Neben Krankenhäusern, Arzt- und Facharztpraxen, Zahnärzten und Apotheken hat sich in der Daseinsversorgung ein weiteres Problem entwickelt.
Die Verfügbarkeit von Pflegeplätzen war schon jahrelang ein Problem, doch jetzt schließen auch noch diese Heime in größerer Zahl. Vermutlich wird dies dazu führen, dass es für pflegebedürftige Personen und deren Angehörigen noch schwieriger wird, einen geeigneten Platz für Unterbringung und Pflege zu ergattern.
Wir fragten bei Christian Krohne (Presse-Referent) vom Verband Deutscher Alten und Behindertenhilfe e.V. (VDAB) nach den Gründen für diese Entwicklung.
Herr Krohne, was sind die Gründe für die hohe Zahle der Schließungen bei Pflegeinrichtungen?
Diese Entwicklung ist in vielen Fällen auf eine Mischung von stark verzögerter Refinanzierung der Kosten und sinkender Auslastung auf Grund des Pflegekräftemangels zurückzuführen.
Wie viele Einrichtungen wurden 2023 und 2024 (Stand heute) geschlossen?
Seit Anfang 2023 sind 1097 Insolvenz- und Schließungsfälle vermerkt worden. Innerhalb des VDAB sind 50 Pflegeeinrichtungen von Insolvenzen und Schließungen betroffen gewesen.
In welchen Bundesländern wurden besonders viele Pflegeeinrichtungen geschlossen?
Besonders viele Schließungen gab es in Nordrhein-Westfalen, Niedersachsen und auch in Baden-Württemberg.
Wie viele Pflegeeinrichtung gibt es bundesweit und in Baden-Württemberg noch?
Bundesweit gibt es ca. 11.600 stationäre Pflegeeinrichtungen. Wichtig ist der perspektivische Bedarf an Pflegeeinrichtungen, denn es droht eine prekäre Lage für die Pflegeunternehmen.
Wie soll die Pflege sichergestellt werden, wenn bereits heute Pflegebedürftige keinen wohnortnahen Platz mehr finden?
Es gibt regionale Unterschiede hinsichtlich der Verfügbarkeit von Pflege. Auch gibt es mit Sicherheit ein Stadt-Land-Gefälle, bei dem die Versorgung nicht gleichmäßig erfolgen kann. Wir müssen lernen, mit weniger an Ressourcen mehr an Versorgung zu leisten. Allerdings ist es nicht so einfach für Pflegeunternehmen, die Ressourcen von heute auf morgen effizienter zu gestalten, denn sie sind gefangen in der Regulierung. In dieser ist etwa ganz genau festgelegt, wie Leistung erbracht werden muss und wo sie zu erfolgen hat – das macht es sehr unflexibel. Aus unserer Sicht muss ein „New Deal“ in der Pflege her.
Welche Maßnahmen müsste die Politik ergreifen, damit sich die Situation wieder verbessert?
Um kurzfristig die Existenz von Pflegeunternehmen zu sichern, muss die Politik aus unserer Sicht vier Sofortmaßnahmen ergreifen:
- Einhaltung von Zahlungsfristen seitens aller Kostenträger ohne Wenn und Aber sowie klare Verzugszinsregelungen bei Verletzung der Pflichten
- Regelung durch den Bundesgesetzgeber, dass Anträge auf Vergütungsvereinbarungen sechs Wochen nach Antragstellung als genehmigt gelten, wenn innerhalb dieser Frist durch Untätigkeit der Kostenträger die Verhandlungen nicht aufgenommen wurden
- Refinanzierung aller Personal- und Sachkosten. Dabei muss das Grundprinzip gelten:
Wen Selbstkostendeckung für die Personalkosten gelten soll, dann auch für alle anderen notwendigen und tatsächlichen Kosten.
- Umsetzung des gesetzlichen Anspruchs von Unternehmen auf die Finanzierung von Wagnis und Gewinn durch die Kostenträger.
Mittelfristig müssen jedoch die aktuellen Strukturen verbessert werden, sonst werden langfristig noch mehr Pflegeeinrichtungen in wirtschaftliche Schwierigkeiten geraten.