Gemeindepartnerschaften: Verbindungen über Grenzen hinweg

Gemeindepartnerschaften: Verbindungen über Grenzen hinweg
Alexandra Hepp (Zwiefalten) und Peter Diesch (Bad Buchau) können von einem intensiven Austausch mit ihren französischen Partnergemeinden berichten (Bild: MK/Stadt Bad Buchau)

An vielen Ortseingängen sind Hinweisschilder angebracht, die auf eine Partnerschaft mit einer anderen Stadt oder Gemeinde hinweisen. Kaum einer der Vorbeifahrenden weiß aber, wie es zu dieser Partnerschaft kam. Diese Städte- und Gemeindepartnerschaften bestehen teilweise schon seit Jahrzehnten.

Zwiefalten und Bad Buchau haben schon vor Jahrzehnten Partnerschaften mit französischen Gemeinden geschlossen. La Tessoualle (Zwiefalten) und Le Lion d’Angers (Bad Buchau) liegen im Westen Frankreichs nur etwa 100 Kilometer voneinander entfernt, die nächstliegende Großstadt ist jeweils Nantes.

Wir fragten bei Bürgermeisterin Alexandra Hepp (Zwiefalten) und Bürgermeister Peter Diesch (Bad Buchau) nach, wie es zu diesen Partnerschaften kam, wie sie gelebt wird und welche Bedeutung sie ihr zumessen.

Frau Hepp, Herr Diesch, wie und wann kam es zum Kontakt mit anschließender Partnerschaft zu La Tessoualle bzw. Le Lion d’Angers?

Hepp: Die Partnerschaft wurde am 12. August 1973 in Zwiefalten, durch Unterzeichnung der Partnerschaftsurkunde offiziell besiegelt – wir feiern nächstes Jahr das 50-jährige Bestehen dieser lebendigen Partnerschaft. Die ersten Begegnungen fanden allerdings bereits 1965 statt, als junge Bürgerinnen und Bürger aus La Tessoualle in Zwiefalten zu Besuch waren. In den folgenden Jahren haben immer wieder gegenseitige Besuche stattgefunden. Im Jahr 1968 ist unser Ehrenbürger und ehemaliger Bürgermeister Karl Ragg mit einer kleinen Delegation zu einer Erkundungsfahrt nach La Tessoualle aufgebrochen. Im September 1968 fand ein erster größerer Besuch mit über 40 Teilnehmern aus Zwiefalten in der Gemeinde La Tessoualle statt. Im März 1969 hat die Gemeinde Zwiefalten eine Delegation aus La Tessoualle zum Gegenbesuch eingeladen, welcher im Mai stattfand. Im September 1969 fand ein weiterer Besuch in Zwiefalten statt, bei dem auch der Bürgermeister aus La Tessoualle dabei war. Danach fanden immer wieder gegenseitige Besuche statt, bis die Partnerschaft am 12. August 1973 offiziell besiegelt wurde.

Diesch: Die offizielle Partnerschaftsurkunde trägt das Datum vom 3. Juli 1993 – wir feiern also nächstes Jahr unser 30-jähriges Jubiläum. Die Kontakte gab es aber natürlich schon deutlich länger; und entstand im Grunde durch einen Schüleraustausch, kurioserweise zunächst mit dem Progymnasium Bad Schussenried, bei dem aber auch das Progymnasium Bad Buchau eingebunden war. Die Stadt Bad Schussenried war offenkundig an einer offiziellen Städtepartnerschaft nicht interessiert, sodass sich Le Lion d’Angers dann eben mit uns verbrüderte.

Wie wird diese Partnerschaft gelebt?

Hepp: Sehr intensiv – das hat die letzte Erwachsenenbegegnung vor wenigen Tagen gezeigt, als 40 Freunde aus La Tessoualle sich wieder auf den Weg nach Zwiefalten gemacht haben. Dies zeigt einmal mehr, dass die Partnerschaft in Zwiefalten nicht nur auf dem Papier besteht, sondern intensiv gelebt wird. Die zweijährige Abstinenz aufgrund der Pandemie hat unserer Freundschaft keinen Abbruch getan, im Gegenteil, unsere lebendige Partnerschaft hat eine gute und solide Basis, auf der es sich weiter aufbauen lässt. Jeder einzelne, der bei dieser Begegnung teilgenommen hat, hat wieder mal gezeigt: Sie alle sind die Zukunft und der Garant für das Fortbestehen unserer langjährigen Freundschaft.

