Im Riedlinger Gemeinderat gaben am vergangenen Montag die Fraktionen ihre Stellungnahmen zu dem von der Verwaltung eingebrachten Haushalt ab. Die Reden der Freien Wähler, CDU und SPD wurden uns übermittelt und werden im gesamten Wortlaut am Ende des Berichtes angefügt. Im Bericht gehen wir deshalb nur auszugsweise auf die Reden ein.
Die Einschätzungen und Bewertungen des Haushaltes wurden in sachlicher Weise angesprochen, wobei die Fraktionen aber auch durchaus Verbesserungspotential sahen.
Bürgerliste: Umsetzung von Beschlüssen gefordert
Die Bürgerliste zeigte sich nur bedingt zufrieden mit dem vorgelegten Haushalt der Verwaltung. Bemängelt wurde u.a., dass dieses Ergebnis auf den Aufgabenstau zurückzuführen sei. In der Rede wir dies konkretisiert: „Leider müssen wir nachhaltig und mehrjährig feststellen, die 100 Prozent Erfüllungsquote bei den eingestellten und geplanten Vorhaben werden nicht nur ausnahmsweise, zum Teil mehr als deutlich unterschritten. Der Aufgabenerfüllungsgrad bei unseren Projekten variiert zwischen 33 und 45 Prozent, auch schon vor 2023.“ Die Bürgerliste sieht darin eine bedenkliche Hypothek für die Stadtentwicklung.
Mit Blick auf den Ergebnishaushalt befürchtet die Bürgerliste, dass bei einer Erhöhung der Kreisumlage ein Ausgleich nicht mehr möglich sei, was zu einem Nachtragshaushalt führen würde. Die Bewertung der finanziellen Situation der Stadt wurde von der Bürgerleiste zugespitzt formuliert: „Unsere Hosen sind, trotz zurzeit respektabler liquider Eigenmittel, finanziell gesehen, viel kürzer als unser Wunschdenken!“
Kritik wurde an der Wirtschaftsförderung geübt. Statt „Eventmarketing“ solle bei diesem Aufgabengebiet mehr Augenmerk auf die ansässigen Betriebe und Neuansiedlungen gelegt werden.
CDU: Liquidität schmilzt
Die CDU sieht, dass der Haushalt zunehmend durch Umlagen an Land und Kreis bei gleichzeitiger Zuweisung von neuen Pflichtaufgaben belastet wird. Einhergehend wird ein Abschmelzen der Liquiden Mittel festgestellt.
Erfreulich, so die CDU, sei das stabile Ergebnis der Gewerbesteuer. Um die Einkommenssteuer zu stärken, wird von der Fraktion die Förderung von Wohnraum gefordert. Zudem sollten nach den Vorstellungen der CDU die Bedürfnisse der vorhandenen Betriebe/Unternehmen gestärkt werden. Mahnend waren die Worte zur weiteren Entwicklung als Wirtschaftsstandort: „Man wird schließlich keine reiche Kommune, man bleibt kein erfolgreiches Mittelzentrum, wenn man Firmen dazu zwingt, in andere Regionen abzuwandern!“
In der Haushaltsrede verwies die CDU auf zukunftsträchtige Investitionen ab dem laufenden Jahr. Diese umfassen im Hochbau u.a. den Kindergartenbereich, das Ambulante medizinische Dienstleistungszentrum, die städtische Lagerhalle und den Betriebshof sowie Erschließungsmaßnahmen in den Teilorten. Beim Tiefbau sieht die CDU den Breitbandausbau als unverzichtbar an.
SPD: Riedlingen ist zurückgefallen
Kurz und knackig gestaltete die SPD-Fraktion ihre Haushaltsrede. Angesprochen wurde, dass mit 34,5 Millionen ein Haushalt mit dem bisher höchsten Umfang vorgelegt worden sei. Mit Blick in die Zukunft ein richtiger Schritt, so die SPD: „Wir investieren so viel wie noch nie. Und das ist richtig so! Es ist wichtig, dass Riedlingen investiert, auch wenn die Mittel knapp sind.“
Aus Sicht der SPD-Fraktion, ist Riedlingen im Vergleich mit dem Mittelzentrum wie Bad Saulgau oder dem Unterzentrum Mengen gewaltig ins Hintertreffen geraten. Als Folge sei eine bescheidene Gewerbesteuer feststellbar, die in der Höhe nur etwa ein Drittel der Summe von Bad Saulgau ausmache und auch deutlich geringer als in Mengen ausfalle. Angesprochen wurde zudem, dass es in Riedlingen immer weniger gut bezahlte Arbeitsplätze gäbe, was zu negativen Folgen auf den Anteil der Einkommenssteuer führe. Die SPD forderte zudem die Anstrengungen für das Gewerbegebiet Mancherloch zu intensivieren, um Leerstand dort verringern können.
