Flüchtlinge in Biberach 1945 bis 1960: Das Museum sucht Zeitzeugen

Flüchtlinge in Biberach 1945 bis 1960: Das Museum sucht Zeitzeugen
Das Bild „Entsetzen“ der Malerin Hanna Ilg entstand um 1950 in Erinnerung an einen Bombenangriff auf München 1944. Im Jahr darauf war der Krieg zu Ende und die Vertreibung aus den Ostgebieten setzte ein. Das Museum Biberach sucht Zeitzeugen dieser Jahre. (Bild: Stadtverwaltung Biberach)

Biberach – Das Museum Biberach sucht Zeitzeugen, die über die Zeit zwischen 1945 und 1960 berichten können – konkret über die Flüchtlinge und Vertriebenen, die nach dem Krieg nach Biberach gekommen sind und hier Fuß gefasst haben. Die Schilderungen sollen Teil einer Ausstellung werden, die im Mai eröffnet wird.

Lang ist es her – aber um das Biberach von Heute zu verstehen, lohnt sich ein Blick in frühere Jahrzehnte. Daher plant das Museum eine Ausstellung  „Flüchtlinge und Vertriebene nach dem Zweiten Weltkrieg“. Zwischen 1945 nach Kriegsende und 1960 kamen annähernd 6000 Flüchtlinge und Vertriebene in die Stadt, vor allem aus  Schlesien, Ostpreußen, Pommern, Deutschböhmen und den donauschwäbischen Gebieten. Sie waren dort nach dem Zweiten Weltkrieg nicht mehr erwünscht. Insgesamt hat das geteilte und zerstörte Deutschland nach dem Ende des Krieges 14 Millionen Flüchtlinge und Vertriebene aufgenommen, die Biberacher Einwohnerzahl stieg  von 11 400 zu Kriegsbeginn auf 21 000 im Jahr 1960, die Vertriebenen bildeten fast ein Drittel der Bevölkerung.

Die Flüchtlinge waren nicht wohlgelitten, die Integration langwierig. „Jahrzehntelang wurden Flüchtlinge und Vertriebene abfällig behandelt, benachteiligt und als Bürger am Rande Biberachs angesehen“, schreibt das Museum in seiner Mitteilung. „Es ist bezeichnend, dass die erste Flüchtlingssiedlung 1951 beim Auffanglager im Gaisental am damaligen Stadtrand angelegt wurde, ebenso wie das später noch weiter nach außen vorgeschobene Weiße Bild“.

Die Ausstellung geht der Frage nach, unter welchen Bedingungen die Betroffenen nach Biberach gekommen sind, wie sie ihre neue Heimat erlebt haben, wie sie sich eingegliedert haben und was aus ihren kulturellen Eigenarten wurde. Und natürlich will man den Beitrag der Flüchtlinge und Vertriebenen zur wirtschaftlichen und kulturellen Entwicklung Biberachs würdigen.

Dabei lässt man die Betroffenen selbst zu Wort kommen: In seltenen Film- und Tonaufnahmen aus den 1950er und 1980er Jahren sowie in aktuellen Interviews und mit originalen Dokumenten. Das bringt uns direkt ins Heute: „Die Ausstellung möchte das Gefühl der Ausgrenzung nachvollziehbar machen, wie es tausende Flüchtlinge und Vertriebene in Biberach in den 1950er Jahren empfunden haben“ erläutert das Museum. „Dazu kontrastiert sie alltäglich und unscheinbar wirkende, private Erinnerungsstücke mit Großfotos aus dem Biberacher Stadtbild und ausgewählten Biberacher Kunstwerken aus den 1950er Jahren“. Dazu gehören Hörstationen mit Originalaussagen von Flüchtlingen und Vertriebenen sowie zeitgenössische Filmausschnitte.

Wer hier etwas ergänzen kann, darf sich melden: Zeitzeugen können beim Museum telefonisch unter 07351 51331 oder per E-Mail an [email protected] Kontakt aufnehmen. Die Ausstellung soll dann von Mai bis Oktober laufen.