Energiepreise: Neuverträge werden deutlich teurer – Ein Interview mit Verena Blöcher (Verivox)

Energiepreise: Neuverträge werden deutlich teurer – Ein Interview mit Verena Blöcher (Verivox)
Verena Blöcher (Verivox) glaubt derzeit bei den Gaspreisen an keine Entspannung (Bild: Verivox GmbH)

Schon im letzten Jahr stiegen die Energiekosten stark an, eine Entwicklung, die sich nicht nur bis heute fortsetzt. Es gibt zwei Hauptgründe für diese Entwicklung: Die Großhandelspreise sind stark gestiegen und der Krieg in der Ukraine. Wir fragten bei Verena Blöcher (Director Communications Telco) beim Vergleichsportal Verivox nach.

Frau Blöcher, wie hat sich der Krieg in der Ukraine auf den Energiemarkt ausgewirkt?

Die bereits im Vorfeld stark gestiegenen Beschaffungskosten der Versorger waren mit Kriegsausbruch weiter angezogen und hatten sich teilweise mehr als verdoppelt. Vor allem die Sorge vor einem Energieembargo ließ die Preise nach oben schnellen. Deutschland hängt stark von russischen Energieimporten ab. Rund 40 Prozent des Gasbedarfs und 50 Prozent des Bedarfs an Steinkohle stammt aus Russland. Aktuell beobachten wir eine leichte Entspannung – die Großhandelspreise liegen nun wieder auf Vorkriegsniveau.

Preisentwicklung für Neukunden

Verivox beobachtet die Entwicklung der Neukundenpreise, in die Entwicklung von Bestandskundentarifen haben wir keinen Einblick.

Verbraucher, die aktuell einen neuen Stromversorger suchen, zahlen für Strom 12,4 Prozent mehr als noch vor acht Wochen. Die Stromkosten für einen Musterhaushalt mit einem Jahresverbrauch von 4.000 Kilowattstunden lagen am 24. Februar 2022 bei 1.399 Euro. Am 22. April kostet die gleiche Menge Strom bereits 1.573 Euro.

Auch bei Gas ist ein deutliches Preisplus zu verzeichnen. Hier stiegen die Kosten bei Neuabschluss (20.000 Kilowattstunden) von 2.138 Euro auf 2.444 Euro. Das entspricht einer Steigerung von 14,3 Prozent. Zwischenzeitlich kostete Gas für Neukunden sogar noch deutlich mehr: Zum Stichtag 17. März 2022 wurden 2.728 Euro fällig (Anm. der Redaktion: ein Plus von 27,6 Prozent.)

Die Entwicklung der Neukundenpreise verzeichnen ein deutliches Preisplus.
Die Entwicklung der Neukundenpreise verzeichnen ein deutliches Preisplus. (Bild: Verivox GmbH)

Ist Flüssiggas eine wirksame Alternative, um die Gaspreise zu stabilisieren? / Wie lange dauert es wohl, bis Flüssiggas in großen Mengen zur Verfügung steht und welche Kosten sind im Vergleich zu Erdgas zu erwarten?

Durch den Krieg in der Ukraine ist die Nachfrage nach Flüssiggas weltweit gestiegen. Auf dem Markt konkurrieren viele Akteure um ein begrenztes Angebot. Das treibt die Preise für Flüssiggas in einem Bieterkampf weiter nach oben. Gas wird daher weiter teuer bleiben. Um schnell unabhängig von russischem Gas zu werden, will die Bundesregierung kurzfristig vier schwimmende Terminals mieten. Dazu stellt sie 2,5 Milliarden Euro bereit. Bereits im nächsten Winter könnten so rund 20 Prozent der russischen Gasimporte ersetzt werden.

Wie stark ist die Spreizung zwischen den höchsten und niedrigsten Angeboten bei Strom und Gas (in Prozent)?

Aufgrund der schwierigen Angebotslage lässt sich hier derzeit keine valide Aussage treffen. Grundsätzlich unterscheiden sich die Preise je nach Wohnort und Verbrauch. 

Hinweis der Redaktion: Flattert eine Preiserhöhung für Strom- und Gaslieferungen in die Haushalte, haben die Verbraucherinnen und Verbraucher ein Sonderkündigungsrecht. Wichtig ist dabei, schnell den bestehenden Vertrag mit Hinweis auf die Erhöhung zu kündigen. Wir empfehlen zudem, dass sich die Betroffenen vor dem Abschluss eines neuen Liefervertrages ausreichend über die aktuelle Preisgestaltung informieren. Verivox und andere Vergleichsportale können hierbei nützlich sein.