Allergie schicksalhaft? Irrtümer und Fakten über den Immunkampf

Allergikerfamilien treten Allergien bei den Kindern und Enkeln häufiger auf als in anderen Familien.
Allergikerfamilien treten Allergien bei den Kindern und Enkeln häufiger auf als in anderen Familien. (Bild: picture alliance / Zoonar | Robert Kneschke)

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Das Robert-Koch-Institut schätzt nach Statistiken der Jahre bis 2021 – ohne Dunkelziffer – den Prozentsatz allergiegeplagter Menschen mit wenigstens 30 Prozent ein. Tendenziell erhöht sich dieser Anteil aus unterschiedlichen Gründen. Alle sind noch nicht erforscht, einige Auslöser für die innere Überreaktion allerdings als ungünstige Mixtur entlarvt.

Irrtum Eins: Genetik als Ursache für Allergien

In Allergikerfamilien treten Allergien bei den Kindern und Enkeln häufiger auf als in anderen Familien. Deshalb vermuten Betroffene als Ursache die genetische Veranlagung, also Vererbung der Empfindlichkeit. Dies stimmt so nicht. Das Immunsystem entwickelt sich bei jedem Menschen neu, kann also auch in nicht allergiebetroffenen Familien spontan überreagieren. Was aber die Wahrscheinlichkeit erhöht, ist eine schwache Hautbarriere. Sie wiederum wird tatsächlich bereits durch die genetische Zusammensetzung bestimmt. Am Zusammenspiel zwischen Hautbarriere, Immunkampf und Allergiehäufigkeit wird immer noch intensiv geforscht.

Irrtum Zwei: Allergene Stoffe als mögliche Allergieauslöser

Allergene sind eigentlich harmlose Stoffe. Nur stuft sie das Immunsystem fälschlicherweise als gefährlich ein und versucht deshalb, sie unschädlich zu machen. Oft lösen Allergene die entsprechende Reaktion erst nach mehrmaligem Kontakt aus. Warum hundertmal Kontakt nichts ausmacht und plötzlich eine Abwehr erfolgt, wird auf eine Fehlschaltung zurückgeführt, die wegen der so individuellen Vielfalt wahrscheinlich noch lange nicht eindeutig zugeordnet werden kann. Besonders häufige Allergene befinden sich in der Raumluft, in Nahrungsmitteln oder lichtsensibilisierenden Stoffen wie Sonnenschutzprodukten.

Irrtum Drei: Impfungen als Allergieauslöser

Wer eine eine Australienreise für Eltern mit oder ohne Kinder plant, muss sich frühzeitig gegen dort typische Erkrankungen impfen lassen. Generell ist die Menge an Impfungen in der Bevölkerung gestiegen. Gleichzeitig steigt die Anzahl allergischer Reaktionen. Dennoch besteht kein Zusammenhang zwischen Impfen und Allergien. Vielmehr beeinflussen ungesunde Ernährung, stressiger Lebenswandel und die häufige Einnahme von Antibiotika das Immunsystem. Es ist also der Cocktail aus Immunschutz und Immunbelastung, der das Allergierisiko senkt oder erhöht.

Irrtum Vier: Allergiker-Haustiere mit kurzem Fell auswählen

Die Felllänge bei Hunden und Katzen beeinflusst allergische Reaktionen nicht. Vielmehr reagiert das menschliche Immunsystem auf Speichel, Talg, Tränenflüssigkeit oder von draußen anhaftende Partikel aus Wald, Wiese und Umgebungsluft. Unterschiedlich stark kann dieser Cocktail aus Allergenen beim Menschen wirken. Zusätzlich ist es möglich, dass hormonelle Schwankungen der Haustiere manchmal gar nichts auslösen und manchmal zu spontanen, heftigen Allergien führen. Kein Haustier, egal mit welcher Felllänge, ist eine Gewähr für ein allergiefreies Miteinander.

Irrtum Fünf: Hyposensibilisierung nur in der Jugend wirksam

Für eine Hyposensibilisierung wird das Immunsystem einer Person in kleinen Dosierungen allmählich an den allergieauslösenden Stoff gewöhnt. Früher galt als Altersgrenze für die erfolgversprechende Behandlung das 50. Lebensjahr. Inzwischen können sich auch ältere Menschen in ansonsten gutem Gesundheitszustand therapieren lassen. Unterstützend sollten die Lebensgewohnheiten verändert werden. Viel Stärke bekommt das Immunsystem über eine abwechslungsreiche und ausgewogene Ernährung. Der Verzicht auf Genussmittel wie Alkohol und Nikotin entlastet ebenfalls. Auch Abnehmen, viel Bewegung an frischer Luft und täglich genügend Wasser trinken empfehlen Experten zur Selbsthilfe gegen künftige Allergieattacken.

Fazit:
Allergien kommen und gehen und begleiten manche Menschen lebenslang. Über ihre Ursachen, Auslöser und Risikofaktoren gibt es so viele Mythen wie noch nicht abgeschlossene Studien. Insgesamt nützt Vermeiden weniger, als das Immunsystem langsam an den auslösenden Fremdstoff zu gewöhnen.