Mir kann sowas nicht passieren, denken viele. Doch es passiert täglich immer wieder aufs Neue: Schockanrufe in allen Varianten. Eine 53-Jährige aus Konstanz bekam einen dieser Anrufe und möchte mit ihrem Post auf Facebook andere sensibilisieren und warnen.
Das Telefon klingelt, eine weinerliche Stimme versucht undeutlich zu erklären, dass das Kind oder Enkelkind jemanden angefahren und schwer verletzt hat. Nur mit einer hohen Kaution kann eine Inhaftierung in letzter Minute verhindert werden. Ein Stachel wurde gesetzt und das Kopfkino läuft.
Leere Konten und viel Scham
Die Polizeimeldungen zu den Schockanrufen häufen sich und trotz vieler Warnungen fallen immer wieder Menschen darauf rein. Sie verlieren oft nicht nur viel Geld, sondern leiden unter der Scham und den Beschimpfungen aus dem nahen Umfeld.
Optikfachverkäuferin Daniela Richter (53) aus Konstanz erhielt auch einen dieser Anrufe und ihr blieb im ersten Moment fast das Herz stehen. Dieses Gefühl wünscht sie niemanden. Eine schluchzende Frau war am anderen Ende, nannte undeutlich ihren Namen und redete schlecht verständlich von einem Unfall. „Ich verstand nur die Worte Verkehrsunfall, Tochter und schwere Verletzungen. Sofort kroch kalte Angst in mir hoch, da ich zwei Töchter (21 und 24) habe“. Richter bat die Unbekannte mehrmals, doch bitte endlich deutlich zu sprechen, da sie die Worte und den kompletten Zusammenhang sehr schlecht verstehe.
Kompetenter „falscher Polizeibeamter“
„Nach einer gefühlt langen Zeit gab die Unbekannte den Telefonhörer an einen Polizeibeamten weiter. Dieser meldete sich autoritär wirkend gleich mit seinem Namen, sprach deutlich und fragte mich, ob ich eine Tochter hätte, die ein Auto besitzt“. Die 53-Jährige bejahte die Frage und bohrte weiter, was eigentlich genau passiert wäre. Man erklärte ihr, dass die Tochter einen Unfall gehabt hätte und wie denn der Name der Tochter wäre. „Irgendwas an dem Gesprächsverlauf fing an, mich stutzig zu machen und die Angst flachte ab, da sich mein Bauchgefühl meldete und signalisiert – hier stimmt was nicht“. Richter wollte weiterhin wissen, von woher denn der Anruf kommt. Die Antwort kam schnell: Aus Konstanz.
Gespräch zog sich irgendwie hin
„In dem Moment wicht der letzte Rest Angst, denn eine meiner zwei Töchter stand während des Telefonats in meiner Nähe und mit der anderen hatte ich kurz zuvor telefoniert und wusste, wo sie sich befand“.
Die Angelegenheit war nun schnell erledigt, weil die Mutter dem angeblichen Polizisten selbstsicher sagte, dass es sich um einen Irrtum handeln muss. „Jetzt wurde sofort aufgelegt und mir war klar, dass dies ein Schockanruf war. Ich rief sofort die Polizei an und gab den Vorfall zu Protokoll. Natürlich handelte es sich um eine anonyme Nummer“.
Was machte Sie bei dem angeblichen Polizisten stutzig?
Er stellte immer wieder dieselbe Frage und ging auf Fragen meinerseits nicht ein.
Wenn eine Tochter unbekannt unterwegs gewesen wäre, hätte die Situation anders aussehen können, oder?
Dann hätte ich mich sicherlich nicht so schnell beruhigt und wer weiß, wie es dann ausgegangen wäre.
Wie hat die Polizei reagiert?
Die Beamten reagierten nett. Sie erklärten mir, dass sich die Anrufe nicht zurückverfolgen lassen. Mein Anruf wurde protokolliert, mehr kann leider nicht gemacht werden.
Daniela Richter hat sich auf Facebook ihren Ärger von der Seele geredet und möchte andere Leute warnen. Die Resonanz auf ihren Post ist interessant und jeder Einzelne hat bereits eigene Erfahrungen gemacht.
- Man sollte einfach mitspielen und die Polizei informieren, damit die Täter bei der Übergabe gefasst werden können.
- Es gibt nur eins: Aufpassen!
- Uns ging es genauso, da war es aber nicht die Tochter, sondern der Sohn. Mein Mann war am Telefon und sagte vor Schreck gleich den Namen unseres Sohnes. Daraufhin kam sofort eine Polizistin ans Telefon. Ich stellte auf Lautsprecher, verfolgte das Telefonat und rief dazwischen, dass die Polizei sicher nicht mit unterdrückter Nummer anrufen würde. Das brachte die „falsche Polizistin“ so in Rage, dass sie unverschämt meinte: Wenn wir unserem Sohn nicht helfen wollen und der Konstanzer Polizei nicht vertrauen würden, dann wird unser Sohn sofort abgeführt. Als ich dann noch das Kennzeichen seines Autos wissen wollte, sagte die „Dame“ in perfektem Hochdeutsch: Die sei LMAA. Die heulende männliche Stimme im Hintergrund scheint eine Dauerschleife zu sein.
- Ich habe schon viele solcher Anrufe bekommen. Mein Gegenmittel: Bei unterdrückten und unbekannten Nummern melde ich mit immer mit „Hallo, ist jemand Seriöses am Telefon oder ein Typ, der mich abzocken will?“ Manchmal wird gleich aufgelegt und manchmal meldet sich der Anrufer wieder und stellt klar, wer er ist. Seriöse Menschen haben dafür Verständnis.
In Nersingen, Landkreis Neu-Ulm, ist letzte Woche eine 82-jährige Rentnerin Opfer eines Callcenter-Betruges geworden. Die Seniorin wurde um rund 100.000 gebracht. Die Masche: Die Tochter hätte im Urlaub einen schlimmen Verkehrsunfall gehabt…. Der Rest ist die übliche Masche.
Tipps der Polizei
- Angerufene sollten stets misstrauisch sein, wenn ein Unbekannter am Telefon einen beunruhigenden oder dramatischen Sachverhalt – wie etwa dem Unfall eines Angehörigen – schildert und Geld und Verschwiegenheit fordert.
- Erfragen Sie eine Rückrufnummer und nehmen selber umgehend Kontakt mit den Angehörigen auf.
- Im Zweifelsfall immer die Polizei informieren und eine Anzeige erstatten.
Weitere Infos gibt’s unter www.polizei-beratung.de