. Franz Karl Hein und Gustav Wilhelm Parade wandten sich mit der Bitte um Unterstützung an Graf Lennart Bernadotte auf der Insel Mainau, Mitglied des schwedischen Königshauses, der von ihrer Idee begeistert war und wertvolle Kontakte beitrug. Sein Großvater hatte 1901 die ersten Nobelpreise an die Preisträger überreicht. Ziel der Tagung war, Wissenschaftler wieder zusammenzubringen und den Dialog neu zu beginnen.

37 Nobelpreisträger und rund 650 Nachwuchswissenschaftler aus 90 Ländern nehmen an der Nobelpreisträgertagung in Lindau teil.
37 Nobelpreisträger und rund 650 Nachwuchswissenschaftler aus 90 Ländern nehmen an der Nobelpreisträgertagung in Lindau teil. (Bild: Julia Nimke/Lindau Nobel Laureate Meetings)

Der Traum lebt weiter

Im Zeitalter globaler Herausforderungen lebt die Mission der Lindauer Nobelpreisträgertagungen weiter. „Educate. Inspire. Connect“ – das Motto der Tagungen – ist wichtiger und relevanter denn je. Vor mehr als 70 Jahren hatten die Gründer einen Traum und dieser Traum lebt in den Wissenschaftler und Nobelpreisträger der Zukunft weiter. Der „Spirit of Lindau“ lebt weiter.

Weitere Infos sowie das komplette Programm unter www.lindau-nobel.org

Info:

Der Nobelpreis ist eine internationale Auszeichnung, dessen jährliche Vergabe von der Nobel-Stiftung in Stockholm verwaltet wird. Der schwedische Wissenschaftler, Erfinder, Unternehmer, Autor und Pazifist Alfred Nobel hatte in seinem Testament verfügt, dass ein Großteil seines Vermögens für die Vergabe eines Preises verwendet werden sollte. Alle Preisträger erhalten eine Medaille, eine Urkunde und einen Geldbetrag.

Seit 1901 wird der Nobelpreis jährlich Persönlichkeiten verliehen, die mit bahnbrechenden Entdeckungen, Erfindungen oder Verbesserungen auf dem Gebiet der Physik, Chemie, Physiologie oder Medizin, mit herausragenden literarischen Werke oder mit friedensstiftendem Engagement „den größten Nutzen für die Menschheit geleistet haben” (Zitat aus dem Testament von Alfred Nobel). 1968 wurde von der Schwedischen Reichsbank der Alfred-Nobel-Gedächtnispreis für Wirtschaftswissenschaften gestiftet, der oft auch als Nobelpreis für Wirtschaftswissenschaften bezeichnet wird.