„Kein Leben ist unwert“ Gedenkgottesdienst in Heggbach erinnert an die Opfer der NS-Euthanasie

Nach dem Gottesdienst wird vor der Gedenktafel an der Kirche ein Kranz niedergelegt.
Nach dem Gottesdienst wird vor der Gedenktafel an der Kirche ein Kranz niedergelegt. (Bild: Andrea Reck/St. Elisabeth-Stiftung)

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Zu Beginn des alljährlich in der Kirche St. Georg stattfindenden Gedenkgottesdienstes erinnerte Seelsorgerin Rita Schultheiß an die 193 geistig und mehrfach behinderten Menschen aus Heggbach und 72 Kinder aus Ingerkingen, die nach Grafeneck deportiert und vergast wurden. Die Gedenkveranstaltung wurde durch persönliche Statements bereichert.

Über 10.645 Menschen wurden dort Opfer des Euthanasie-Programms der Nationalsozialisten. Sieben Mitarbeiterinnen der Heggbacher Werkstatt teilen ihre Gedanken dazu mit: „Ich kriege eine Gänsehaut“ oder „Das macht mich traurig“.

Zwei Ministranten und eine Ministrantin tragen während des von Pfarrer Ludwig Hager geleiteten Gottesdienstes am 27. Januar einen Stein als Symbol des Schweren, eine Blume für das Schöne und eine Kerze als Zeichen des Dankes zum Altar. Martin und Andreas Gratz begleiten mit Gitarre, Querflöte, Percussion und Gesang den gut besuchten Gottesdienst.

Zum Lied „Keine Staaten“ von Udo Lindenberg klatschen fast alle mit. Nach einer kurzen Bibellesung von Seelsorgerin Rosi Hörmann sprechen die Werkstatt-Mitarbeiterinnen Botschaften ins Mikrophon, wie „Ich bin froh, dass ich als Mensch geschätzt werde“ oder „Kein Leben ist unwert“.

Pfarrer Hager betont, dieser Tag sei auch ein Tag der Feier des Lebens und bezeichnet Heggbach als einen Leuchtturm, einen Ort, an dem alle zusammenstehen. Anschließend erklingt das für einen Gottesdienst ungewöhnliche antifaschistische Lied von Konstantin Wecker aus den Siebzigern „Sage Nein“. Auch die beiden engagierten Musiker tragen dazu bei, dass dieser Gedenkgottesdienst alles andere als eine blutleere Pflichtveranstaltung wird. Weitere persönliche Statements der Mitarbeiterinnen folgen: „Danke, lieber Gott, dass ich so viele Möglichketen habe, obwohl ich behindert bin“ und „Danke, dass du mich geschaffen hast“.

Oscar Hannabach, Leiter des Bereichs Teilhabe und Inklusion der St. Elisabeth-Stiftung, unterstreicht, wie notwendig es ist, Zeichen zu setzen und die Erinnerung wach zu halten.  Wolfgang Dürrenberger weist im Namen von Maselheims Bürgermeister Elmar Braun darauf hin, wie wichtig es sei, in einer Demokratie zu leben.

Während sich anschließend vor der Kirche Pfarrer Hager und Mitarbeitende der St. Elisabeth-Stiftung am Kranz neben der Eingangstür vor der Gedenktafel versammeln, spielen die Brüder Gratz im Schneeregen noch Musik zum Ausklang.

(Pressemitteilung: St. Elisabeth-Stiftung)