Beobachtung: Zerstören Rabenkrähen absichtlich Autos?

Beobachtung: Zerstören Rabenkrähen absichtlich Autos?
Für den Laien sind die verschiedenen Rabenvögel nicht leicht zu unterscheiden.

Was sagen Experten zu Beobachtungen, von Menschen, die Krähen oder Rabenvögel dabei gesehen haben wollen, Gummidichtungen und Autodächer zu zerstören? Wir haben nachgehakt.

Jeder freut sich im Sommer, wenn er für sein Auto einen schattenspendenden Platz unter einem Baum ergattert. Weniger groß ist die Begeisterung, wenn man beim Zurückkommen feststellt, dass die Dichtungen des Panoramadachs Löcher aufweisen und angefressen wurden. Doch wer war der Übeltäter?

Neulich fiel mir bei einem Spaziergang in Weingarten auf, dass eine Krähe auf dem Dach eines älteren PKWs sitzt und mit kräftigen Schlägen auf die Dichtung des Sonnendachs hackt. Wie in solchen Fällen typisch, lag das Handy zuhause. Ich näherte mich langsam dem Tatort, der schwarze Vogel schaute mir in die Augen und setzte sein Werk ungerührt fort.

Schwarz und frech

Da ich von einem Vogelkenner weit entfernt bin und über den schwarzen Übeltäter mehr wissen wollte, holte ich Erkundigungen beim NABU ein. Die erste Frage von Vogelexperte Dr. Stefan Bosch lautete: Handelte es sich um eine Rabenkrähe, Saatkrähe oder um einen Kolkraben? Das ist vergleichbar wie bei einer Zeugenbefragung beim sonntäglichen Tatort im ARD: Wie sah der Täter aus? Tja, eben wie ein schwarzer Vogel…

Bosch beschäftigt sich seit Jahrzehnten mit Rabenvögeln und hat ein derartiges Verhalten bislang weder beobachten können noch liegen ähnliche Beobachtungen dazu vor. Das gibt’s doch nicht, jetzt habe ich auch noch durch Zufall eine besondere Beobachtung gemacht. Da muss das Internet her. Hier finde ich Meldungen, in denen Betroffene schildern, dass Rabenkrähen des Öfteren Autodächer malträtiert haben.

Was der Vogelexperte dazu sagt:

Man kann über das Verhalten und die Beweggründe nur spekulieren. Grundsätzlich sind Rabenvögel für ihre Intelligenz, ihre Neugier und ihr Explorationsverhalten bekannt. Folgende Erklärungen sind denkbar:

  • Möglicherweise ging es um die Bearbeitung eines Nahrungsstückes auf dem Autodach. Eventuell hat der Vogel eine Nuss oder ähnliches an einer günstigen Stelle des Autodaches eingeklemmt, um es leichter bearbeiten zu können. Krähen nutzen ja auch an Ampelkreuzungen anfahrende Autos, um Walnüsse zu knacken, um sie dann bei der nächsten Rotphase zu holen. Nahrungsbearbeitung wäre auch im Kontext mit dem beschriebenen Baumbestand, unter dem das Auto geparkt war, denkbar und naheliegend.
  • Bei einem Panoramadach halte ich auch ein so genanntes „Spiegelfechten“ für möglich. Vielleicht hat die Krähe ihr Spiegelbild im Glas oder Lack gesehen und mit ihm als vermeintlichem Konkurrenten gekämpft. Dieses Verhalten kommt bei verschiedenen Vogelarten, jedoch eher im Frühling, zur Fortpflanzungszeit, vor.
  • Im Zusammenhang mit der Spiegelung spielt das Neugier- und Explorationsverhalten eine Rolle. Möglicherweise hat der Vogel bei dieser Gelegenheit die Gummis entdeckt und die Neugier hat ihn zur Beschäftigung mit den Autodichtungen getrieben.

Die Interpretation von Tierverhalten ist laut Dr. Stefan Bosch komplex, erfordert exakte Beobachtungen und man sollte gerade bei Einzelfallbeobachtungen – so wie in meinem Fall also – keine voreiligen Schlüsse ziehen. „Leider passiert das bei Rabenvögeln immer wieder schnell.“ Also im Klartext – ohne Foto keine Beweise!

Sicher ist auf alle Fälle, dass sich der Autofahrer ärgert und den Schaden hat. Passend zum Thema schwarze Vögel hat mir eine Freundin erzählt, dass Rabenkrähen an ihrem Haus schon mal die Dichtungen der Fenster kräftig bearbeitet und beschädigt haben. Angeblich passiert das öfters, lese ich beim NABU.

Die Tötung der unliebsamen Gäste ist verboten

Flatterbänder sollen hier helfen. In hartnäckigen Fällen bleibt nur das Anbringen eines festen mechanischen Schutzes mit einem Winkeleisen oder Winkelblech, sodass die Fensterfugen nicht mehr erreichbar sind.
Die Tötung der unliebsamen Vögel ist grundsätzlich verboten. Dazu gibt es hier nähere Informationen.

Sabine Brandt, Leiterin der NABU-Geschäftsstelle Allgäu-Donau-Oberschwaben zu den schwarzen Vögeln: „Krähen sind unglaublich schlau. Delphine, Elefanten, Menschen und Krähen haben ein Selbstbewusstsein im Spiegel. Wenn ein Hund sich mit einem Klecks auf der Nase im Spiegel sieht, versucht er, den Spiegel abzulecken. Die Krähe geht mit dem Flügel über ihren Schnabel. Ich vermute mal, sie haben eine Rabenkrähe auf dem Autodach beobachtet.“

Magisch oder schlechte Vorboten?

Rabenkrähen sind die in Deutschland die am häufigsten vorkommenden Rabenvögel, laut dem LBV. In Deutschland leben zwischen 380.000 bis 480.000 Brutpaare.

Das Verhältnis der Menschen zu Rabenvögeln ist äußerst zwiespältig: In der Antike wurden sie als göttlich und magisch verehrt, im Mittelter glaubten die Menschen, dass sie Vorboten von Tod, Unheil und Pest sind. Was habe ich daraus gelernt? Vielleicht ist es ratsamer, dass eigene Auto lieber in die pralle Sonne, als unter Bäume zu stellen.