Die benachbarte Donaustadt Ehingen liefert überraschende Schlagzeilen. Im Industriegebiet Berg werden weitere 77 ha Fläche erschlossen. Beim Spatenstich wies OB Alexander Baumann darauf hin, dass dies ein klares Signal für die Zukunft der Stadt und der Region sei. Er hob auch die Bedeutung dieser Maßnahme hervor für die Bevölkerung hervor, weil es klar zeige, dass selbst in den jetzigen Zeiten möglich sei in Deutschland zu investieren. Besonders erfreut zeigte sich der OB, dass es trotz vieler Vorschriften und mehr als einem Dutzend Gutachten möglich war, die Erschließung in drei Jahren bewilligungsreif zum Abschluss zu bringen.
Anders ticken da die Uhren wenige Kilometer flussaufwärts. Im Donaustädtchen Riedlingen ist seit Jahrzehnten von solchen Würfen bei der Gewerbeförderung und Ansiedlung wenig festzustellen. Das Wochenblatt fragte deshalb bei den Fraktionsführern im Gemeinderat nach, wie sich aus deren Sicht die Gewerbeförderung darstellt.
Scheible: „Stelle der Wirtschaftsförderung vorläufig streichen.“
Für die CDU verwies Matthias Scheible (Fraktionssprecher) auf seine Ausführungen bei der Haushaltsrede. Dort hatte er festgestellt, dass es im Bereich des kommunalen Gewerbegebietes und beim Leerstandmanagement deutliche Entwicklungspotentiale gibt: „Hier können wir die Stellschrauben so stellen, dass konsequent für den Erhalt und die Neuansiedlung von Unternehmen in unserer Stadt geworben und gearbeitet wird. Es darf nicht dazu kommen, dass Unternehmen, und damit Gewerbesteuerzahler, die Stadt verlassen, weil nicht alle Möglichkeiten ausschöpfen, den Erfordernissen dieser Unternehmen gerecht zu werden.“
Scheible wies zudem darauf hin, dass jeder Wegzug eines Unternehmens und damit eines Gewerbesteuerzahlers sich nicht nur in den Haushaltsberatungen bemerkbar machen: „Noch schmerzhafter spüren dies letztlich die Bürger aufgrund weniger zu ermöglichender Angebote der Stadt. Es gilt die Bedürfnisse der Gegenwart so zu befriedigen, dass die Möglichkeiten zukünftiger Generationen nicht eingeschränkt werden.“
Scheible sieht eine regelmäßige Standortanalyse mit Potenzialanalyse unter Berücksichtigung der strukturellen Gegebenheiten Riedlingens als sehr wichtig an. Die Stadt müsse ein gezieltes Standortmarketing und Flächenmanagement verfolgen. Dabei stelle sich die Frage, welche Branchen und welche Art von Unternehmen können und wollen sich nachhaltig ansiedeln. „Wir sind überzeugt, dass ‚Riedlinger Konzepte‘ nicht nur einen städtischen, sondern auch einen regionalen Mehrwert bieten müssen,“ so Scheible. Nach seinen Worten muss der Erweiterungsbedarf lokaler Unternehmen berücksichtigt werden: „Man wird schließlich keine reiche Kommune, man bleibt kein erfolgreiches Mittelzentrum, wenn man Firmen dazu zwingt, in andere Regionen abzuwandern! Es ist Zeit, dass sich was dreht.“ Dazu stellte die Fraktion auch einen Antrag im Gemeinderat. Demnach solle die im Personalplan enthaltene 1,00 Stelle „Stabstelle: Stadtmarketing“ in dieser Form aus dem Stellenplan gestrichen, oder ggf. mit einem Sperrvermerk versehen werden, bis geklärt werden kann, ob die Stelle in Richtung einer/eines kommunalen Flächenmanagerinnen und -managers konzeptionell entwickelt werden kann und hierfür ein möglicher Förderantrag beim Land („Flächen gewinnen durch Innenentwicklung“)
Hinterfragt werden von der CDU-Fraktion auch die Aktivitäten beim Interkommunalen Gewerbe- und Industriepark Donau-Bussen (IGI DoBu): „Wo stehen wir? Wie sieht das Jahr 2025 aus? Im Haushaltsplan 2023 wurden 40.000 € eingeplant. Tatsächlich verwendet – 6 – wurden nur 5.500 €. Ebenso in den Jahren 2024 und 2025 ff. sind lediglich Mittel in Höhe von 5.500 € veranschlagt. Was hat dies zu bedeuten und welche Entwicklungsperspektive zeichnet sich hier ab? Hierzu fordern wir einen Sachstandsbericht in einer der nächsten Gemeinderatssitzungen, so Scheible in der Haushaltsrede.
