„Der wichtigste Mensch bin ich selbst“ Elternkreis suchtkranker Kinder veranstaltet Diskussionsabend

Elternkreis suchtkranker Kinder veranstaltet Diskussionsabend
Sabine Benzinger (ganz links), Carmen Scheich (dritte von links), Adalbert Gillmann (vierter von links) und Achim Staudenmaier (ganz rechts). (Bild: Stiftung St. Anna)

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Sechs Kilo Kokain hat die Polizei vor einigen Wochen in Leutkirch gefunden. Der Elternkreis suchtkranker Kinder in Leutkirch, seit vielen Jahren unter der engagierten Leitung von Beate Stör, hat dies zum Anlass für eine ausführliche Beschäftigung mit dem Thema genommen.

In den Bocksaal kamen Sabine Benzinger von der Caritas Suchtberatung, Achim Staudenmaier, Leiter des Leutkircher Polizeireviers und Adalbert Gillmann, Vorsitzender der Landesvereinigung der Elternselbsthilfe Suchtgefährdeter und Suchtkranker.

Zum Einstieg erzählte Gillmann seine persönlichen Geschichte: zwei suchtkranke Kinder, Rettungsversuche bis zur Selbstaufgabe – Stichwort Co-Abhängigkeit –, Depression, Jobverlust, ein Suizidversuch. Schließlich geriet er an einen Elternkreis. Wie hilfreich solche Elternkreise sind, betont er an diesem Abend immer wieder. Er lernte, sich an die erste Stelle zu stellen. Tatsächlich wurde auch die Suchtgeschichte erst dann besser, als es ihm besser ging. Heute sind seine Kinder clean und haben selbst Kinder. Was er bei denen anders macht? „Lasst sie selbstständig sein, selbst zur Schule laufen, räumt ihnen nicht jedes Hindernis aus dem Weg! Wir müssen unseren Kindern das Leben zumuten.“

Benzinger warnt im Anschluss davor, erste Anzeichen zu verharmlosen nach dem Motto: Jetzt ist sie 13, das ist halt die Pubertät, das gibt sich schon wieder. „Aber drei Jahre später sind sie dann voll drin.“ Die Sucht müsse sich dabei nicht unbedingt auf Drogen beziehen. Auch Spielsucht, die verschiedenen Formen von Essstörungen oder Medikamentensucht seien verbreitet.

Staudenmaier beschreibt schließlich eindrücklich den typischen Weg, auf den die Sucht einen mitnimmt: Sie kostet Geld, leiht einem das niemand mehr, geht es von der indirekten Beschaffungskriminalität – Diebstahl, um die Sucht zu finanzieren – hin zur direkten Beschaffungskriminalität. Der Polizei würden immer wieder Schläge gegen die Drogenkriminalität gelingen. Aber: „Das ist wie eine Hydra. Ein Kopf ab, zwei wachsen nach.“ Werden wie im eingangs erwähnten Fall die Verantwortlichen festgenommen, steigen für eine Weile die Preise, bis sich neue Leute finden, die in das Geschäft einsteigen. Daher sei die Prävention so immens wichtig.

Das Fazit des Abends: Es gibt Elternkreise, es gibt Suchtberatungen wie die bei der Caritas, es gibt Hilfe – und je eher man sie sich holt, desto besser.

(Pressemitteilung: Stiftung St. Anna)