Seit dem 10. Februar darf in der Europäischen Union UV-behandeltes Insektenpulver in Lebensmitteln verwendet werden. Bis zu vier Prozent dürfen ganze Larven des Mehlkäfers (Tenebrio molitor) in Pulverform in unterschiedlichen Speisen beigemischt werden. Dazu können laut einer neuen EU-Verordnung Brot, Kuchen, Nudeln, aber auch Kartoffel- und Käseprodukte oder Obstkompott gehören. Doch wollen die Verbraucher das auch und was sagt das Bäckerhandwerk dazu?
Fast genau vor zwei Jahren haben wir in einem Bericht über das Thema berichtet. Doch nun ploppt es urplötzlich wieder auf. Wir fragten u.a. beim Zentralverband des Deutschen Bäckerhandwerks e.V. nach.
Der Zentralverband zeigt klare Kante
Für den Zentralverband stellte Pressereferentin Meike Bennewitz klar: „Die Handwerksbäcker haben sich hierzu schon 2023 deutlich positioniert und der Zugabe von Insekten im Brot abgeschworen.
„Wir sind der Ansicht ins Brot gehören nur Getreideprodukte und/oder Milcherzeugnisse, Insekten im Brot lehnen wir strikt ab. Im Bäckerhandwerk spielen auch die aktuellen Zulassungen von Insekten als Lebensmittel keine Rolle, allein schon aus wirtschaftlichen Gründen, da die Produkte deutlich teurer als Getreide sind. Darüber hinaus herrscht keine Verbraucherakzeptanz, beim Bäcker Lebensmittel mit Insektenproteinen zu erwerben. Unsere Kundschaft schätzt Brot und Brötchen mit traditionellen, herkömmlichen Zutaten. Außerdem ergibt sich aus den Leitsätzen für Brot und Kleingebäck auch klar, was die gängigen Brotsorten enthalten dürfen. Sollte ein Bäcker hiervon abweichen wollen, müsste er das gesondert kennzeichnen. Verbraucher können sich also darauf verlassen, dass Brot vom Bäcker aus klassischem Getreidemehl hergestellt ist.“
„Insekten in Backwaren sind nicht sinnvoll“
Werner Leser (Aulendorf), Obermeister der Bäcker-Innung Ravensburg sieht die Verwendung von Insekten bei der Herstellung von Brot und Backwaren als wenig sinnvoll an. Es sei jedem Bäcker frei zu entscheiden, was er in seinen Produkten verarbeitet, darauf habe die Handwerksorganisation keinen Einfluss. Der Obermeister stellt klar: „Insekten machen aus folgenden Gründen keinen Sinn, in Backwaren verwendet zu werden
- Preislich, als Zutat kostet Insektenmehl etwas das Zehnfache als Getreideprodukte
- Backtechnisch machen Insektenmehle im Brot keinen Mehrwert
- Die meisten Kunden lehnen Insekten im Brot ab
- Eine Deklarierung für Insektenzusätze ist Pflicht
Der Obermeister verweist darauf, dass Handwerksbäcker schon 2023 darauf hingewiesen haben, dass das Bäckerhandwerk Insekten in Backwaren ablehne und vom Bundesverband der Bäcker wurde deshalb eine entsprechende Kampagne ins Leben gerufen und eine Plakataktion gestartet.“
Nach Lesers Worte haben sich auch die Zulieferer der Bäcker von Insekten als Zutat in Backwaren deutlich distanziert. Entscheidend für diese Haltung sei, so Leser, in erster Linie der Verbraucher, die meisten Kunden lehnten Insekten im Brot und Backwaren. Eine Änderung dieses Verhalten mag Leser aber nicht ausschließen. Trotzdem stellt Leser fest: „Auf keinen Fall werden diese Zutaten versteckt beigemischt, schon aus preislichen Gründen ist die Zutat von Insektenmehl ohne eine besondere Auslobung nicht sinnvoll.“
Der Obermeister sieht es auch nicht im Sinne der Bäckereien, diese Zutat versteckt beizumischen, weil die Bäckereibetriebe für ihre Kunden backen und nur die Zutaten, die diese bevorzugen (akzeptieren), verwenden würden.
„Eine Bevormundung der Kunden aus ideologischen Gründen ist nicht im Sinne der Handwerksbäcker, auch wenn die Insektenmehle einen besseren CO² Fußabdruck haben sollen als Getreideprodukte. Das lässt uns unberührt,“ macht Leser zum Abschluss deutlich.
Was sagt das Veterinäramt?
Auch das Biberacher Veterinäramt äußerte sich. Demnach sind Mehlwürmer schon seit 2021 als Lebensmittel zugelassen. Neu ist nur die UV-Behandlung des Larvenpulvers. Insekten in Lebensmitteln sind, so das Amt, nicht neu. Die EU sieht sie als „neuartige Lebensmittel“ und müssen deshalb zugelassen werden. Die Europäische Kommission hat bereits im Juni 2021 getrocknete Mehlwürmer (Tenebrio molitor im Larvenstadium) als Lebensmittel für den menschlichen Verzehr zugelassen. Auch der gelbe Mehlwurm, die europäische Wanderheuschrecke und die Hausgrille haben in den letzten Jahren die Zulassung erhalten.
Seit Anfang 2023 trifft das auch auf den Buffalowurm zu. Viele natürliche Farbstoffe wie das „echte Karmin“ (E 120) oder der „Schellack“ (E 904) werden aus Schildläusen gewonnen und schon seit den 1970er Jahren in Süßigkeiten (Schokolade, Kekse, …) eingesetzt. Neu zugelassen ist lediglich UV-behandeltes Insektenpulver (Pulver ganzer Larven des Mehlkäfers, Tenebrio molitor), dass bis zu 4Prozent in unterschiedlichen Speisen beigemischt werden darf.
Enthalten verpackte Lebensmittel als Zutat Speiseinsekten, müssen sie in der Zutatenliste erscheinen. Neben ihrem lateinischen Namen muss ebenfalls der geläufige Name gelistet sein, etwa Grillen (Heimchen – Acheta domesticus) oder „UV-behandeltes Larvenpulver“.