Dr. Silke Nowak, Michael Boenke (beide Bad Saulgau) und Uli Herzog (Altshausen) sorgen mit ihren Krimis für Spannung bei ihren Fans. Mit Michael Boenke stellen wir im Interview den ersten der Autoren vor. Seine Krimis, die sich großräumig um das Pfrunger Ried abspielen, haben nicht nur Mord und Todschlag zum Inhalt. Einzelne Figuren der Krimireihe zaubern mit Wortwitz den Lesern regelmäßig ein Schmunzeln ins Gesicht. Sein Hauptdarsteller Daniel Bönle liebt das Leben, die Frauen, frisch gebackenen Leberkäse, kühles Bier, aber auch seine Motorradfreunde und Rock-Musik. Die Mischung der Krimis ist gelungen und sorgt bei den Lesern für einen gewissen Suchtfaktor. Im neuesten Krimi (todsatt) lassen zwei Gastronomen ihr Leben. Dann verschwindet auch noch Schwiegermutter Frieda, ebenfalls Wirtin. Klar, dass nun Bönle mit Hilfe seiner Motorrad-Gang ermittelt.
Herr Boenke, in jungen Jahren waren Sie ein „Freigeist“. Wie hat sich das auf Ihr Studium/die Studienfächer ausgewirkt?
„Waren“? Ich hoffe, ich bin es immer noch. Mein Studium war dadurch strukturiert, dass es unstrukturiert war. Mit jugendlichen Idealen wollte man das universale Wissen aufsaugen und so mäanderte ich durch die unterschiedlichsten Wissenschaften. Über Kunstgeschichte in Heidelberg, Philosophie und Parapsychologie, aber auch Englisch in Freiburg strandete ich letztendlich am Gestade der Theologie und Germanistik in Tübingen. Wobei mich im Gegensatz zu gängigen Vorurteilen die katholische Theologie mit ihrer Weite der Thematik am meisten faszinierte. Aber auch die neuesten Erkenntnisse der Parapsychologie aus meiner Freiburger Zeit konnte ich in meinem späteren Leben als Deutsch- und Religionslehrer in interessanten Einheiten, das Okkulte betreffend, zur Freude der Schüler und Schülerinnen einbringen.
Mit welchen Abschlüssen haben Sie die Universität verlassen?
Im Tübinger Studium lernte ich in „Bibel-Griechisch“ meine Frau kennen, sie hatte eine Idee, und diese Idee, die mir bis dato gänzlich fremd war, hieß „Abschluss“. Da ich zu diesem Zeitpunkt mit dem Studium der Germanistik und Theologie beschäftigt war, schloss ich als Gymnasiallehrer mit dem Staatsexamen in diesen Fächern ab.
Sie sind gebürtiger Oberschwabe, wohin verschlug es Sie beruflich?
Direkt nach dem Studium gab es gymnasial keine Anstellung für meine Fächer, und so scheute ich mich nicht dem Ruf der Berufsschule Riedlingen zu folgen und fing als Deutsch- und Religionslehrer unter Rektor Heinzelmann im bezaubernden Donaustädtchen Riedlingen an. Im Oktober werde ich mit den Alternative-Rockern von „Coleslaw“ ein Experiment wagen: Ried-Rock-Read in Riedlingen. Mehr verrate ich noch nicht.
Sie haben zuerst Schulbücher geschrieben. Wie kam es dazu?
Nach etwa zehn Jahren im Schuldienst in Oberschwaben rief eines Tages Tübingen an, Professor Biesinger, DER führende Religionspädagoge. Ich legte spontan auf, da ich es für einen Kollegen-Scherz hielt. Nach einem zweiten Anruf war es klar, ich arbeitete von nun an unter persönlicher Abordnung der damaligen Kultusministerin Frau Dr. Annette Schavan als Schulbuchautor am Institut für Berufsorientierte Religionspädagogik in Tübingen für Prof. Albert Biesinger. Und das zehn Jahre lang. Ergebnis: Das Standardwerk an Berufsschulen für das Fach Religion in sechs Bänden: „SinnVollSinn“.
