Wetter-Spezial Erste Winterprognose 2022/2023: Klassischer Mildwinter oder strenger Eiswinter?

Wie wahrscheinlich ist ein schneereicher Eiswinter im Winter 2022/2023?
Wie wahrscheinlich ist ein schneereicher Eiswinter im Winter 2022/2023? (Bild: Pixabay)

Schneebedeckte Landschaften, tagsüber Sonnenschein und eisige Winternächte – und das bestenfalls noch in der Adventszeit. Für viele Menschen wäre das ein Traum, für viele andere eher ein Schock. Solch einen „richtig“ kalten Winter gab es in den letzten Jahrzehnten immer seltener.

Doch was erwartet uns im kommenden Winter 2022/2023? Wir blicken tief in die Materie und basteln uns daraus eine erste Einschätzung. 

Dass die vergangenen Winter statistisch immer milder und wärmer wurden, steht außer Frage. Oftmals waren die Wintermonate von sogenannten „West-Wind-Wetterlagen“ geprägt. Das bedeutet, dass Tiefdruckgebiete westlich von uns auf dem Atlantik viel Nässe, Wind und milde Temperaturen zu uns transportierten. Solch eine Wetterlage ist also reines Gift für einen kalten Winter im Flachland. Für die Natur wäre ein milder und nasser Winterverlauf nach dem trockenen Sommer ein echter Segen. 

Seit vielen Jahren wurden die Winter immer milder.
Seit vielen Jahren wurden die Winter immer milder. (Grafik: Mtwetter.de)

Demnach hatten wir den bisher wärmsten Winter seit 1880 im Jahre 2006/2007 mit einer Mitteltemperatur von 4,41 Grad. Ähnlich warm war es 2019/2020 mit 4,16 Grad und 2013/2014 mit 3,35 Grad. Der vergangene reiht sich mit einer Durchschnittstemperatur von 3,24 Grad ebenfalls in die Kategorie eines klassischen Mildwinters. Den kältesten Winter seit Aufzeichnungsbeginn hatten wir 1962/1963 mit -5,43 Grad. 

Doch wie sicher ist es, dass auch der kommende Winter 2022/2023 sehr mild wird? 

Ein milder Winter mit grünen Landschaften wäre für einige angesichts der Energiekrise sogar ein Wunsch.
Ein milder Winter mit grünen Landschaften wäre für einige angesichts der Energiekrise sogar ein Wunsch. (Bild: Pixabay)

Nun, in Zeiten des Klimawandels ist ein tendenziell wärmerer Winter wahrscheinlicher als ein kalten Winter. Für viele Menschen wäre ein Mildwinter in diesem Jahr sogar von Vorteil (finanziell), wenn wir mal an die aktuelle Energiekrise hierzulande denken. Dennoch: Das Wetter richtet sich nun mal nicht nach unseren Vorstellungen und Wünschen. 

Langzeit-Wetterprognosen: Die Schwächen dieser Monatstrends

Um uns eine grobe Einschätzung für die Wintermonate machen zu können, bieten uns die Langzeitprognosen zweier Wettermodelle einen Überblick über etliche Einzelberechnungen, die schließlich alle gemittelt werden. Darüber hinaus können solche Berechnungen nur abschätzen, ob ein Monat/eine Jahreszeit zu warm, zu kalt, zu trocken oder zu nass ausfallen KÖNNTE. Beispiel: Obwohl ein Monat anfangs rekordverdächtig kalt war, war der weitere Zeitraum mild und nass. Der Monat war insgesamt also zu warm, obwohl wir uns noch alle an die eisige Zeit zu Beginn des Monats erinnern können. Solche groben Langfristprognosen können also keine seriösen Wettervorhersagen über einzelne Wochen und/oder Tage in diesem Zeitabschnitt abgeben. 

Wettermodell „NOAA“ sieht Mildwinter

Das amerikanische Wettermodell „NOAA“ prognostiziert für den Winter 2022/2023 zu warme Temperaturabweichungen. 

Nach den Berechnungen erwartet uns ein ausgeglichener bis nur leicht zu warmer Dezember.
Nach den Berechnungen erwartet uns ein ausgeglichener bis nur leicht zu warmer Dezember. (Grafik: http://flaeming-wetter.bplaced.net/Synoptik/Langfrist-Vorhersage.html)

Im Dezember, dem ersten meteorologischen Wintermonat erkennen wir noch relativ marginale Abweichungen über Mitteleuropa. In der Nordhälfte Deutschlands soll der Monat insgesamt durchschnittlich ausfallen, im Süden dominieren schon mehr die positiven Abweichungen von +0,5 bis +1,0 Grad. Im Osten und Südosten Europas sehen wir die wärmsten Temperaturanomalien +1,0 bis +2,0 Grad. Trotzdem: Die aktuelle Prognose lässt die Hoffnung für eine einigermaßen winterliche Adventszeit durchaus bestehen. 

