Lockdown bis Ende Januar verlängert

Lockdown bis Ende Januar verlängert
Winfried Kretschmann

WOCHENBLATT

Weiter hohe Infektionszahlen und eine Beschleunigung der Ansteckungen durch Mutationen des Corona-Virus machen es unablässig, die Corona-Maßnahmen der vergangenen Wochen zunächst bis Ende Januar zu verlängern und teilweise nachzuschärfen.

Verlängerter Lockdown bis 31. Januar
Verlängerter Lockdown bis 31. Januar

Trotz des Lockdowns im Dezember befinden sich die täglichen Neuinfektionen weiter auf einem hohen Niveau. In Baden-Württemberg liegt die 7-Tage-Inzidenz mit gut 124 immer noch weit über der Zielmarke von 50. Dazu kommt, dass die Zahlen aktuell nur sehr bedingt geeignet sind, das wirkliche Infektionsgeschehen zu Jahresbeginn abzuschätzen.

Aufgrund der zahlreichen Feiertage ist es zu Test- und Meldeverzögerungen gekommen. Die Auswirkungen des Reise- und Besuchsverhaltens an den Feiertagen wird sich erst in den kommenden Tagen in den Zahlen niederschlagen. Daher ist davon auszugehen, dass die Zahlen das wirkliche Geschehen zu gering abbilden. Die Belastung des Gesundheitssystems ist weiter gestiegen.

„Wir alle sind zu Recht mit sehr viel Hoffnung ins neue Jahr gestartet, denn der Beginn der Impfungen gibt uns eine wichtige Perspektive“, sagte Ministerpräsident Winfried Kretschmann nach den Beratungen von Bund und Ländern zur Verlängerung des Lockdowns. „Gleichzeitig müssen wir uns jetzt mit sehr viel Realismus auf den weiteren Weg machen, denn wir sind noch nicht über den Berg.“

Hinzu kommen besorgniserregende Berichte über Mutationen des Coronavirus SARS-CoV-2 wie aktuell aus Großbritannien, Südafrika oder auch Dänemark. Hier zeigt sich, dass neue, deutlich ansteckendere Varianten grassieren. Das bedeutet, dass sich das Virus zunehmend beschleunigend schneller verbreitet. Mit steigenden Infektionen steigen auch die Zahl der schweren und tödlichen Verläufe stark an. Das Gesundheitssystem würde dann noch schneller über seine Belastungsgrenze kommen.

Es liegt noch eine schwierige Strecke vor uns

„Es liegt noch eine schwierige Strecke vor uns, wahrscheinlich die schwierigste der ganzen Pandemie“, so der Ministerpräsident. „Darauf müssen Sie sich einstellen, denn die Rahmenbedingungen bleiben ungünstig. Unser Leben findet weiterhin in den Innenräumen statt. Die Impfungen werden ihre allgemeine Schutzwirkung erst in einigen Monaten entfalten. Wir müssen darauf gefasst sein, dass wir mit einer neuen, aggressiven Virus-Mutation umgehen müssen. Und das medizinische und pflegerische Personal ist inzwischen an seiner Leistungsgrenze. Noch nie waren die Intensivstationen so voll wie in den vergangenen Tagen. Und noch nie sind innerhalb eines Monats so viele Menschen an Corona gestorben wie im letzten Monat.“

Das Ziel der Maßnahmen ist weiterhin die 7-Tage-Inzidenz wieder stabil auf unter 50 zu senken. So können die Gesundheitsämter Infektionsketten wieder nachverfolgen und konsequent Quarantäne für Kontaktpersonen anordnen.

Bei der Beurteilung der Lage der Lage nicht betrachten wir nicht nur die 7-Tage-Inzidenz, sondern weitere wichtige Faktoren wie den Impffortschritt, die Verdoppelungszeit und die Reproduktionswerte.

Unter diesen Voraussetzungen haben sich Bund und Länder heute grundsätzlich auf folgendes geeinigt:

KONTAKTE:
Private Zusammenkünfte sind nur noch im Kreis des eigenen Hausstandes und höchstens mit einer weiteren Person, die nicht zum eigenen Haushalt gehört möglich. Kinder unter 14 werden dabei – anders als in den vergangenen Wochen – mitgezählt.

MOBILITÄT:
In Landkreisen, in denen binnen sieben Tagen mehr als 200 Neuinfektionen pro 100 000 Einwohner gemeldet wurden, sollen sich Menschen ohne triftigen Grund nicht mehr als 15 Kilometer von ihrem Wohnort entfernen dürfen. „Tagestouristische Ausflüge stellen explizit keinen triftigen Grund dar.“ In Baden-Württemberg bleiben die Ausgangsbeschränkungen weiter bestehen.

SCHULEN & KITAS:
Der Betrieb von Kindertageseinrichtungen und Schulen hat eine herausragende Bedeutung für die Bildung der Kinder und der Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Einschränkungen im Schulbetrieb bleiben nicht ohne Folge für die Bildung und die soziale Teilhabe der Kinder und Jugendlichen. Dennoch müssen bei der Abwägung die von den Ländern ergriffenen Maßnahmen auch in diesem Bereich bis Ende Januar verlängert werden. Für Baden-Württemberg bedeutet das: Für alle Schülerinnen und Schüler der weiterführenden Schulen gibt es bis Ende Januar keinen Präsenzunterricht. Für die Abschlussklassen sind Sonderregeln möglich.

Auch in den Grundschulen findet zunächst kein Präsenzunterricht statt. Dort lernen die Kinder mit Materialien. Die Kitas bleiben zunächst geschlossen. Unser Ziel ist es allerdings, Kitas und Grundschulen ab dem 18. Januar wieder zu öffnen. Voraussetzung ist, dass wir kommende Woche Klarheit über die Infektionszahlen haben und es die Pandemieentwicklung zulässt.

