Wahlen zum Europa-Parlament Die Reaktionen der Bundestagsabgeordneten

Die Reaktionen der Bundestagsabgeordneten
Der AfD-Erfolg bei der Europawahl sorgt bei Martin Gerster (SPD), Dr. Anja Reinalter (Bündnis 90/Die Grünen) und Josef Rief (CDU) für Alarmstimmung. (Bild: picture alliance/dpa | Bernd von Jutrczenka // picture alliance / Eibner-Pressefoto | EIBNER/DROFITSCH // picture alliance/dpa | Jörg Carstensen)

Bei den Wahlen zum Europäischen Parlament mussten die etablierten Parteien teils heftige Verluste einstecken. Einzig die CDU/CSU konnten ihren Stimmenanteil gegenüber 2019 leicht ausbauen. Gewinner waren die AfD und das Bündnis Sarah Wagenknecht (BSW). Wir fragten bei den Abgeordneten der Region nach, wie Sie den Wahlausgang bewerten.

Dr. Anja Reinalter (Bündnis 90/Die Grünen): „Die AfD stellt unsere Demokratie in Frage“

Die Bundestagsabgeordnete Reinalter (Bündnis 90/Die Grünen) ist wegen des Ergebnisses der AfD sichtlich angefasst: „Zunächst einmal gratulieren wir der Union zu diesem Wahlergebnis. Doch sind die Ergebnisse der gestrigen Wahl für alle Demokratinnen und Demokraten mehr als besorgniserregend. Die AfD stellt unsere Demokratie offen in Frage, hetzt und gefährdet mit ihrer europafeindlichen Politik unseren Wohlstand und unsere wirtschaftliche Stabilität. Dass diese Partei, besonders auch bei so vielen jungen Wählerinnen und Wählern, dennoch so viel Zuspruch erhalten hat, ist beklemmend.“

Reinalter sieht, dass das Stimmungsbild im Land deutlich aufzeigt, dass sich einiges ändern muss: „Mit unserem Wahlergebnis können wir nicht zufrieden sein, da es nicht dem entspricht, wofür wir angetreten sind. Es ist unsere Verantwortung, diese Besorgnis ernst zu nehmen und Maßnahmen zu ergreifen, um das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger zurückzugewinnen.“

Martin Gerster SPD: „Ich hoffe, dass das Wahlergebnis die Menschen aufrüttelt“

Martin Gerster (SPD) will das Ergebnis seiner Partei erst gar nicht schönreden: „Das Wahlergebnis ist bitter für die SPD. Der Wahlkampf war geprägt von einer aufgeheizten Stimmung. Beschmierte Plakate, Angriffe auf Kandidierende und Ehrenamtliche. Ich bin sehr dankbar für alle, die sich trotzdem für demokratische Parteien engagiert haben und engagieren. Wir Demokratinnen und Demokraten dürfen uns nicht unterkriegen lassen.“

Er empfindet es doppelt frustrierend, dass gerade die Parteien der Ampel-Koalition deutliche Einbußen hinnehmen mussten: „Das dürfen wir nicht übersehen, sondern müssen Lehren daraus ziehen. Wir müssen uns selbstkritisch fragen, was besser werden muss. Einige Dinge müssen sich ändern, wenn wir die Wählerinnen und Wähler wieder erfolgreicher ansprechen und von uns überzeugen wollen. Das Ergebnis der Europawahl werden wir uns ganz genau anschauen und intensiv miteinander besprechen.“

Gerster ist überzeugt, dass sich die SPD sich nicht länger in dauernde Kleinkriege ziehen lassen darf, die alle Leistungen der Bundesregierung überschatten. Er fordert dazu auf, den Führungsanspruch in der Bundesregierung klarzumachen: „Wir müssen deutlicher zu der Politik stehen, die wir machen und die jetzt gemacht werden muss für Deutschland. Die SPD hat aber auch Grund zur Freude: In Riedlingen haben wir für den Gemeinderat wieder eine eigene Liste aufgestellt und ziehen mit vier Sitzen wieder in den Gemeinderat ein. Und, die SPD Baden-Württemberg wird künftig mit René Repasi und Vivien Costanzo mit zwei Abgeordneten im Europäischen Parlament vertreten sein.“

Sehr kritisch sieht er das Ergebnis der AfD: „Rund 16 Prozent für eine zumindest in Teilen gesichert rechtsextreme Partei sind 16 Prozent zu viel. Ich hoffe, dass das Ergebnis der Europawahl jetzt viele Menschen wachrüttelt. Es geht um nicht weniger als um unsere Demokratie und unsere offene Gesellschaft, die wir gemeinsam verteidigen müssen gegen die Feinde der Demokratie. Zwar hat die AfD bis vor kurzem noch von 30 Prozent geträumt und hat sich ihr Ergebnis nach den Enthüllungen über ihre Deportationspläne und dubiose Geldzahlungen aus dunklen Quellen fast halbiert, aber das Ergebnis ist kein Grund für eine Entwarnung. Ganz im Gegenteil.“

Josef Rief (CDU): „Wir müssen unsere eigenen Positionen noch deutlicher machen“

Kurz und knapp bringt Rief seine Einschätzung auf den Punkt: „Das Frustrationspotenzial in der Gesellschaft über diese Regierung wird immer größer. Kein Wunder, dass deshalb zu viele Wähler ihre Stimmen an die extremen Parteien gegeben haben.“ Er appelliert aber auch an die eigenen Reihen: „Wir müssen als Opposition unsere eigenen Positionen noch deutlicher machen.“