Kommt nun doch ein Hornbach Compact nach Riedlingen?

Kommt nun doch ein Hornbach Compact nach Riedlingen?
Hornbach will mit einem Compact-Markt den Markt im Raum Riedlingen erobern. (Bild: HORNBACH)

Im Mai ploppte erstmals öffentlich das Thema eines zweiten Baumarktes in Riedlingen auf. Kurz vor dem Jahreswechsel wird das Vorhaben konkreter. Zwar wurde das Thema mittlerweile schon zum zweiten Male von der Tagesordnung des Gemeinderates genommen, doch die endgültige Entscheidung, ob die Firma Hornbach einen Compact-Markt im Gewerbegebiet Mancherloch baut, lässt wohl nicht mehr lange auf sich warten.

Unabhängig davon, hat sich der Baumarkt Selg mit der Hagebau-Gruppe zusammengetan. Der bestehende Markt soll nicht nur eine Fitnesskur für die Zukunft erhalten, sondern auch als inhabergeführter Hagebaumarkt noch attraktiver werden.

Auf Nachfrage gab Bürgermeister Marcus Schafft Einblicke in den derzeitigen Stand der Dinge. Nach seinen Angaben handelt es sich bei der möglichen Ansiedlungsfläche von Hornbach um private Flächen. Die Raumordnung dürfe in Ihrer Beurteilung nicht in den freien Wettbewerb eingreifen.

Schafft stellt klar: „Das besagte Grundstück steht seit 2017 im Eigentum der Fa. Hornbach. Hornbach hat der Stadt aufgezeigt, dass das Format ‚Compactmarkt‘ aus dem Stadium eines Feldversuchs heraus, entwickelt worden ist. Mit dem aus dem Feldversuch heraus entwickelten Konzept ist die Firma Hornbach jetzt im Begriff, sich in die Fläche auszubreiten.“ Das Stadtoberhaupt stellte auch klar, dass der öffentlich angekündigte Relaunch der Fa. Selg als „Hagebaumarkt“ keine Erweiterung darstelle.

Formal alles im grünen Bereich

Zudem liege ein Gutachten der GMA (Gesellschaft für Markt- und Absatzforschung mbH, Ludwigsburg) vor, mit dem die baurechtliche Zulässigkeit des Antrags der Fa. Hornbach bescheinigt wird. Nach Angaben von Schafft hat das Regierungspräsidium Tübingen, dem die Auswirkungsanalyse zur Prüfung vorgelegt wurde, das Ergebnis der GMA-Auswirkungsanalyse bestätigt.

Auch zum Bebauungsplan bezog Schafft Stellung: „Die Stadt hat grundsätzlich nicht die Pflicht den Bebauungsplan für das Hornbach-Grundstück auf Sondergebiet zu ändern. Die Stadt Riedlingen hat aber die Pflicht über den Antrag der Firma Hornbach auf Änderung des Bebauungsplans zu entscheiden.

Bürgermeister Marcus Schafft sieht die Voraussetzungen für eine Ansiedlung von Hornbach als gegeben an.
Bürgermeister Marcus Schafft sieht die Voraussetzungen für eine Ansiedlung von Hornbach als gegeben an. (Bild: MK)

Dass es in Biberach, Ehingen, Sigmaringen und Bad Saulgau jeweils nur einen Baumarkt gibt, sieht Schafft entspannt: „Die Stadt Riedlingen hat eine herausgehobene Kaufkraftbindung, gerade aus dem Mancherloch. Übrigens mit einem Einzugsgebiet für den Handel von über 50.000 Einwohner. Die GMA unterstellt lt. Sitzungsvorlagen einen Kaufkraftabfluss von 20 Prozent vom bisherigen Baumarkt zu Hornbach.“ Schafft überlässt aber dem Gemeinderat die Entscheidung: „Diesem öffentlichen Votum will ich nicht vorzugreifen.“

