In Baden-Württemberg warten knapp 1.000 Menschen auf ein Spenderorgan. Gesundheitsminister Manne Lucha: „Jeder von uns kann plötzlich auf eine Transplantation angewiesen sein. Es ist an der Zeit, dass die Widerspruchslösung kommt“. Am 1. Juni ist Tag der Organspende.
Jeder der 965 Menschen, die im vergangenen Jahr in Deutschland ein Organ gespendet haben, hat nach seinem Tod durchschnittlich drei schwerkranken Patienten die Chance auf ein längeres und besseres Leben ermöglicht. Die häufigsten Fragen zur Organspende.
Gibt es eine Altersgrenze für die Organspende?
Für die Organspende gibt es keine feststehende Altersgrenze. Entscheidend ist der Zustand der Organe. Dieser hängt jedoch nur bedingt vom kalendarischen Alter ab. Über die Frage, ob ein Organ transplantiert werden kann, entscheiden medizinische Tests nach dem Tod – und letztlich die Ärzte, die die Organe transplantieren. Die bisher älteste Organspenderin Deutschlands war 98 Jahre alt und ihre Leber konnte erfolgreich transplantiert werden.
Welche (Vor-)Erkrankungen schließen eine Organspende aus?
Eine Organentnahme wird in der Regel ausgeschlossen, wenn bei der Verstorbenen oder dem Verstorbenen eine akute maligne Tumorerkrankung oder eine nicht behandelbare Infektion vorliegt. Bei allen anderen Erkrankungen entscheiden die Ärzte nach den vorliegenden Befunden, ob Organe für eine Entnahme in Frage kommen.
Muss oder kann ich mich als Organspender registrieren lassen?
Seit März 2024 besteht die Möglichkeit, die Entscheidung für oder gegen eine Organspende im bundesweiten Organspende-Register digital zu hinterlegen. Die Entscheidung zur Organspende kann auch weiterhin in einem Organspendeausweis und ebenso in einer Patientenverfügung dokumentiert werden. Die Dokumente gelten nach wie vor verbindlich, sofern kein Eintrag im Register erfolgt. Es ist in diesem Fall sinnvoll, die Familie über die Entscheidung zu informieren. Es ist nicht notwendig, sich ärztlich untersuchen zu lassen, bevor man sich zur Organspende bereit erklärt. Die medizinische Eignung der Organe für eine Transplantation wird geprüft, nachdem der Tod nach den Richtlinien der Bundesärztekammer festgestellt worden ist.
Genügt der Organspendeausweis als Rechtsgrundlage für eine Organentnahme?
Werden die Angehörigen trotz Organspendeausweis um ihre Zustimmung gebeten? Ist das Einverständnis der verstorbenen Person dokumentiert, so ist eine Organentnahme rechtlich zulässig. Der Wille des Verstorbenen hat Vorrang. Bei vorliegendem Organspendeausweis werden die Angehörigen also nicht um eine Entscheidung zur Organspende gebeten, sie müssen jedoch darüber informiert werden.
Genügt auch ein Tattoo als Rechtsgrundlage für eine Organspende?
Ein Tattoo kann als eine Art Zeichen bzw. Statement für Organspende gewertet werden und den Angehörigen im Fall der Fälle als Anhaltspunkt dienen, wenn diese nach dem mutmaßlichen Willen der verstorbenen Person eine Entscheidung treffen müssen. Ein Tattoo stellt jedoch keine rechtlich bindende Grundlage für eine Organentnahme dar. Daher ist es ratsam, zusätzlich einen Organspendeausweis auszufüllen bzw. die Entscheidung im Organspende-Register zu hinterlegen und die Angehörigen zu informieren.
Die Dokumentation der Entscheidung ist in einem Organspendeausweis bzw. dem Organspende-Register zudem wesentlich differenzierter möglich. Man kann z.B. die Spende auf bestimmte Organe oder Gewebe beschränken, einer Person die Entscheidung übertragen und vor allem, man kann die Entscheidung jederzeit ändern und bei Bedarf einfach einen neuen Organspendeausweis ausfüllen bzw. den Organspende-Register-Eintrag löschen oder ändern.
