Ortschaftrat Bad Waldsee fährt CO2-neutral zu den Montafonern Illkraftwerken

Ortschaftrat Bad Waldsee fährt CO2-neutral zu den Montafonern Illkraftwerken
Regelrecht fasziniert folgte die Haisterkircher Erkundungsgruppe mit einer eindrucksvollen und höchst fachkundigen Präsentation von dem Finanzcontroller über den Bau und die Funktion des Kraftwerks. (Bild: Rosa Eisele)

WOCHENBLATT

Am 17. Juni fuhren Mitglieder des Haisterkircher Ortschaftsrates mit Ortsvorsteherin Rosa Eisele und Mitarbeitern des örtlichen Bauhofs zu einer Erkundung des Kopswerk 2 der Montafoner Illkraftwerke. 

Passend zum Thema „Regenerative Energiegewinnung“ erfolgte die Reise möglichst CO2-neutral komplett mittels öffentlicher Verkehrsmittel. Dabei erwies sich der erst letzten Dezember eingeführte Regiobus R80, welcher ab Bad Waldsee als Schnellbus S30 nach RV durchfährt, als echter Meilenstein was den öffentlichen Verkehr in Haisterkirch anbelangt – er verkehrt selbst am Wochenende von 6.30 bis 23.30 Uhr stündlich. Auch die kurzen Umstiege auf DB, ÖBB in Schrunz und in Bludenz auf den Landbus zum Kraftwerk klappten bei An- wie Rückreise ausnahmslos.

Herr Canal, ehemaliger Ingenieur bei den Illwerken, erläuterte, dass der Bau des Kraftwerks unter Nutzung bereits vorhandener Stauseen mit lediglich 400 Mio. Euro verwirklicht werden konnte. Die Baugenehmigung war an eine erstmals in Vorarlberg zu bestehende Umweltverträglichkeitsprüfung geknüpft, welche über 1.000 Auflagen beim Bau mit sich brachte. Durch eine hydraulische Kopplung kann das Kraftwerk Kops II sowohl bis zu 525 MW Spitzenlaststrom liefern, als auch bei überschüssigem Strom das Wasser vom Auffangbecken in RIFA wieder in die Stauseen hochpumpen.

Dabei leistet das Kraftwerk im europäischen Stromnetz einen wertvollen Beitrag zur Stabilisierung der vor allem auch durch den Zubau von erneuerbaren Energiekraftwerken wie Wind- und Sonnenstrom stark schwankenden Stromproduktion. Täglich werde derzeit bis zu 20 Mal von Stromerzeugung auf Pumpbetrieb umgesteuert. Neben den beachtlichen Leistungszahlen beeindruckte vor allem auch die 88 Meter lange, 60 Meter hohe und 33 Meter breite Kaverne (Maschinenhalle), welche durch Aussprengung von rund 200.000 m³ Fels unterirdisch geschaffen wurde sowie ein Film über die vierjährige Bauzeit des 2008 fertiggestellten Kraftwerks.

Rosa Eisele bedankte sich bei H. Canal mit einem Flyer über den Haistergauer Kapellenweg sowie einigen lokalen Köstlichkeiten.  Zuvor wurden noch Gemeinsamkeiten festgestellt: In beiden Regionen verläuft die europäische Wasserscheide. Anschließend ging es noch auf die Bieler Höhe, wo eine Wanderung um den Silvrettastausee sowie eine gemütliche Einkehr den Tag bei zahlreichen Gesprächen abrundete.

Historisches + Ausblick:

Die Illwerke, heute noch Pionier wie auch nicht wegzudenkender Partner im europäischen Stromnetz, haben ihren Ursprung in Tüftler Friedrich Wilhelm Schindler (*1856 / †1920), Sohn des Textilfabrikanten und Malers Schindler. In Kennelbach bei Bregenz nahm er 1891 in der Nähe der elterlichen Spinnerei ein Wasserkraftwerk in Betrieb und sorgte damit für die Anfänge der Elektrizität in Vorarlberg. Bereits 1893 war es Schindler, der auf der Weltausstellung in Chicago (USA) die erste vollelektrische Küche präsentierte und dafür eine Auszeichnung in Gold sowie ein Ehrendiplom erhielt.

Lünersee, Kopssee, Vermuntstausee und Silvrettasee sind die sichtbarsten Komponenten der Illwerke. Die Leitungssysteme, Turbinen und Generatoren befinden sich überwiegend unter den Felsen des Montafons.

Bereits 1926 wurde eine 220-KV-Fernleitung („Nord-Süd-Leitung“) nach Köln ins Ruhrgebiet errichtet, welche von Bürs im Montafon zum einen über Niederwangen – Grünkraut – Herbertingen, als auch vom Umspannwerk Niederwangen über Wolfegg entlang des Wurzacher Riedes, sozusagen bei uns vorbei, via Dellmensingen bei Ulm nach Norden führt. 1958 wurde auf einer Mastseite die Spannung auf 380 KV erhöht und derzeit läuft ein Genehmigungsverfahren für den Ersatz des noch vorhandenen 220 KV-Kabelsatzes mit 380 KV-Leitungen.

Die Ausbaukosten zwischen Niederwangen und Dellmensingen sind mit 76 Millionen Euro veranschlagt. Der Ausbau soll samt zahlreichen Mastertüchtigungen Ende 2025 fertiggestellt sein (Quelle Netzbetreiber Amprion). Überschüssiger Strom, z. B. auch von den Offshore-Windanlagen in der Nordsee, wird über diese Leitung ins Montafon geliefert, um Wasser mittels der Pumpen der Illwerke in die 4 Stauseen hochzupumpen, also als Wasserkraft gespeichert, welche bei Strombedarf mehrmals täglich wieder abgerufen wird. Dadurch wird die zuverlässige Stromversorgung speziell in Süddeutschland gewährleistet.

Die Illwerke planen derzeit den Bau des Lünerseewerks II mit einer Leistung von 1.000 MW, was in etwa der Leistung eines Kernkraftwerks bzw. der Spitzenleistung von 167 Großwindanlagen zu je 6 MW entspricht. Bis 2038 wird mit der Realisierung gerechnet. Dass Wasserkraftwerke äußerst nachhaltig sind beweist zum Beispiel das ebenfalls zu den Illwerken gehörende Kraftwerk Ebensand an der Dornbirner Ach: An der Maschine, welche noch aus dem Jahr 1897 stammt, musste bisher lediglich ein Laufrad ausgewechselt werden. (Quelle: „Unsere Wasserkraftwerke – Energie für Generationen“)

Im Bild:

Ortsvorsteherin Frau Rosa Eisele, einige Ortschaftsräte und Bauhofmitarbeiter und Herr Helmut Canal (Finanzcontroller bei Bauausführung des 525-MW-Pumpspeicherkraftwerks KOPS II).

(Pressemitteilung: Josef Zell / Stadt Bad Waldsee)