Kaufkraft ein entscheidender Faktor

Christoph Selg, Chef des bestehenden Baumarktes, sieht die Bemühungen von Hornbach verständlicherweise aus einer anderen Perspektive. Die Frage, ob nach der Ertüchtigung seines bisherigen Marktes zum Hagebaumarkt, für einen Mitbewerber tatsächlich der von der GMA prognostizierten Kaufkraftabfluss erzielbar ist, beantwortet Selg gelassen: „Falls Hornbach ansiedelt, wird es selbstverständlich zu spürbaren Umsatzverlagerungen kommen. Die genaue Zahl ist von vielen verschiedenen Faktoren abhängig. Grundsätzlich sehe ich es aber so, unabhängig davon, wie ich oder Hornbach dann am Markt auftreten, dass für zwei Märkte dieser Ausprägung am Standort Riedlingen, keine wirtschaftliche Basis gegeben ist.“

„Wir haben in Riedlingen zwar eine außergewöhnlich hohe Kaufkraftbindung. Gleichzeitig dürfen wir diese nicht zu optimistisch interpretieren. Mit einem Kaufkraftvolumen für Riedlingen, von insgesamt ca. 95 Millionen Euro, liegen wir deutlich hinter Städten wie Sigmaringen, Saulgau oder Ehingen, erst recht Biberach, die alle deutlich über 100 Millionen Euro liegen. Das heißt, der Flächenansiedlung für großflächigen Einzelhandel, sind in Riedlingen klare wirtschaftliche Grenzen gesetzt. Egal wie wir oder Hornbach uns aufstellen, bei einer zu hohen Wettbewerbsdichte wird die wirtschaftliche Basis für jeden Marktteilnehmer zu gering sein. Im Extremfall könnte es passieren, dass am Ende keiner der Wettbewerber mehr da sein wird“, so Selg weiter.

Christoph Selg steuert unter dem Dach von Hagebau den Baumarkt in die Zukunft.
Christoph Selg steuert unter dem Dach von Hagebau den Baumarkt in die Zukunft. (Bild: MK)

Wegen der ohnehin schon hohen Kaufkraftbindung in Riedlingen, glaubt Selg nicht daran, dass diese noch nennenswert zu steigern ist: „So sehr man sich auch mehr Wettbewerb, mehr Vielfalt usw. wünscht, dafür ist das Marktgebiet einfach zu klein. Man kann es drehen und wenden, wie man will, die im Marktgebiet vorhandene Kaufkraft lässt sich nicht beliebig steigern. Hornbach und Hagebau sind auf jeden Fall starke Marken. Sie sind am Ende aber nicht stark genug, die Kaufkraftverteilung in der Region so grundsätzlich zu verändern, dass hier eine auskömmliche Basis für beide Anbieter entstehen würde. Es würde eine Wettbewerbssituation entstehen, unter der beide Anbieter zu leiden hätten, an deren Ende auch kein positiver Nutzen für den Endverbraucher stattfinden kann.“

Mit seinem Partner Hagebau steuert Selg gegenüber dem jetzigen Marktauftritt eine deutliche Aufwertung und auch eine größere Attraktivität gegenüber der jetzigen Situation an. Er ist überzeugt, dass dies dem Einzelhandelsstandort und auch dem Handelsstandort Riedlingen zugutekommt. Aktuell feilen Hagebau und Selg an einem schlagkräftigen Konzept.

Der Unterschied liegt im Betreiberkonzept

Auf den ersten Blick ist kein Unterschied zwischen Hagebau und Hornbach erkennbar. Beide Unternehmen sind leistungsfähige Anbieter im Sortimentsbereich Bauen-Heimwerken-Garten, und gehören zu den TOP 5 in der deutschen Heimwerkerbranche. Bei genauerer Betrachtung stellt sich

Hornbach als ein Unternehmen mit Konzernstrukturen dar, während die Hagebau ein Zusammenschluss von selbständigen Unternehmern ist. Hagebau hat bereits Erfahrung im Betrieb von kleineren Flächen, mit „Hornbach Compact“, will sich Hornbach in diesem Marktsegment jetzt ebenfalls etablieren. Diesen Markterfahrungsvorteil sieht Selg auch für die Segmente Garten und Baustoffe, betont aber: „Mir ist wichtig, dass jetzt nicht der Eindruck entsteht, ich würde die Qualität von Hornbach schlecht reden wollen. Hornbach ist ein sehr gut aufgestellter und leistungsfähiger Anbieter in den Segmenten Bauen-Heimwerken-Garten, der sehr erfolgreich großflächige Baumärkte in Deutschland betreibt.“

