Bodensee-Oberschwaben Europäisches Datengesetz: IHK sieht Verbesserungsbedarf

Europäisches Datengesetz: IHK sieht Verbesserungsbedarf
Eine europäische einheitliche Regelung soll einen fairen Umgang zu Daten sicherstellen. (Bild: picture alliance/dpa | Silas Stein)

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Weingarten – Das geplante Europäische Datengesetz (EU Data Act) soll europaweit einheitlich einen fairen Zugang zu Daten sicherstellen, die bei der Verwendung digital vernetzter Produkte anfallen. Der vorliegende Entwurf lässt aus Sicht der Industrie- und Handelskammer Bodensee-Oberschwaben (IHK) jedoch wichtige Fragen offen und würde unnötigen bürokratischen Aufwand verursachen. Änderungen hält die IHK für dringend erforderlich.

„Der Titel des von der Europäischen Kommission vorgelegten Vorschlags für eine ‚Verordnung über harmonisierte Vorschriften für einen fairen Datenzugang und eine faire Datennutzung‘ erweckt zwar nicht gerade den Eindruck, dass hiermit weitreichende Veränderungen für Wirtschaft und Verbraucher verbunden wären“, erklärt Dr. Sönke Voss, stellvertretender Hauptgeschäftsführer der IHK Bodensee-Oberschwaben und Experte für Digitalisierung.

„Tatsächlich zielt die geplante Verordnung aber auf eine aus Sicht der EU-Kommission gerechtere Verteilung der Wertschöpfung aus Daten ab. Das ist aus fachlicher Sicht eine gewaltige Neuerung.“ Nach aktueller Planung sollen Hersteller beispielsweise dazu verpflichtet werden, vernetzte Produkte so zu gestalten, dass Nutzer ohne großen Aufwand Zugriff auf die er-zeugten Daten erhalten.

Auf Wunsch des Nutzers sollen diese Daten darüber hinaus auch Dritten in derselben Qualität zur Verfügung gestellt werden. Auf diese Weise sollen weitere Unternehmen in die Lage versetzt werden, auf Grundlage von in Maschinen und Produkten anfallenden Daten eigene Services oder Geschäftsmodelle zu entwickeln.

„Klare und verständliche Regeln für das Eigentum an und die Weitergabe von Daten haben großes Potenzial, einen weiteren Schub in Sachen digitaler Innovationen, Geschäftsmodelle und Wertschöpfung auszulösen“, fasst Voss die Chancen der geplanten Verordnung zusammen. „Im Detail kommt es unter anderem darauf an sicherzustellen, dass Dritte die durch ein Produkt gesammelten Daten nicht für die Entwicklung eines Konkurrenzproduktes nutzen.“

Verschiedene in der Praxis wichtige Punkte seien im vorliegenden Entwurf jedoch übersehen worden, so Voss. Händler wären demnach unter anderem verpflichtet, vor Kaufabschluss umfangreiche Detailinformationen über die Erzeugung von Daten durch ein Produkt zur Verfügung zu stellen.

Dazu Voss: „Ganz zu Ende gedacht wäre dann beispielsweise bei einem vernetzten Haushaltsgerät neben dem Effizienzlabel ein weiterer, physischer Aufsteller oder ein Label erforderlich, auf dem der Kunde unter anderem erfährt, an welche Behörde er sich bei Verstößen gegen die mit dem Label verfolgte Informationspflicht wenden kann.

In den 2020er Jahren sollte der Gesetzgeber dem Käufer eines digitalen Produkts jedoch zumuten, diese Informationen beispielsweise über einen QR-Code abzurufen. Alles andere wäre eine nicht zeitgemäße und völlig unverhältnismäßige bürokratische Belastung für Unternehmen, von der Ressourcenverschwendung für das Papier ganz zu schweigen.“

An anderer Stelle wünscht sich die IHK hingegen konkretere Regelungen. So bleibe im bisherigen Entwurf vage, in welcher Form Hersteller anderen Unternehmen Zugriff auf Produktdaten einräumen müssen, wenn diese die Daten weiter nutzen wollen: „Ob dies händisch über ein Onlineportal geschehen soll, über eine automatisierte Datenschnittstelle oder je nach individueller Vereinbarung zwischen den betroffenen Unternehmen, muss der Gesetzgeber eindeutig regeln. Wenn derart grundlegende Fragen erst noch durch Gerichte geklärt werden müssen, vergeht wichtige Zeit, die unsere Wirtschaft angesichts der riesigen Transformationsaufgaben nicht hat.“

Abschließend erinnert Voss in diesem Zusammenhang daran, dass der Ausbau der Breitband- und Mobilfunkversorgung weiterhin höchste Priorität haben muss: „Wir sehen zwar einen deutlichen Fortschritt, insbesondere infolge intensiver Ausbaubemühungen der Anbieter, der Zweckverbände, der Landkreise und Kommunen sowie der Fördergelder von Bund und Land.

Solange digitale Services und Geschäftsmodelle aber nicht flächendeckend genutzt werden können, hat unsere Wirtschaft einen strukturellen Wettbewerbsnachteil gegenüber Standorten mit besserer Verfügbarkeit. Wir können beim Ausbau nicht in Jahrzehnten denken. Der globale Wettbewerb um digitale Geschäftsmodelle findet jetzt statt, wie das geplante Datengesetz einmal mehr zeigt.“

(Pressemitteilung: IHK Bodensee-Oberschwaben)