Unter welchen Bedingungen ist eine Lebendspende möglich?
Die Bedingungen für die Lebendspende regelt das Transplantationsgesetz. Dabei räumt der Gesetzgeber der Organspende nach dem Tod grundsätzlich Vorrang vor der Lebendspende ein. In Deutschland ist eine Organspende zu Lebzeiten nur unter Verwandten ersten oder zweiten Grades, unter Ehepartnern, Verlobten und unter Menschen möglich, die sich in besonderer persönlicher Verbundenheit nahestehen.
Eine unabhängige Gutachterkommission prüft, ob die Spende freiwillig und ohne finanzielle Interessen geschieht. Es muss außerdem sichergestellt sein, dass für die Empfängerin oder den Empfänger zum Zeitpunkt der geplanten Übertragung kein Organ aus einer postmortalen Organspende zur Verfügung steht. Spender und Empfänger müssen sich zur ärztlichen Nachbetreuung bereit erklären.
Welche Voraussetzungen müssen für eine postmortale Organspende erfüllt sein?
Bevor Organe für eine Transplantation entnommen werden können, müssen zwei grundlegende Voraussetzungen erfüllt sein: Der Tod der Spenderin oder des Spenders muss durch Feststellung des irreversiblen Ausfalls der Gesamtfunktion des Gehirns nach den Richtlinien der Bundesärztekammer festgestellt worden sein. Zweitens muss für die Entnahme eine Einwilligung vorliegen, entweder in Form einer schriftlichen Einverständniserklärung der Verstorbenen oder des Verstorbenen (Eintrag im Organspende-Register, Organspendeausweis und/oder Patientenverfügung) oder indem eine von ihr oder ihm dazu bestimmte Person oder die Angehörigen im Sinne der Verstorbenen oder des Verstorbenen zustimmen.
Ich habe bereits einen Organspendeausweis/eine Zustimmung im Organspende-Register hinterlegt. Wird auf einer Intensivstation trotzdem alles medizinisch Mögliche für mich getan, wenn ich lebensbedrohlich erkranke?
Ziel aller medizinischen Maßnahmen im Falle eines Unfalls oder einer schweren Erkrankung ist es, das Leben des Patienten oder der Patientin zu retten. Die Bemühungen der Rettungsteams sowie der Ärztinnen und Ärzte sind allein auf dieses Ziel ausgerichtet. Manchmal kann die Patientin oder der Patient trotz aller Bemühungen nicht mehr gerettet werden, Krankheit oder Unfallfolgen sind zu weit fortgeschritten. Mitunter tritt der Tod dabei durch den unumkehrbaren Ausfall der Gesamtfunktion des Großhirns, des Kleinhirns und des Hirnstamms ein; Kreislauf und Atmung können nur noch künstlich durch Beatmung und Medikamente aufrechterhalten werden.
Nur bei dieser kleinen Gruppe von Verstorbenen stellt sich die Frage einer Organspende: Voraussetzung für die Organspende ist dabei immer, dass der Tod gemäß dem Transplantationsgesetz von zwei dafür qualifizierten Ärztinnen oder Ärzten unabhängig voneinander nach den Richtlinien der Bundesärztekammer festgestellt worden ist. Diese Ärzte dürfen weder an der Entnahme noch an der Übertragung der Organe aus dieser Organspende beteiligt sein, noch der Weisung eines beteiligten Arztes oder einer beteiligten Ärztin unterstehen.
Ich bin noch nicht volljährig. Kann ich trotzdem einen eigenen Organspendeausweis ausfüllen oder mich ins Organspende-Register eintragen?
Minderjährige können ab dem 16. Lebensjahr ihre Bereitschaft zur Organspende dokumentieren. Der Widerspruch kann bereits ab dem 14. Lebensjahr im Organspendeausweis erklärt werden. Den Organspendeausweis gibt es unter anderem beim Infotelefon Organspende unter der kostenlosen Rufnummer 0800/90 40 400. Ein Eintrag im Organspende-Register ist ab dem 16. Lebensjahr möglich. Das Organspende-Register ist über folgenden Link abrufbar: Organspenderegister
Kann die Familie den Verstorbenen nach der Organentnahme nochmals sehen?