Einen großen Vorteil von Hagebau sieht Selg in der Betreiberstruktur: „Hier sind selbständige Unternehmer, die sich zusammengetan haben, um durch gemeinsames Handeln möglichst erfolgreich am Markt zu operieren, in der Summe also 355 Unternehmer vor Ort. Alle mit einer lokalen Verwurzelung und einem hohen Maß an Verbundenheit mit ihren jeweiligen Heimatstandorten.“

Kommentar

Schwarzer Peter für den Gemeinderat

Sieh einer an, Riedlingens Bürgermeister Marcus Schafft hat aus seinem Debakel im Frühjahr die richtigen Schlüsse gezogen. Damals wollte er noch die Bürger*innen über seine Facebook-Seite abstimmen lassen, ob diese einen zweiten Baumarkt in Riedlingen wollen. Jetzt gibt er sich generös und teilt mit, dass er diese Entscheidung dem Gemeinderat überlasse. Das ist nach dem Debakel allerdings auch das Mindeste, was er an Respekt dem Rat gegenüber aufbringen sollte.

Die Frage, ob es zwei Baummärkte in Riedlingen braucht, beide wirtschaftlich überleben können, darf nun der Rat der Stadt entscheiden. Keine leichte Aufgabe, angesichts dessen, dass die GMA mit ihrem Gutachten den Weg für eine Genehmigung geebnet hat. Quasi vom Feldherrnhügel aus, prognostizieren sie einen Kaufkraftabfluss von 20 Prozent, die zu Lasten des bestehenden Baumarktes gehen. Das war aber wohl die Prognose und Einschätzung vor dem unternehmerisch klugen Schachzug, den bisherigen Baumarkt unter das Dach der Hagebau-Gruppe zu führen. Das GMA-Gutachten müsste nun eigentlich mit einem Update versehen werden, denn die Karten sind völlig neu gemischt worden.

Der Gemeinderat hat nun wahrlich keine leichte Aufgabe. Recht viele Faktoren sind bei dieser Entscheidung zu berücksichtigen. So z. B., ob die Kaufkraft im Einzugsgebiet der Donaustadt tatsächlich ausreicht, um zwei Baumärkte wirtschaftlich betreiben zu können? Zu hoffen, dass die Kaufkraftströme aus der Raumschaft Riedlingen nach Ehingen, Biberach, Bad Saulgau und Sigmaringen umzukehren sind, wären blauäugig. Es tritt bestenfalls das ein, was Fachleute als Kannibalisierung des Handels bezeichnen. Demnach kennt die Flucht nach immer mehr Verkaufsfläche keine Gewinner, nur Verlierer. Wer es bezweifeln mag, der sollte seien Blick nach Ulm und Neu-Ulm richten. Dort haben die großen Shopping-Center immer mehr Probleme, ihre Flächen zu füllen. Hilft das dem Innenstadthandel in den beiden Donaustädten? Mitnichten! Mittlerweile haben auch die Ulmer und Neu-Ulmer zur Kenntnis nehmen müssen, dass sich Kaufkraft nicht unendlich ausweiten lässt.

In Riedlingen ist die Kaufkraftbindung kaum noch zu steigern, sie ist im Bereich der IHK Ulm bereits an der Spitze. Woher sollen also die Zuwächse für den rentablen Betrieb eines zweiten Baumarktes kommen? Diese sind nicht absehbar, dass mindestens einer der Märkte den Kampf um den Umsatz verliert, dagegen sicher. Die Entscheidung pro Hornbach wäre vertretbar, könnte aber zum Pyrrhus-Sieg werden, wenn nach einiger Zeit beide Kontrahenten mangels ausreichender Umsätze das Handtuch werfen. Verständlich, dass Marcus Schafft sich bei dieser Konstellation vornehm zurückhält. Den Schwarzen Peter haben nun die Räte in der Hand.