BETRIEBSKANTINEN:
Kantinen werden für den Publikumsverkehr geschlossen. Die Ausgabe von Speisen soll ausschließlich für den Verzehr außerhalb der Kantinen-Räumlichkeiten erfolgen, sofern es die betrieblichen Abläufe zulassen.

ARBEITSPLATZ: 
Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber werden dringend gebeten, großzügige Home-Office-Möglichkeiten zu schaffen, um bundesweit den Grundsatz „Wir bleiben zuhause“ umsetzen zu können.

KINDERKRANKENGELD:
Der Bund wird gesetzlich regeln, dass das Kinderkrankengeld im Jahr 2021 für zehn zusätzliche Tage pro Elternteil beziehungsweise 20 Tage bei Alleinerziehenden gewährt wird. Der Anspruch soll auch für die Betreuung der Kinder zuhause gelten, wenn Kitas und Schulen wegen der Pandemie geschlossen sind.

MOBILITÄT:
In Landkreisen mit einer 7-Tage-Inzidenz von mehr als 200 sollen weitere lokale Maßnahmen ergriffen werden. So soll der Bewegungsradius auf 15 Kilometer um den eigenen Wohnort beschränkt werden, sofern kein triftiger Grund vorliegt. Baden-Württemberg plant aktuell das nicht umzusetzen, da das Land die Regelung zunächst auf Umsetz- und Kontrollierbarkeit prüft. 

ALTENPFLEGE: 
Alten- und Pflegeeinrichtungen sind in der Verantwortung die umfassende Umsetzung der Testanordnung des Bundes sicherzustellen. Dazu gehört, dass Bewohnende und Mitarbeitende mehrfach die Woche verpflichtend per Schnelltest getestet werden müssen. Besuchende aus Regionen mit erhöhter Inzidenz müssen vor Betreten der Einrichtung ebenfalls mittels Schnelltest getestet werden. Bund und Länder unterstützen die Einrichtungen dabei organisatorisch stärker. Dies gilt für Einrichtungen der Behindertenhilfe.

EINREISEN:
Bei der Einreise in die Bundesrepublik Deutschland aus einem Risikogebiet soll eine Testpflicht eingeführt werden. Der Test kann 48 Stunden vor der Einreise oder unmittelbar nach der Einreise stattfinden. Die zehntägige Quarantänepflicht bleibt weiterbestehen und kann auch weiterhin erst nach frühestens fünf Tagen mit einem negativen PCR-Test beendet werden.
Den Eintrag von pandemieverschärfenden Mutationen wie die Variante B.1.1.7 aus Großbritannien gilt es möglichst stark einzudämmen. Daher soll auch in Deutschland bei Proben verstärkt das Erbgut des Virus sequenziert werden, um Mutationen zu erkennen und durch priorisierte Nachverfolgung und Quarantäne die Ausbreitung im Keim zu unterbinden. Die Bundespolizei wird bei Einreisen aus Gebieten, in denen solche Mutationen verbreitet sind, die Einhaltung der Einreisebestimmungen verstärkt kontrollieren. Die Länder stellen sicher, dass die Einhaltung der Quarantäne ebenfalls eng kontrolliert wird.

FINANZIELLE UNTERSTÜTZUNG:
Die vollständige Auszahlung der Novemberhilfen beginnt am 10. Januar 2021. Die Anträge für die Dezemberhilfe sind bereits seit Mitte Dezember möglich und erste Abschlagszahlungen wurden bereits angewiesen. Bei der Überbrückungshilfe III sollen Abschlagszahlungen möglich sein. Reguläre Auszahlungen sollen im 1. Quartal 2021 erfolgen.

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Schon kleine Verhaltensänderungen haben große Wirkungen

„Die Folgen der Pandemie lassen sich nur dann beherrschen, wenn die Fallzahlen niedrig sind“, sagte Kretschmann abschließend in seinem Statement. „Darin ist sich die Wissenschaft einig, und darin waren wir uns auch bei unseren Beratungen einig. Dabei kommt es weiterhin auf uns alle an. Je mehr wir uns an die Beschränkungen halten, je weniger Kontakte wir haben, je vorsichtiger wir sind, desto schneller werden die Infektionszahlen sinken, und desto eher können wir mögliche Lockerungen in Betracht ziehen. Schon kleine Verhaltensänderungen haben große Wirkungen. Ob wir unsere Kontakte nur ein wenig oder deutlich reduzieren, entscheidet darüber, ob wir das Ziel niedriger Infektionszahlen in wenigen Wochen oder erst in Monaten erreichen.“

Die heute von Bund und Länder gefassten Grundsatzbeschlüsse werden jetzt in den kommenden Tagen im Detail in die Corona-Verordnungen des Landes Baden-Württemberg eingearbeitet. Darüber wie die einzelnen Punkte in Baden-Württemberg ausgestaltet werden, stimmt sich jetzt der Ministerrat der Landesregierung ab. Die neue Corona-Verordnung soll Ende dieser Woche veröffentlicht werden.

Unabhängig von den heutigen Beschlüssen hat sich Baden-Württemberg entschieden, ab dem 11. Januar 2021 wieder Abholangebote im Handel zu erlauben. Die Corona-Verordnung wird so angepasst, dass der sogenannte „Click&Collect-Service“ wieder möglich ist. Kunden können so im Internet oder per Telefon Ware bei einem Einzelhändler bestellen, einen Abholtermin vereinbaren und die Ware selbst abholen. Baden-Württemberg hatte dies wegen des zu erwartenden großen Andrangs in der Weihnachtszeit untersagt.