Die Familie kann in der von ihr gewünschten Weise Abschied von der verstorbenen Person nehmen. Nach der Entnahmeoperation wird die Operationswunde mit der gebührenden Sorgfalt verschlossen. Der Leichnam kann aufgebahrt werden und die Bestattung wie gewünscht stattfinden.
Ist die Organspende möglich, wenn gleichzeitig eine Patientenverfügung existiert?
Ja. Man kann diese so verfassen, dass die Möglichkeit zur Organspende erhalten bleibt. Um Unsicherheiten und Konflikte zu vermeiden, ist es wichtig, gerade zu diesen Punkten eindeutige Angaben zu machen und die Angehörigen darüber zu informieren.
Eine Formulierung wäre beispielsweise „Grundsätzlich bin ich zur Spende meiner Organe/Gewebe bereit. Es ist mir bewusst, dass Organe nur nach Feststellung des unumkehrbaren Ausfalls der Gesamtfunktion des 3 Großhirns, des Kleinhirns und des Hirnstamms bei aufrechterhaltenem Kreislauf entnommen werden können. Deshalb gestatte ich ausnahmsweise für den Fall, dass bei mir eine Organspende medizinisch infrage kommt, die kurzfristige (Stunden bis höchstens wenige Tage umfassende) Durchführung intensivmedizinischer Maßnahmen bis zur Feststellung des Todes nach den Richtlinien der Bundesärztekammer und zur anschließenden Entnahme der Organe.“
Welche gesetzliche Regelung gilt in Deutschland?
Seit November 2012 gilt in Deutschland die Entscheidungslösung. Sie schreibt vor, dass jede Bürgerin und jeder Bürger regelmäßig in die Lage versetzt werden soll, sich mit der Frage der eigenen Entscheidung zur Organspende ernsthaft zu befassen und eine Erklärung zu dokumentieren. Seit Inkrafttreten des deutschen Transplantationsgesetzes im Dezember 1997 gilt in Deutschland außerdem: Der Wille der Verstorbenen oder des Verstorbenen zu Lebzeiten hat Vorrang.
Liegt keine Zustimmung vor, z.B. in Form eines Organspendeausweises oder eines Eintrags ins Organspende-Register, werden die Angehörigen gebeten, eine Entscheidung nach dem vermuteten Willen der verstorbenen Person zu treffen. Hat diese die Entscheidung auf eine andere Person übertragen, tritt der- oder diejenige an die Stelle des nächsten Angehörigen. Im März 2022 ist das Gesetz zur Stärkung der Entscheidungsbereitschaft bei der Organspende in Kraft getreten. Es setzt auf die verstärkte Information der Bevölkerung.
Ein besonders wichtiges Element ist dabei die Einbindung der Hausärzteschaft, die bei Bedarf ihre Patienten alle zwei Jahre ergebnisoffen über die Organ- und Gewebespende individuell beraten. Weiterhin sollen die Ausweisstellen von Bund und Ländern Bürgern Aufklärungsmaterial und Organspendeausweise aushändigen bzw. bei elektronischer Antragsstellung elektronisch übermitteln.
Wie die Organspende auch geregelt ist: Um sicherzustellen, dass der eigene Wille berücksichtigt wird, ist es sinnvoll, die persönliche Entscheidung im Organspende-Register oder in einem Organspendeausweis zu dokumentieren und den Angehörigen mitzuteilen.
Damit die Entscheidung auch im fremdsprachigen Ausland verstanden und beachtet wird, empfiehlt es sich, ein übersetztes Beiblatt zum Organspendeausweis mitzuführen. Es kann in rund 30 Fremdsprachen auf der Website der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (www.organspende-info.de) herunter geladen werden.
Eine Übersicht über die geltenden Regelungen in den verschiedenen europäischen Ländern sowie weitere Informationen zur Organspende sind dort ebenfalls zu finden. Die Erklärung im Organspende-Register kann nur innerhalb Deutschlands vom berechtigten Krankenhauspersonal abgerufen werden.
(Quelle: Ministerium für Soziales, Gesundheit und Integration)