Der Bodensee als Winterquartier: Rund 200.000 Wasservögel sind jetzt bei uns zu Gast

Der Bodensee als Winterquartier: Rund 200.000 Wasservögel sind jetzt bei uns zu Gast
Eindrucksvolles Bild: Vor der Kulisse von Friedrichshafen tummeln sich hunderte Enten. (Bild: Gerhard Kersting)

Bodenseekreis (dab) – Auf dem Bodensee und anderen nahegelegenen Gewässern geht es derzeit recht ruhig zu, daher bevölkern jetzt immer mehr überwinternde Vögel die Wasserflächen. Der Star unter den nordischen Gästen ist der Singschwan, der tausende Kilometer durch Europa zurücklegt, ehe er bei uns die kalte Jahreszeit verbringt.

Aufmerksame Spaziergänger können in Ufernähe des Bodensees momentan tausende Vögel auf dem Wasser beobachten. Die meisten Wintergäste bleiben von November bis Februar oder März, darunter Singschwäne, Silberreiher und Eichelhäher. Ohne Schiffsverkehr gibt es ausreichend Ruhezonen, welche die Tiere nach ihrer langen Reise aus kälteren Klimazonen auch dringend benötigen. Das große Nahrungsangebot im und am See spielt bei der Wahl des Winterquartiers ebenfalls eine wichtige Rolle.

Trompetenartige Rufe

„Der Bodensee hat internationale Bedeutung für die Vögel und ist in Süddeutschland das wichtigste Überwinterungsgewässer“, erklärt Gerhard Kersting, Leiter des Naturschutzzentrums Eriskirch. „Die Bodenseeregion ist eine ideale Möglichkeit für Wasservögel, um hier die kalte Jahreszeit gut zu überstehen: Jedes Jahr ziehen beispielsweise tausende Singschwäne aus Nord- und Osteuropa zu uns. Kilometerweit sind ihre trompetenartigen Rufe zu hören, was sie unter anderem vom heimischen Höckerschwan unterscheidet.“

Wichtig fürs Ökosystem

Auch der gelbe Schnabel verrät ihre Herkunft, die ganzjährig am Bodensee lebenden Höckerschwäne haben hingegen rötliche Schnäbel mit schwarzer Spitze. Vorwiegend aus Finnland und dem Baltikum würden die Singschwäne zu uns kommen, so Kersting. „Allerdings nicht zum Brüten. Das machen sie zuhause.“ Die Schwäne ernähren sich gerne von Laichkräutern, welche im Volksmund allgemein als Seegras bezeichnet werden. „Für unser Ökosystem ist das besonders wichtig. Der Bodensee ist in den letzten Jahren viel sauberer geworden, gleichzeitig gibt es für die Tiere ein hervorragendes Nahrungsangebot“, sagt Gerhard Kersting.

Knapp an der Ausrottung vorbei

Europaweit nehmen die Bestände des Singschwans mittlerweile wieder zu. In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts und Anfang des 20. Jahrhunderts sah es noch ganz düster aus, denn die intensive Jagd in den Brutgebieten und auf dem Zug führte zu einem drastischen Bestandsrückgang. In Finnland, einst reich an Singschwänen, stand die Art vor 60 Jahren unmittelbar vor der Ausrottung.

Enten tauchen metertief für Nahrung

Neben den Vögeln nutzen auch rund 15.000 Enten den Bodensee, um gut durch den Winter zu kommen. Sie fressen Pflanzen, aber auch Muscheln. Quaggamuscheln und Dreikantmuscheln haben sich in den vergangenen Jahren stark vermehrt, bei Reiherenten und Tafelenten stehen sie weit oben auf der Speisekarte. Teilweise bis zu sieben Meter tief tauchen die Tiere, um sich satt zu fressen. Generell bleiben die Wintergäste allerdings nicht mehr so lange bei uns, wie noch vor 30 oder 40 Jahren. „Das liegt am Klimawandel. Die Seen frieren vielerorts nur noch kurz oder gar nicht zu, daher gibt es auch in Nordeuropa genug zu fressen“, weiß der Leiter des Eriskircher Naturschutzzentrums.

Wenn die Wintergäste im Frühling dann verschwunden sein werden, können sich Vogelfreunde immerhin wieder an Arten erfreuen, die es jetzt nicht bei uns zu sehen gibt: Unter anderem Schwalben, Mauersegler oder der Kuckuck.