Der Januar im neuen Jahr sollte dann verbreitet zu warm ausfallen.
Der Januar im neuen Jahr sollte dann verbreitet zu warm ausfallen. (Grafik: http://flaeming-wetter.bplaced.net/Synoptik/Langfrist-Vorhersage.html)

Der Januar bringt uns dann in die Spuren eines Mildwinters. Nahezu flächendeckend (außer die Küstengebiete) sehen wir über Mitteleuropa und Deutschland deutlich zu warme Abweichungen von +1,0 bis +2,0 Grad. Auch unsere Nachbarländer hätten einen verbreitet zu warmen Januar. 

Deutlich zu warme Abweichungen hätte der Februar in weiten Teilen Europas im Gepäck.
Deutlich zu warme Abweichungen hätte der Februar in weiten Teilen Europas im Gepäck. (Grafik: http://flaeming-wetter.bplaced.net/Synoptik/Langfrist-Vorhersage.html)

Für den Februar, den dritten und letzten meteorologischen Wintermonat würde der Winter vorzeitig den Vorfrühling bringen. Landesweit rote Farbflächen, die für Abweichungen von +1,0 bis +2,0 Grad im Vergleich zum Kältemittel stehen. Über Nordosteuropa hätten wir sogar exorbitante Temperaturabweichungen von +2,0 bis +3,0 Grad. 

Durchschnittliche Niederschlagssummen werden im Winter insgesamt prognostiziert.
Durchschnittliche Niederschlagssummen werden im Winter insgesamt prognostiziert. (Grafik: http://flaeming-wetter.bplaced.net/Synoptik/Langfrist-Vorhersage.html)

Was die Niederschläge im Winter anbelangt, sollen die drei Wintermonate Dezember, Januar und Februar nach der NOAA  durchschnittlich ausfallen. Zu trocken soll es im Südosten, insbesondere südlich des Schwarzen Meers in der Türkei werden. Leicht zu nass soll der Winter insgesamt in Großbritannien und in Norditalien verlaufen. 

Das Wettermodell „NOAA“ erwartet zusammengefasst einen zu warmen Winter. Die Behörden des europäischen ECMWF-Modells sehen das anders – sie rechnen mit einem durchschnittlichen Winter für unsere Breitengrade. 

35-Tage-Ensemble: Temperaturen gehen bergab – mit Schneeflocken bis ganz runter?

Zum Abschluss blicken wir noch auf die Ensemble-Prognose für die nächsten 35 Tage bis zum 18. November für Lindau (Bodensee).

Bis in den November hinein bleibt es wohl eher mild, ehe es langsam in Richtung Spätherbst/Frühwinter geht.
Bis in den November hinein bleibt es wohl eher mild, ehe es langsam in Richtung Spätherbst/Frühwinter geht. (Grafik: Wetterzentrale.de)

Zunächst einmal befinden wir uns bis Ende Oktober mehr oder weniger auf einem großen „Wärme-Berg“, der kaum abflacht. In der ersten November-Dekade kündigt sich wohl mit langsam sinkenden Temperaturen am Erdboden eine einkehrende Umstellung an: Es geht in den Spätherbst. „Hinten raus“, zum Ende des Vorhersagezeitraums taumelt das Mittel aller Modellberechnungen nur noch bei 0 bis 5 Grad. Da deutet sich also ganz vorsichtig der erste frühwinterliche Hauch bis in tiefere Lagen an. Die Niederschlagssignale sind und bleiben aktiv, lassen um Mitte November tendenziell ein wenig nach. 

Endfazit & persönliche Einschätzung: So könnte der Winter 2022/2023 verlaufen

Als Fazit können wir ziehen, dass das amerikanische Wettermodell „NOAA“ (wie immer) einen zu warmen Winter berechnet. Solch ein Winter ist – angesichts der Erderwärmung und der vergangenen Jahre – grundsätzlich auch eher zu erwarten. Spannend ist aber, dass das europäische ECMWF-Wettermodell gegenüber der „NOAA“ komplett konträr steht. Die Europäer prognostizieren einen durchschnittlich-temperierten, mitteleuropäischen Winter. Einen einigermaßen durchschnittlichen und kalten Winter hatten wir zuletzt 2012/2013. Ob es weiße Weihnachten gibt oder nicht, lässt sich anhand der grobmaschigen Wettermodelle natürlich noch nicht so weit im Voraus sagen. 

Wintereinbrüche mit Schnee und Frost wird es trotz einem insgesamt zu warmen Winter sicherlich geben.
Wintereinbrüche mit Schnee und Frost wird es trotz einem insgesamt zu warmen Winter sicherlich geben. (Bild: Pixabay)

Ich persönlich rechne mit einem nur leicht zu warmen Winter, der seinem Namen besonders in der ersten Winterhälfte (Anfang Dezember bis Mitte Januar) unter anderem alle Ehre machen kann und wird. Obwohl es im Endeffekt dann doch wieder ein wärmerer Winter wird, erwarte ich mindestens zwei bis drei markante Wintereinbrüche mit Dauerfrost und Schneefällen bis ins Flachland. Danach könnte das Frühjahr vorzeitig den Winter ablösen. 

Ein Update zur Winterprognose machen wir im November erneut. Wie und was denkt ihr über den kommenden Winter? Lasst es mich gerne wissen: [email protected]