„Die Busse sind los“ oder „Oktoberrevolution in Lindau“ – so titelten verschiedene Medien vor 30 Jahren. Am 24. Oktober 1994 startete ein bemerkenswertes, weltweit viel beachtetes Bus-System in der Inselstadt Lindau. Es fand nicht nur in Deutschland Nachahmer.
Verspätungen und hohe Kosten haben jedoch längst für Diskussionen gesorgt. Am Fortbestand will jedoch niemand rütteln. Besuchergruppen kamen u.a. aus Japan und den USA. Und ihr Urteil war unisono: ein tolles Projekt, das weltweit für Klein- und Mittelstädte Vorbildcharakter hat.
Hohen Stellenwert anerkannt – das Konzept ist nach wie vor hervorragend
Ein 2. Platz beim Preis des Öffentlichen Verkehrs in Europa und einige weitere Auszeichnungen, so auch durch das BR-Umweltmagazin „Unkraut“ unterstreichen die Bedeutung und Wertigkeit des Lindauer Stadtbusses.
Über einen zentralen Umsteigepunkt wird nahezu das gesamte Stadtgebiet mit fünf (ursprünglich vier) Linien im Halbstundentakt erschlossen. Von früh bis spät und auch an den Wochenenden. Der zentrale Umsteigepunkt, im Volksmund ZUP genannt, bietet, zentral in der Anheggerstraße im Herzen Aeschachs gelegen, jede halbe Stunde eine gesicherte Umsteigemöglichkeit in alle Richtungen.
Auch heute, nach exakt 30 Jahren, sind sich die Fachleute einig: Das Stadtbus-Konzept ist nach wie vor hervorragend.
Verspätungen und hohe Kosten sorgen für Probleme
Leider machen dem System längst immer wieder teilweise massive Verspätungen zu schaffen. Der Busfahrplan kommt dann buchstäblich aus dem Takt. Der „Schuldige“ ist schnell ausgemacht: Es ist der stark zugenommene Autoverkehr, der es den Stadtbussen immer schwerer macht, pünktlich zu sein. Die Straßen sind oft verstopft, was ein pünktliches Durchkommen für den türkisen Bus erschwert. Das sorgt für Unmut bei den Fahrgästen und den Verantwortlichen.
Dazu kommen auch noch stark gestiegene Kosten für Personal und Material. Das System ist immer mehr an den Rand der Finanzierbarkeit geraten. Guter Rat ist jetzt teuer.
Symbolische Baumspende durch die Stadtwerke
Gleichwohl haben sich die Lindauer Stadtwerke als Betreiber der beliebten Stadtbusse entschlossen, den Umweltgedanken aufzugreifen und den Garten- und Tiefbaubetrieben Lindau (GTL) 30 junge Bäume zu spenden. Diese sollen in nächster Zeit im gesamten Stadtgebiet gepflanzt werden.
Am Mittwochvormittag fand bei der Lindauer Spielbank in der Oscar-Groll-Anlage symbolisch die feierliche Übergabe eines Baumes (eine Linde) an die Stadt Lindau statt. Oberbürgermeisterin Dr. Claudia Alfons freute sich natürlich über die Spende der Stadtwerke, vertreten durch den Geschäftsführer Hannes Rösch.
Laut Jan Wragge und Markus Steinbeißer von der GTL sollen die jungen Bäume dem Klimawandel Stand halten können.
Weiteres Vorgehen in der Diskussion
In die Freude mischt sich jedoch die Sorge, wie es mit dem Stadtbus weitergehen soll. Unlängst wurde im Lindauer Stadtrat stundenlang über das weitere Vorgehen heftig diskutiert.
Im Grundsatz sollen die Autofahrer über die Parkgebühren stärker an der Finanzierung des Stadtbusses beteiligt werden. Auch eine Verlegung des ZUP an den Bahnhalt Reutin fand eine Mehrheit. Dort soll nach dem Willen und Wunsch des Stadtrates eine sogenannte „Mobilitätsdrehscheibe“ entstehen. Angesichts der extrem hohen Verkehrsbelastung am Berliner Platz scheint dieser Plan eher dem Wunschdenken geschuldet.
Künftig sollen auch verstärkt Elektrobusse zum Einsatz kommen, um die Klimafreundlichkeit noch weiter zu unterstützen.
Wann und wie das alles umgesetzt werden kann und ob das die bekannten Probleme lösen wird, steht jedoch in den Sternen, fehlt es der Stadt doch bekannterweise an den notwendigen Finanzmitteln.
Der Stadtbus soll auch künftig fortbestehen
Am Fortbestand des allseits bekannten und beliebten Stadtbus-Systems hingegen gab es keine Zweifel. Hat es doch in diesen 30 Jahren viele Menschen in der Stadt mobil gemacht. Auch wenn der grundsätzliche Wunsch und Plan der Mitglieder der Projektgruppe, möglichst viele potentielle Automobilisten zum Umstieg auf den Bus zu bewegen, nur teilweise erfüllt wurde.
Die Baumspende der Stadtwerke hat zwar eher symbolischen Charakter. Sie zeigt aber eindrucksvoll, dass die Stadt samt ihrer Werke auch künftig an diesem Erfolgskonzept festhalten will.