Es ist nach vollziehbar, wenn nach 25 Jahren ein Gesetz modernisiert wird. So wurde vor kurzem auch das Postgesetz reformiert, um es zukunftsfest für das Unternehmen und die Verbraucher zu machen.
Die Abgeordneten der Region betonen, dass damit eine „hochwertige“ Postdienstleistung zu erschwinglichen Preisen sichergestellt werde. Wie „erschwinglich“ diese Preise sind, empfindet jedermann nach seinen Einkommensmöglichkeiten anders. Ein Express-Brief, der die Zustellung am nächsten Tage garantieren soll, fällt aber sicher nicht unter die Kategorie „erschwinglich“. Für Bundestagsabgeordnete, die zum Juli eine Erhöhung ihrer Diäten auf mtl. 11.227,20 Euro verbuchen konnten, mag das so aussehen, für Normalverdiener ist diese Form der Zustellung wohl nur im absoluten Ausnahmefall eine Option.
Neben der Express-Variante gibt es die kostengünstigere Möglichkeit, mit Prio-Briefen den zu befördernden Nachrichten schnellere Beine zu machen. Doch auch hier langt die Post mit einem Aufschlag zu, ohne zu garantieren, dass der Adressat die Sendung am nächsten Tage in seinem Briefkasten findet. Dies ist nicht nur fragwürdig, sondern gar dreist.
Wie die Bundesregierung zur Reform selbst mitteilte, soll die Post auch zukünftig an sechs Tagen die Woche, sichergestellt werden und angesichts rückläufiger Briefsendungen, der Preis „erschwinglich“ gehalten werden. In Kauf genommen wird, dass die Brieflaufzeit „angemessen verlängert“ wird, um die Zuverlässigkeit der Zustellung zu erhöhen. Genau dabei hakt es derzeit. Noch nie gab es so viele Beschwerden über die Post, wie im ersten Halbjahr 2024. Von den über 20.000 Beschwerden betrafen 88 Prozent die Post, 12 Prozent deren Mitbewerber.
Es wundert wenig, dass für die Reform zu einem Kniff gegriffen wurde. 85 Prozent der Briefe müssen jetzt am dritten Tage nach dem Einwurf beim Adressaten ankommen. Bisher galt, dass 80 Prozent der Briefe am nächsten Tage zugestellt werden müssen. Für die Verbraucher bedeutet dies, entweder mehr Geduld aufbringen oder ganz tief in die eigenen Taschen zu greifen, damit in unserer schnelllebigen Zeit die Postsendung nicht zur Schneckenpost mutiert. Wenig Verbraucherfreundlich sind die Aussichten: Zum 12. Juli wurden die Paketpreise bereits geändert, DHL-Pakete zwischen 10 und 20 kg kosten jetzt 18,99 Euro (1 Euro günstiger), DHL-Pakete zwischen 20 und 31,5 kg kosten jetzt 23,99 Euro (4 Euro teurer) und im kommenden Jahr müssen die Verbraucher wohl mit einer Erhöhung der Portogebühren rechnen.
Auch die Gewerkschaft Verdi ist mit der Reform unzufrieden. Sie befürchtet, dass die Reform auf dem Rücken der Beschäftigten ausgetragen wird. So wurde bei der Reform u.a. die Forderung der Gewerkschaft, eine Grenze für die Ein-Personen-Zustellung von Paketen bis maximal 20 kg nicht erfüllt. Verdi beklagt zudem, dass die öffentliche Daseinsvorsorge mit immer weniger Leistung weiter geschrumpft wird. Die Gewerkschaft fordert im Gegenteil den
„Erhalt des Umfangs des Universaldienstes zur Sicherstellung einer flächendeckenden Versorgung der Bevölkerung und Wirtschaft mit Briefen und Paketen“. Nach der Reform ist vor der Reform, möchte man den Alt-Parteien im Bundestag zurufen. Es würde die Politiker adeln, wenn sie ihre Wähler und deren Bedürfnisse wieder so in den Fokus nehmen würden wie ihre eigene Alimentierung. Diese Reform hat nur die Menschen, sondern auch die Mitarbeiter der Post vergessen und hilft wieder nur die politischen Ränder zu stärken.
Redaktioneller Hinweis Kommentare geben grundsätzlich die Meinung des jeweiligen Autors oder der jeweiligen Autorin wieder und nicht die der Redaktion. |