Wiederbelebung in Zeiten von Corona

Wiederbelebung in Zeiten von Corona
Matthias Petscher, Ärztlicher Leiter der Zentralen Notaufnahme im Biberacher Sana Klinikum. (Bild: Sana Kliniken Landkreis Biberach GmbH)

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Erste Hilfe mit Eigenschutz


Biberach –
Wenn das Herz stillsteht, muss rasch gehandelt werden. Erste Hilfe zu leisten ist jedoch schon unter „Normalbedingungen“ nicht für jedermann ganz einfach; aktuell verstärkt die Corona-Pandemie die oftmals vorhandene Unsicherheit noch weiter. Dabei gibt es Möglichkeiten zu helfen, ohne sich selbst zu gefährden. Nach wie vor gilt hier der Grundsatz: „Prüfen – Rufen – Drücken“

Mindestens 50.000 Menschen in Deutschland erleiden jedes Jahr außerhalb eines Krankenhauses unerwartet einen Herzstillstand. Für eine erfolgreiche Wiederbelebung bleiben danach oft nur wenige Minuten. Leider machten Statistiken schon in Zeiten vor Corona deutlich, dass in Notfallsituationen noch immer zu wenig Menschen reagieren und Erste Hilfe leisten. Aktuell beobachten Notfallmediziner sogar noch einen Anstieg an Herz-Kreislauf-Stillständen. Ursächlich dafür scheint die anhaltende Corona-Pandemie zu sein. So wird derzeit bei akuten Beschwerden oftmals zu spät medizinische Hilfe in Anspruch genommen, gleichzeitig scheint die Hilfsbereitschaft innerhalb der Bevölkerung zu sinken. Viele befürchten, sich bei den Wiederbelebungsmaßnahmen mit dem Coronavirus zu infizieren. Anlässlich der diesjährigen „Woche der Wiederbelebung“ vom 14. bis 20. September möchten die Sana Kliniken im Landkreis Biberach daher für dieses wichtige Thema sensibilisieren und der Bevölkerung gleichzeitig die Schritte, mit denen jeder Leben retten und sich gleichzeitig selbst schützen kann, nochmals mit „an die Hand geben“.

„Bitte keine falschen Hemmungen“, appelliert Matthias Petscher, Ärztlicher Leiter der Zentralen Notaufnahme im Biberacher Sana Klinikum. „Mit jeder Minute, in der das Herz still steht, sinken die Überlebenschancen. Daher sollte auch in Zeiten von Corona die Hilfsbereitschaft nicht nachlassen.“ Weiterhin Gültigkeit hat bei der Ersten Hilfe auch aktuell die bewährte Formel „Prüfen – Rufen – Drücken“ – allerdings unter Beachtung des Eigenschutzes. „Im ersten Schritt muss also geprüft werden, ob die Person bei Bewusstsein ist und noch atmet. Hat man sich dafür früher noch nah zum Gesicht gebeugt, sollte man sich nun auf die Beobachtung des Brustkorbes nach Überstrecken des Nackens mit Anheben des Kinns konzentrieren“, erklärt der Notfallmediziner. Dabei gilt zu beachten: „Wenn die Person nicht reagiert und keine Brustkorbbewegung erkennbar ist, ist davon auszugehen, dass der Betroffene nicht atmet. Röcheln oder auch Schnappatmung gelten nicht als normale Atmung, sondern können ebenfalls bei einem Herzstillstand auftreten.“ Im nächsten Schritt wird ein Notruf unter der 112 abgesetzt. Dabei ist es wichtig, den genauen Standort durchzugeben und der Leitstelle kurz und präzise die Situation zu schilden. Sobald der Rettungsdienst verständigt ist, wird im nächsten Schritt unverzüglich mit der Herzdruckmassage begonnen. Falls zur Hand idealerweise mit eigenem Mundschutz und ohne Mund-zu-Mund-Beatmung. Vorher empfiehlt sich zusätzlich die Bedeckung von Mund und Nase der Person mit einem Tuch oder Kleidungsstück. „Eine Atemspende ist nicht zwingend erforderlich; die konsequent und ohne Unterbrechung durchgeführte Herzdruckmassage ist entscheidend“, so Petscher. Dabei gilt, fünf bis sechs Zentimeter tief auf die Mitte des Brustkorbs zu drücken und das etwas 100 Mal pro Minute bis zum Eintreffen des Rettungsdienstes. „Auf diese Weise kann mit einfachen Schritten Leben gerettet und gleichzeitig die eigenen Gesundheit ausreichend geschützt werden. Wenn Umstehende bei einem plötzlichen Kreislaufstillstand sofort mit Wiederbelebungsmaßnahmen beginnen, verdreifacht sich die Überlebenschance.“