Wurde Ihnen die „hohe Theologie“ nicht irgendwann zu fade?
Herr Kohler, Sie scheinen Hellseher zu sein. Tatsächlich, nach Abschluss der sechs Bände und einer Anfrage zur Promotion war es mir zu viel, die Hohe Theologie der Professoren auf die Ebene eines Lehrer-Bandes zu brechen und dies wiederum auf Schülerebene zu transformieren. Ich setzte mich hin und schrieb die ersten Worte meines Erstlingskrimis „Gott´sacker“: „Und die Eingeweide…“
Wohin führte dann Ihr Weg?
Meine Gattin wollte nach einigen Wochen meines heimlichen Schreibens lesen, was ich da so trieb. Ihre Reaktion: „Dah habe ich schon Schlechteres gelesen, ich suche nach einem Verlag!“ Und so kam es, dass Emonds, Piper, aber auch der Gmeiner-Verlag zusagten. Der Gmeiner-Verlag ist in Meßkirch, er war mir sympathisch, kurze Wege, das passte. Und nun ist mein neunter Krimi „todsatt“ bei Gmeiner erschienen.
Spiegeln die Orte des Geschehens und auch die Figuren Ihre Liebe zur Heimat wider?
Ja! Ich liebe die Landschaft Oberschwabens, die sanften Hügel, die riedigen, feuchten Winkel. Die Frühlingswiesen mit den Bettsoichern, aber auch die schaurig-nebligen Herbsttage. Die knauzigen und kantigen Menschen, und so erscheinen sie auch in meinen Krimis.
Der witzige Pfarrer Deo begeistert die Fans der Krimireihe. Gibt es ein Vorbild dafür?
Das gibt es tatsächlich, ein liebenswürdiger Theologie-Student aus meiner Freiburger Zeit, mit dem ich zusammenwohnte. Der in eben diesem Dialekt, wie er in meinen Büchern wiedergegeben wird, sprach und auch mit diesem herrlichen Humor ausgestattet war. Ich habe viel über afrikanisches Brauchtum von ihm gelernt. Leider weiß ich nicht, was aus ihm geworden ist.
Motorräder und Rock-Musik sind Bestandteile der Krimis. Wie sieht es in Ihrem wirklichen Leben damit aus?
Let it rock and let it roll! Ein Tag ohne Heavy Metal-Musik ist ein verschwendeter Tag. Und in meinem Stall stehen fast 300 Pferde in drei Eisen manifestiert. Yeeeah!
Wer eine Figur in der Heimat erfindet, selbst teilweise auch ähnliche Liebschaften hat, gerät in Gefahr, dass die Fiktion der Krimis allzu schnell mit der Realität verwechselt werden. Ist/war dies bei Ihnen auch schon der Fall?
Da gibt es eine schöne, aber reale Anekdote. Da wurde ich tatsächlich von einer besorgt-erzürnten Kämpferin für die Natur beschimpft, dass ich mich rühmen würde, Biber mit meinem Cadillac zu überfahren. Ich schwöre… Ich habe keinen Cadillac!
Leberkäs und ein gutes, regional gebrautes Bier sind die Leidenschaft des „Helden“ Daniel Bönle. Trifft das auch auf Sie zu und was sagt Ihre reale „Cäci“ dazu?
Lieber Herr Kohler, da läuft mir jetzt schon das Wasser im Munde zusammen. Dies ist einer der wenigen Punkte, wo das oft zitierte „Alter Ego“ tatsächlich zutrifft. Trotzdem bin ich auch im Segment der Kulinarik ein Freigeist. Als leidenschaftlicher Hobbykoch liebe ich vor allem die schwäbische Küche. Aber auch die italienische und asiatische Küche sind mir in ihrer fleischlichen und vegetarischen Form vertraut. Meine Cäci gehört Gottseilobunddank der toleranten Gattung ihrer Spezies an und tut es ihrem literarischen Pendant gleich und rümpft bei Eskapaden meinerseits die Nase und tippt sich gegen die Stirn.