Mein Partner ist geimpft, ich nicht – Soll ich mich trennen?

Mein Partner ist geimpft, ich nicht – Soll ich mich trennen?
Impfen: Ein großes Konfliktthema auch in einer Partnernschaft. (Bild: picture alliance / VisualEyze)

Das Wochenblatt bekommt Post von euch. Da heißt es oft: „Berichtet doch mal über das Thema!“ Oder: „Vielleicht habt ihr ein bisschen Input für mich. Wie machen das denn andere?“ Einmal pro Woche picken wir uns eine der vielen Nachrichten heraus und stellen sie für euch zur Diskussion. Ob es um Erziehungsfragen, Partnerschaft, Freundschaft, Arbeit, Rechtliches oder auch Moralisches geht. Und IHR entscheidet. Was würdet IHR tun?

Heute veröffentlichen wir die Mail von Ilona (54). Die ist so genervt von der Uneinigkeit in Sachen Impfen in der eigenen Beziehung, dass sie überlegt, sich von Partner Frank* (58) zu trennen. Soll sie gehen oder macht sie aus einer Mücke einen Elefanten?

Ilona schreibt: „Und täglich grüßt das Murmeltier – bewaffnet mit Impfstoff und guten Argumenten. Seit Monaten streiten mein Mann und ich über das leidige Thema. Jeden. Verdammten. Tag. Wie lange hält die Beziehung das noch aus?

Ja, ich bin nicht geimpft, und nein, ich möchte mich wirklich nicht impfen lassen. Ich bin kein Impfgegner, will niemanden bekehren und bin auch diesbezüglich in keiner Mission unterwegs. Es ist meine freie Entscheidung. Ich trage FFP2-Masken und halte mich an alle Hygienevorschriften, die vorgegeben werden. Nur der Piks fehlt.

Seit Jahren Harmonie in der Beziehung, doch jetzt…

Bisher führten mein Partner und ich eine jahrelange mehr oder weniger normale Beziehung. Seit dem Beginn seiner ersten Impfung – ich weiß heute noch nicht, wie er das so schnell auf die Reihe bekommen hat, da er im Normalfall um einiges langsamer ist als ich – haben wir Streit. Da wir in einer Wochenendbeziehung leben ist es zum Aushalten. Per WhatsApp und Telefon nerven die Vorwürfe zwar auch aber wenn wir uns direkt gegenüberstehen, treffen sie mich doch noch mehr. Leider weiß ich nicht, wie lange ich diese Diskussionen, die immer in der Endlosschleife landen, noch aushalte.

Meine neue Taktik ist, einfach nichts zu antworten. Das hilft eine ganze Weile, aber seine Predigten hören nicht auf. Mein „Karl 2“, so nenne ich ihn seit Kurzem, weil er an den Lippen von Gesundheitsminister Karl Lauterbach hängt, gibt alles brühwarm weiter was sein Vorbild äußert. Dem nicht genug, er liest es auch noch ohne Betonung in einer Blutwurscht runter. Das meiste davon bekomme ich im Radio oder im Fernsehen selbst mit, da brauche ich nicht noch eine Extraportion Aufklärung mit den aufgewärmten Kommentaren meines „Karl 2“.

Vorwürfe ohne Ende

Die schwachen Versuche von mir, ihm zu erklären, dass es auch viele Menschen gibt, die auf die Impfung oder das Boostern mit Nebenwirkungen reagiert haben, werden komplett abgeschmettert: „Was für ein absoluter Blödsinn, die ganze Welt lässt sich impfen und wegen zwei Hansel, die vielleicht Probleme hatten, läuft das Leben an uns vorbei. Mit dir kann man nichts mehr machen.“

Das war mir so gar nicht so bewusst, da wir jedes Wochenende in der Natur sind. Wir gehen Wandern, laufen im Schnee, entdecken den Bodensee immer wieder neu usw. Ach ja, und in Bayern dürfte ich sogar auf Shopping-Tour gehen, wenn ich denn wollte.

Lust auf Lokale und Unternehmungen vs. Impfstatus

Das ist alles nichts. Urplötzlich möchte mich der wildgewordene ehemalige „Schatz“ in Lokale zum Essen ausführen. Schon komisch, vor der Pandemie standen solche Pläne fast nie auf seiner Agenda. Da hörte ich immer wieder: „Ach, lass und doch zuhause was feines Kochen – zum Verständnis, er meinte „mich“ mit uns.“ Ich nehme neuerdings auf unseren Exkursionen eine Thermoskanne Glühgin oder Tee mit, wir holen uns was vom Bäcker dazu und fertig ist das Minipicknick. Ist das so schlecht?

Wenn es um das Thema Skifahren geht, gebe ich meinem „Karl 2“ Recht, das fehlt mir auch. Aber es kommen auch wieder andere Zeiten und wieso nicht auf Langlauf umsteigen. Man muss nicht so weit fahren und Hauptsache man ist gemeinsam an der frischen Luft. Leider kam mein Vorschlag nicht gut an. Er wäre ja in den besten Jahren (58) und er macht sich doch nicht auf so einer langweiligen Loipe zum Affen. Ja, den Affen macht er lieber bei mir daheim.

Zu Bekannten, die auch so „Sturköpfe“ wie ich sind, geht er nicht mehr mit, weil das Thema „leider“ irgendwann aufs Impfen kommt und ihm dann schnell die Argumente ausgehen. Der richtige Karl Lauterbach kann ihn in solchen Momenten leider nicht unterstützen, da „Karl 2“ keinerlei Kontaktdaten von seinem großen Idol hat.

Ich halte das nicht mehr aus. Soll ich ihn verlassen?