650 junge Wissenschaftler erleben ihre „Idole“ bei der 73. Lindauer Nobelpreisträgertagung

650 junge Wissenschaftler erleben ihre „Idole“ bei der 73. Lindauer Nobelpreisträgertagung
Die Nobelpreisträgertagung in Lindau bietet dazu eine einmalige Gelegenheit. Die Atmosphäre ist locker und ungezwungen. Es gibt viel Raum für persönliche Begegnungen. (Bild: Julia Nimke/Lindau Nobel Laureate Meetings)

Die heiß begehrten Einladungen sind verschickt. Rund 650 Nachwuchswissenschaftler aus über 90 Ländern haben auf diesen Moment sehnsüchtig gewartet: Sie dürfen sich bei der 73. Lindauer Nobelpreisträgertagung vom 30. Juni bis zum 5. Juli mit ihresgleichen aber auch mit rund 30 Laureaten aus aller Welt zu Grundlagen und Zukunft der Physik austauschen.

Die Nobelpreisträgertagung in Lindau bietet dazu eine einmalige Gelegenheit. Die Atmosphäre ist locker und ungezwungen. Es gibt viel Raum für persönliche Begegnungen. Natürlich auch mit ihren Idolen, die es geschafft haben, den heiß begehrten Nobelpreis zu erhalten.

Die Tagung 2024 ist der Physik gewidmet

Es geht heuer um Physik, besonders aber die Quantenphysik, um Lösungen der Energiekriese, aber auch – und das dürfte besonders spannend werden – um das schier unerschöpflich scheinende Potential und die Auswirkungen der Künstlichen Intelligenz. Ein höchst aktuelles, brisantes Thema, das inzwischen breiten Schichten unserer Gesellschaft Kopfzerbrechen bereitet, aber auch polarisiert.

Nach Lindau zur Nobelpreisträgertagung kommt man als Wissenschaftler/in nicht so einfach. Davor geschaltet ist ein mehrstufiges Auswahlverfahren in enger Zusammenarbeit mit diesmal rund 150 wissenschaftlichen Partnern auf der ganzen Welt.

Teilnehmer aus 93 Ländern

Die überwiegende Mehrheit kommt von renommierten Instituten und Forschungseinrichtungen aus 93 Ländern wie u.a. USA, China, Indien sowie aus Ländern Afrikas und Südamerikas, aber natürlich auch aus ganz Europa.

Sie alle bringen ihre ganz eigenen, spezifischen und globalen Perspektiven mit an den Bodensee. Eine Teilnahme an der Tagung ist nur ein einziges Mal möglich.

„Ein Lichtblick von unmessbarem Wert“

Die Präsidentin des Kuratoriums für die Nobelpreisträgertagungen in Lindau, Bettina Gräfin Bernadotte af Wisborg, unterstreicht die Bedeutung der Tagungen: „Gerade in der aktuellen Situation mit Krisen und Kriegen weltweit ist der Austausch von Wissenschaftler aus den verschiedensten Ländern, Kulturen und Generationen ein Lichtblick von unmessbarem Wert.“

Wer glaubt, Physik sei eine reine Männerdomäne, der täuscht sich. Der Anteil an Frauen beträgt heuer gut 40 %. Die meisten Teilnehmer haben die 30 noch nicht überschritten und stehen meist erst am Anfang ihrer Karriere.

Mehr als 30 Laureaten kommen nach Lindau

Mehr als 30 Laureaten haben ihr Kommen zugesagt. Unter ihnen befinden sich auch die frisch gebackenen Nobelpreisträger Anne L’Huillier und Ferenc Krausz.

Anne L‘Huillier, Jahrgang 1958, ist eine schwedisch-französische Physikerin und Professorin für Atomphysik. Sie arbeitet und forscht an der schwedischen Universität Lund. 1992 nahm sie an einem Experiment in Lund teil, wo damals einer der ersten Titan: Saphir-Laser für Femtosekundenpulse in Europa installiert war. 1994 zog sie ganz nach Schweden, wurde 1995 Dozentin und 1997 Professorin in Lund. Sie leitet dort die Gruppe für Attosekunden-Physik.

Ferenc Krausz, Jahrgang 1962, ist ein ungarisch-österreichischer Physiker und Hochschullehrer. Mit seinem Forschungsteam gelang es ihm als Erstem, einen Lichtpuls von weniger als einer Femtosekunde Dauer sowohl zu erzeugen als auch zu messen. Die Arbeitsgruppe verwendet diese Attosekunden-Lichtpulse, um die Bewegung atomarer Elektronen abzubilden. Diese Leistung markiert den Beginn der Attosekundenphysik. 2023 erhielt er gemeinsam mit Pierre Agostini und Anne L’Huillier den Nobelpreis für Physik.

Nobelpreisträgertagungen in Lindau seit 1951

Seit 1951 findet in Lindau die Nobelpreisträgertagung statt. Die Lindauer Ärzte Franz Karl Hein und Gustav Wilhelm Parade hatten die Idee zu einer Konferenz mit Nobelpreisträgern und Nachwuchswissenschaftlern aus aller Welt, auch um Deutschland aus der Isolation nach dem Zweiten Weltkrieg wieder herauszuholen.

In Lennart Graf Bernadotte af Wisborg, dem „Inselherren“ der Mainau, fanden sie einen genialen Partner, der ihnen mit Wissen, Erfahrung, seinen exzellenten Beziehungen zum schwedischen Königshaus aber auch seinem Charisma entscheidend half, die Idee in die Tat umzusetzen.

„Spirit of Lindau“ während der gesamten Tagung spürbar

Diese Tagung bietet seither in einer auf der ganzen Welt einzigartigen Art und Weise die Gelegenheit, sich zwischen Generationen weltweit wissenschaftlich auszutauschen. Diese Möglichkeit, sich frei zu äußern und Ideen und Vorstellungen in ungezwungener Atmosphäre vorzutragen und zu diskutieren macht das aus, was Generationen von Wissenschaftler und Laureaten den „Spirit of Lindau“ nennen. Dieser „Geist von Lindau“ ist während der gesamten Tagung spürbar und präsent.

Unterschiedliche Erfahrungen, Fragen und Perspektiven befruchten seit Beginn diese Tagungen. Die Nachwuchswissenschaftler kommen an den Bodensee, um an zukunftsfähigen Ideen zu arbeiten und die Physik als Impulsgeber für eine nachhaltigere, vielleicht auch bessere Welt zu präsentieren.

Teilnehmer sind begeistert, hoch motiviert und inspiriert

Seit 1951 sind rund 35.000 Studierende, Doktoranden und Nachwuchswissenschaftler nach der Tagung wieder in ihre Heimatländer zurückgekehrt, stets begeistert, hoch motiviert und inspiriert von vielen neuen Erkenntnissen und Eindrücken.

Vom 30. Juni bis zum 5. Juli gibt es für die Teilnehmer in unterschiedlichen Formaten und Veranstaltungen reichlich Gelegenheit, sich inspirieren zu lassen, um dann später als sogenannte „Lindau Alumnis“ weltweit miteinander vernetzt, den wissenschaftlichen Dialog fortzuführen.

Und manchmal gelingt es dem einen oder anderen unter ihnen, selber als Nobelpreisträger an den Bodensee zurückzukehren.  

Weitere Infos unter www.lindau-nobel.org.