Wer um diese Jahreszeit wandern geht, sollte sich südseitige Touren aussuchen, die nicht höher als die Waldgrenze gehen. Wer dennoch einen Dreitausender ins Visier nehmen mag, muss vieles beachten. Experte Stefan Winter gibt Tipps.
Am 1. November ereignete sich ein folgenschweres Lawinenunglück an der Vertainspitze (3.545 m). Aus Sicht des DAV-Experten ist die Zeit zwischen Herbst und Winter für den Bergsport besonders kritisch. Die Bedingungen ändern sich schnell, der Unterschied zwischen den Verhältnissen im Tal und auf dem Berg sind immens und Lawinenlageberichte werden bislang nur für die Schweiz herausgegeben. Stefan Winter ordnet die Gesamtsituation in einem Interview ein:
Stefan, wie sieht die aktuelle Situation in den Bergen aus?
Die aktuellen Bedingungen im Gebirge sind relativ gut und das Hoch hält bis zum 6. November an. Das heißt, die Null-Grad-Grenze steigt an, in einer Höhe von etwa 2.000 m herrschen aktuell null Grad. Wir haben aber auch den Neuschnee, den man berücksichtigen muss. Es liegen alpenweit in den Hochlagen, also über 2.500 Metern Höhe, zwanzig bis achtzig Zentimeter Schnee. Hinzu kommt, dass das Tageslicht kürzer ist, die Hütten geschlossen sind und in der Folge die Tourenplanung einen viel höheren Stellenwert hat als bei schönem Wetter im Hochsommer.
Was hat es mit der Lawinensituation auf sich?
Wir alle haben den Unfall an der Vertainspitze mitbekommen, dort wurde ein Schneebrett ausgelöst. Die Lawinensituation ist momentan schwierig einzuschätzen, denn die Lawinenwarndienste geben noch keinen täglichen Bericht für die Ostalpen heraus. In der Schweiz schaut es anders aus, da kann man auf der Homepage vom SLF nachsehen und die dortige Situation zumindest etwas adaptieren und auf die Ostalpen übertragen. Ansonsten heißt es für Bergsteiger, eigenverantwortlich vor Ort zu entscheiden, ob dort, wo ich unterwegs bin, die Gefahr besteht, eine Lawine auszulösen? Wenn ich mir unsicher bin, sollte ich dieses Gebiet komplett meiden.

Wie kann man sich noch informieren über die aktuellen Bedingungen?
Zum einen über den Reiter „Aktuelle Bedingungen“ auf alpenvereinaktiv.com. Man kann auch Webcams im Internet nutzen und sich ein Bild verschaffen, wie viel Schnee denn tatsächlich schon liegt. Oder versuchen, telefonisch jemanden vor Ort zu erreichen und nachzufragen, ob die gewünschte Tour geht oder man eben warten sollte auf besseres Wetter.
Wer jetzt im Frühwinter zum Wandern geht, braucht auf jeden Fall sehr gutes Schuhwerk, das heißt, ein Schaft muss dabei sein, ein tief eingeschnittenes Profil. Am besten hat man Gamaschen dabei, für den Fall, dass man auf Schnee trifft. Wer weiter oben unterwegs ist, sollte zur Sicherheit noch Grödel (eine einfache Form von Steigeisen) mitnehmen. Stöcke sind auch kein Fehler, um das Gleichgewicht zu unterstützen. Hinzu kommt warme Bekleidung, Mütze, Handschuhe, für die Sicherheit eine Rettungsdecke oder ein Biwaksack und eine Stirnlampe, falls man in die Dunkelheit geraten sollte. Zusätzlich sind ein geladenes Smartphone mit einer Powerbank sinnvoll.
Wo kann man jetzt noch gut zum Wandern in die Berge gehen?
Zu empfehlen sind Touren, die südseitig gelegen sind, nicht höher als die Waldgrenze gehen, vielleicht noch eine geöffnete Hütte aufweisen und kein technisch anspruchsvolles Gelände aufweisen. Je weniger Bäume auf der Tour, umso höher ist die Chance, auf trockenen Wegen unterwegs zu sein. Ansonsten muss man berücksichtigen, dass es im Wald schattig ist und der Weg oftmals nass und mit Laub bedeckt. Manchmal kann man in den Morgenstunden sogar noch auf kleine Eisplatten treffen.
Wer höher hinaus will, also über 2.500 m und vielleicht noch einen Dreitausender ins Visier nehmen mag muss beachten, dass die Gletscher noch nicht komplett mit Schnee bedeckt sind. Das heißt: Es besteht Spaltensturzgefahr und man braucht alpine Erfahrung, alpine Kompetenz (Tipps zum Thema Sicherheit auf Hochtouren), also Fähigkeiten und Fertigkeiten: Wie gehe ich am Seil?, Wie nutze ich Eispickel, Steigeisen, Eisschrauben, um auch mal eine Vorsteigerin zu sichern oder einen Nachsteiger nachzuholen? etc.
Übernachtung in Winterraum kann von Vorteil sein
Wer dieses Können nicht hat, sollte in tieferen Regionen bleiben. Man muss auch bedenken, dass die Hütten schon geschlossen haben, das heißt, wer auf hohe Gipfel steigen will muss vom Tal aus starten, was entsprechend mehr Kondition und Fitness braucht. Oder übernachtet in einem Winterraum einer Alpenvereinshütte, den man dann bitte pfleglich behandelt, womit man sich die Anstiegshöhenmeter doch deutlich verkürzen und so ein Sicherheitspolster schaffen kann.
(Quelle: DAV)