Widmann (SPD): „Rückkauf von Flächen für Neustart.“
Hannes Widmann ist ein Freund der offenen Worte: „Wir haben mit dem Mancherloch ein Gewerbegebiet, das aktuell schwach belegt ist. Nach meinen eigenen Berechnungen sind aktuell ca. 35 Prozent der Fläche ungenutzt bzw. leerstehend. Tendenz steigend, da das Autohaus Munding vermutlich ebenso erstmal zum Leerstand wird.“ Der Fraktionsführer listet mehrere Punkte auf, um der Gewerbeförderung mehr Schwung zu verleihen:
- Wir von der SPD möchten darauf hinwirken, dass die Stadt brachliegende Flächen zurückkauft, um einen Neustart zu machen, z.B. wären Leerstand Paul zusammen mit Leerstand Munding eine ordentliche Fläche.
- Vor diesem Hintergrund sehe ich ein großes neues Industriegebiet als nicht dringlich, weil wir genügend Brache haben, die erstmal genutzt werden muss.
- Wir werden mit Sicherheit keine Fa. Liebherr nach Riedlingen bringen. Diese Zeiten sind vorbei. Dazu hätte es in den 60er Jahren die Gelegenheit gegeben, aber der damalige Gemeinderat wollte nicht.
- Der Schlüssel liegt darin, gesunde Mittelständler zur Ansiedlung in Riedlingen zu bringen und als Verwaltung ein entsprechendes investitionsfreundliches Umfeld zu schaffen.
- Die Schaffung eines solchen Umfeldes ist meiner Einschätzung nach allen Fraktionen ein Anliegen und sie können davon ausgehen, dass wir alle darauf hinwirken.
- Neben der klassischen verarbeitenden Industrie ist es m.E. wichtiger, dass wir Betriebe im Bereich der digitalen Services sowie der erneuerbaren Energien anlocken. Das sind Zukunftsbranchen, die aber auch darauf schauen, ob ein Standort überhaupt digitalfähig ist und ob z.B. Verwaltungsdienstleistungen zur Ansiedlung komplett durchdigitalisiert sind. Da haben wir aktuell noch eine Baustelle, weil wir da ziemlich im Verzug sind. Wenn ich als Investor PDF-Formulare zugeschickt bekomme, dann ist das schon ein klares Zeichen, dass ich an einem solchen Standort lieber nicht investiere.
Reis (BüL): „Sind wir attraktiv genug?“
Für die Bürgerliste (BüL) äußerte sich Joachim Reis. In seinen Ausführungen warf der Fraktionsführer zunächst einen Blick zurück: „Derzeit finden Entwicklungen im Mancherloch statt, die noch nicht zu kommentieren sind. Für dieses Gebiet ist es der Bürgerliste nach zähem Ringen mit den anderen Fraktionen der vorherigen Ratsperiode gelungen, einer Änderung des dort bestehenden Bebauungsplanes mehrheitlich im Gemeinderat abzulehnen. Ohne näher darauf einzugehen sind wir sicher, damit zum Erhalt eines attraktiven Baumarktes, die richtigen Weichen gestellt zu haben.“ Mittelfristig sieht Reis die Flächenreserven in Riedlingen für Gewerbeansiedlung als zu gering an: „Um im IGIDoBu (Interkommunales Gewerbegebiet Donau-Bussen) voranzukommen, sind Grundstücksverhandlungen anzugehen, die Ostumfahrung B 311 zu klären.“
Riedlingen kann, so Reis, im Wettbewerb bei Gewerbeansiedlungen nicht davon ausgehen mit dem Entwicklungspotential ansässiger Betriebe dauerhaft ausreichend und optimalerweise steigende Gewerbesteuerressourcen zu generieren. Der Fraktionssprecher der BüL stellt auch die Frage nach der Wettbewerbsfähigkeit der Stadt: „Darüber hinaus sind für externe Gewerbeansiedlungswillige ohne bisherigen Bezug zu Riedlingen unsere Verhältnisse auf den Feldern Verkehrsinfrastruktur, Fachkräfteangebot, Wohnmöglichkeiten, digitaler Austausch zwischen Betrieb und Verwaltung attraktiv genug, um gegen Mitwettbewerber zu bestehen?“
Für die BüL greift deren Sprecher das seit Jahrzehnten konträr diskutierte Verkehrsthema wieder auf: „Zukunftsgerichtete, und wären sie umgesetzt, schon längst bezahlte Maßnahmen zur überregional verbesserten Verkehrsanbindung wurden aus den eigenen Reihen torpediert. Schutzgebiete mit unterschiedlichem Eingriffserlaubnisstatus (Landschafts-Schutzgebiete, Naturschutz-Gebiete, FFH etc.) umzingeln Riedlingen, Riedlingen typisch von besonderen Akteuren nicht immer aber immer wieder mit besonderer Akribie leider zu Lasten wirtschaftlicher Interessen der Stadt mit verursacht.“
Die BüL strebt, so Reis, mit den anderen Fraktionen an, schrittweise unter Einbezug der haushalterischen Möglichkeiten der Stadt, auf entscheidungsrelevanten Feldern wie bspw. Verkehrsinfrastruktur, Fortschritte zu erzielen, die beackert werden müssen, um wettbewerbsfähige Voraussetzungen für Gewerbeansiedlungswillige zu schaffen.
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