Der Austausch mit den französischen Freunden findet bei ganz vielen Begegnungen statt, sei es beim Bierfest, beim Weihnachtsmarkt, auf Arbeitsebene zwischen Bürgermeistern, Verwaltung und Gemeinderat oder bei der Erwachsenenfahrt und der Jugendfahrt. Durch diese regelmäßigen Kontakte der Menschen in beiden Orten, ist die Partnerschaft zu einer sehr bedeutsamen und intensiven Verbindung über die Ländergrenzen hinweg gewachsen, auch dank des hohen Maßes an ehrenamtlichem Engagement der beiden Partnerschaftsvereine in Zwiefalten und La Tessoualle.

Diesch: Sehr intensiv – und zwar einerseits nach wie vor auch in Form eines Schüleraustausches mit dem Progymnasium, wobei übrigens nach wie vor auch Schüler aus Bad Schussenried involviert sind. Und zum anderen gibt es auf beiden Seiten ein Partnerschaftskomitee, dass jährlich mehrtägige Treffen im Wechsel in Deutschland und Frankreich organisiert. Da sind ganz enge und variantenreiche Freundschaften über mehrere Generationen hinweg entstanden, die sich teilweise sogar außerhalb der offiziellen Termine treffen. Corona hat allerdings die Aktivitäten in den letzten zwei bis drei Jahren jäh gestoppt.

Welche kulturellen, zwischenmenschliche und wirtschaftliche Vorteile sind damit verbunden?

Hepp: Durch diese lebendige Partnerschaft sind sehr viele Freundschaften über mehrere Generationen hinweg entstanden, die sich auch außerhalb der offiziellen Begegnungen treffen. Aus einzelnen Freundschaften sind sogar Ehen geschlossen worden. Somit kann man sagen, dass die Partnerschaft durch die vielfältigen und intensiven Begegnungen kulturell und zwischenmenschlich auf jeden Fall ein Zugewinn für Zwiefalten und La Tessoualle ist. Sie ist ein hervorragendes Beispiel, wie Stabilität, Austausch und Verbundenheit in Europa funktionieren kann.

Auch wirtschaftlich gibt es Vorteile: Was wäre der Zwiefalter Advent ohne den französischen Stand? Jahr um Jahr freuen sich die Zwiefalter und die zahlreichen Gäste auf die Köstlichkeiten französischer Cuisine – die unglaubliche Atmosphäre und Stimmung rund um den Stand und natürlich den unvergleichlichen Wein!

Diesch: Kulturell und zwischenmenschlich auf jeden Fall; wirtschaftlich wohl kaum. Am wichtigsten scheint mir aber ohnehin der zwischenmenschliche Austausch, die entstandenen Freundschaften, die Verbrüderung, die einen kleinen bescheidenen Anteil dazu beitragen, dass die ehemalige ‚Erbfeindschaft‘ unserer Staaten für alle Zeiten überwunden bleibt.

Wie beurteilen Sie diese Partnerschaft?

Hepp: Ausgesprochen positiv und sehr wertvoll. Als Bürgermeisterin von Zwiefalten bin ich sehr stolz auf das tiefe Band der Freundschaft, welches unsere beiden Gemeinden seit vielen Jahren verbindet. Dank des starken Engagements und der maßgeblichen Unterstützung durch den Partnerschaftsverein wird die innige Freundschaft gepflegt und vertieft, so wie es in jeder guten Freundschaft der Fall ist! Die Pandemie hat unserer Freundschaft keinen Abbruch getan!! Im Gegenteil: Bei der diesjährigen Jugendfahrt nach La Tessoualle im Mai, waren wieder 40 Jugendliche aus Zwiefalten dabei, viele davon waren „Erstfahrer“, so jetzt auch bei der Jugendbegegnung im August, wenn 40 Jugendliche aus La Tessoualle nach Zwiefalten kommen. Die Jugendlichen tragen in besonderem Maße dazu bei, dass unser inniges Band der Freundschaft fest verknüpft ist und auch in Zukunft bleibt. „Sie sind der Herzmuskel dieser Partnerschaft!“ Dafür bin ich sehr dankbar. Es lebe Zwiefalten, es lebe La Tessoualle! Es lebe die deutsch-französische Partnerschaft!

Diesch: Ausgesprochen positiv und wertvoll. Es dürfte allerdings wie überall nicht ganz unproblematisch sein, die Partnerschaft auf nachhaltige Beine zu stellen. Die Gründergeneration wird älter; es gilt wieder junge und engagierte Bürger zu finden, die sich hier ehrenamtlich einbringen und auch nach Corona die Partnerschaft mit neuem Leben füllen.