As ein gutes Beispiel für ein zukunftsweisendes Konzept sieht die Fraktion das Radwegekonzept. Aus ihrer Sicht ein Werk mit vielen guten Ideen, das mit Beteiligung der Bürger umgesetzt werden solle.
Fehler der Vergangenheit wiegen schwer – Ein Kommentar –
Es war einmal lautet der Anfangssatz von vielen Märchen und Erzählungen. Daran erinnert einen die Quintessenz der fast 30seitigen Haushaltsreden von Bürgerliste, CDU und SPD, dies auch ohne uns vorliegende Rede der Fraktion „Mut tut gut!
Nein, der Inhalt der Reden ist aktuell, manche Probleme liegen aber weit zurück. So war es Josef Martin (SPD), der Anfang der 2000er Jahre den Begriff Wohnstadt für Riedlingen ins Spiel führte. Diese unselige Aussage benutzte er auch im Mai 2004, bei der Hauptversammlung des damaligen Handels- und Gewerbevereins Riedlingen im Kino. Dafür erntete er deutlichen Widerspruch aus den Reihen der Vorstandschaft. Liest man aufmerksam die aktuellen Haushaltsreden, darf man feststellen, dass Riedlingen auf einem guten Wege ist, tatsächlich zur Wohnstadt zu degenerieren. Dies nicht nur, weil die Stadt mittlerweile u.a. von Bad Saulgau und Mengen bei der Wirtschaftsentwicklung regelrecht abgehängt wurde, sondern auch, weil echte Wirtschaftsförderung bisher ein Fremdwort für Verwaltung und Gemeinderat war.
Wie kann das sein, wo es doch diese Stelle seit Jahren bei der Stadt gibt? Über die Ausrichtung und Befugnisse der bisher dort tätigen Personen ist nichts genaues bekannt. Nur so viel, namhafte Erfolge kann die Wirtschaftsförderung bis heute nicht vorweisen. Stattdessen ist in der Tagespresse u.a. über ein Engagement beim Christkindlesmarkt, der Langen Tafel an der Donau und dem Rot-Weiß Kaffeetreff in der Innenstadt zu lesen. Aktionen, die zwar nett sind, aber keinen einzigen Arbeitsplatz in Riedlingen schaffen oder erhalten. Schön, dass die Fraktionen jetzt Dampf machen, Engagement und Einsatz von dieser Stelle fordern. Die Ausrichtung dieser Stelle muss dringend reformiert und ggf. neu besetzt werden. So wie es bisher läuft, scheint die Stelle zwar kostenträchtig, aber sinnentfremdet tätig zu sein.
Dass die Fraktionen die schleppende Umsetzung beschlossener Maßnahmen kritisieren zeigt, dass auch in der Verwaltung etwas richtig schiefläuft. Wenn immer mehr Beschlüsse gefasst werden, die Umsetzung aber nicht in die Gänge kommt, sitzt man scheinbar auf einem Geldsack, der aber die Realität nicht widerspiegelt. Umsetzungsquoten von unter 50 Prozent zeigen, dass die Verwaltung einen deutlichen Reformbedarf hat.
Dabei will die Stadt doch große Räder drehen. So z.B. Gartenschau 2025 mit einem Kostenaufwand von rund 40 Millionen Euro. Ob dieses Mammutprojekt auch nur einen einzigen Arbeitsplatz schafft, ist fraglich. In Riedlingen fehlen gut bezahlte Arbeitsplätze, dafür werden aber die verpflichtenden Aufgaben mit immer mehr städtischem Personal so weit ausgedehnt, dass die Spielräume für Investitionen immer kleiner werden wird. Ein Teufelskreis, den es zu durchbrechen gilt.
Nicht nachvollziehbar ist die Kritik an der scheinbar zögerlichen Umsetzung des AMD (Ambulant Medizinisches Dienstleistungszentrum). Dort wird bald der Spatenstich erfolgen, die Verzögerungen bis zur Umsetzung haben aber die Verwaltung und der Gemeinderat zu verantworten. Die europaweite Ausschreibung war im Ergebnis buchstäblich für die Katz und kostete nur Zeit, zudem hat die Stadtverwaltung mit ihren Beratern nicht für eine Beschleunigung der Umsetzung gesorgt. Doch wenigstens hier darf man feststellen: Ende gut, alles gut.
Die Haushaltsreden machen Hoffnung, dass die Ratsmitglieder der Verwaltung noch genauer auf die Finger schauen und Druck auf die Umsetzung der Beschlüsse ausüben. Gut so!
Redaktioneller Hinweis Kommentare geben grundsätzlich die Meinung des jeweiligen Autors oder der jeweiligen Autorin wieder und nicht die der Redaktion. |