Immobilienfinanzierung im Wandel: Neue und alternative Kapitalmodelle

Immobilienfinanzierung im Wandel: Neue und alternative Kapitalmodelle
Gewerbliche Immobilienprojekte haben nach wie vor einen gigantischen Finanzierungsbedarf. Banken treten jedoch aus regulatorischen Gründen immer mehr in den Hintergrund. (Bild: stock.adobe.com ©Jarama)

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Die Finanzierung von Immobilien, insbesondere solche gewerblicher Natur, vollzieht gerade einen starken Wandel. Während klassische Finanzierungsmethoden rückläufig sind, kommen immer mehr alternative Herangehensweisen auf und etablieren sich – auch bei Projekten bei uns in der Region.

Gründe für den Paradigmenwechsel

Auch Unternehmen müssen Immobilien finanzieren. Bis vor wenigen Jahren liefen die Finanzierungen bei derart gewerblichem Bedarf meist ganz ähnlich ab, wie es im Privatbereich üblich ist: Man prüfte das vorhandene Eigenkapital, ermittelte den Finanzierungsbedarf und suchte sich dann ein herkömmliches Kreditinstitut.

Vor allem letzteres hat sich teils deutlich gewandelt. Die Gründe dafür:

  • Institute, die dem Bankenrecht unterliegen, können längst nicht mehr so freigiebig Kredite vergeben, wie es ehedem möglich war. Vor allem die jüngsten Ausprägungen der sogenannten Basel-Regularien schreiben ihnen eine deutlich umfassendere Risikoanalyse und erheblich größere Eigenkapitalmengen vor. Das führt zu einer Situation, in der Banken oftmals nur deshalb keine Kredite vergeben können, weil sie nicht mehr Eigenkapital zur Deckung besitzen. Gerade Institute, die auch private Immobilienfinanzierungen anbieten, sind durch den Bau-Boom davon betroffen.

  • Die Wertermittlung von Gewerbeimmobilien erfolgt völlig anders als bei privaten Bauten. Bei Ersteren wird typischerweise das sogenannte Ertragswertverfahren angewandt. Dies ist deutlich komplexer und macht klassische Finanzierungen noch schwieriger, da viele Banken hierbei ein zu großes Risiko errechnen.

  • Ausgelöst durch diese Lage und die Pandemie haben überdies viele Kreditinstitute ihre Aktivitäten in Sachen gewerbliche Immobilienfinanzierung zusätzlich reduziert.

Unlängst wurde es deshalb für viele gewerbliche Immobilienprojekte immer schwieriger, die nötigen Mittel zu bekommen – selbst dann, wenn kein ungewöhnliches Risiko bestand.

Diese Situation traf auf einen Kontinent, in dem die Zinsen seit Jahren bereits den Nullpunkt erreicht hatten. Sie zwangen dementsprechend die Anleger ebenfalls, sich neue Wege zu suchen, um ihre Gelder zu vermehren oder wenigstens die Kaufkraft gegenüber der Inflation zu behaupten.

In diesem Klima wurden alternative Kapitalmodelle attraktiv. Teilweise völlig neuer Natur, teils durch die aktuelle Situation wiederbelebt, teils aber ebenso aus anderen Ländern kopiert. Immer jedoch mit einer Gemeinsamkeit: Flexibler, deutlich leichter zu erhalten und nicht dem von vielen als zu starr und überreguliert angesehenen Bankenrecht unterworfen.

Mezzanine-Kapital

Die mit Abstand wichtigste Spielart derart alternativer Finanzierungen dürfte Mezzanine-Kapital sein. Zur Verfügung gestellt durch spezielle Akteure im Bereich Equity und Debt handelt es sich bei dieser Finanzierung um eine Mischform:

  • Als Equity-Mezzanine werden die Mittel in einer Form vergeben, durch die sie im empfangenden Unternehmen Eigenkapital ähneln – mit allen Vorteilen nicht zuletzt für den Erhalt weiterer Mittel.

  • Als Debt-Mezzanine hingegen ähnelt die Finanzierung einem klassischen Darlehen mit Fremdkapital.

Der bedeutendste Grund für den Erfolg von Mezzanine-Kapital bei gewerblichen Immobilienfinanzierungen ist seine enorme Wandlungsfähigkeit. Innerhalb der genannten Varianten ist das meiste eine Sache der individuellen Vertragsgestaltung. Tatsächlich könnte sogar zwischen Equity- und Debt-Mezzanine gemischt werden.

Interessant ist das nicht zuletzt, um die Vorgaben klassischer Banken zu erfüllen. Hier wird dann mit Equity-Mezzanine die offizielle Eigenkapitalquote erhöht, wodurch klassische Finanzierungen als Ergänzung überhaupt erst möglich oder sogar günstiger werden.

Durch die große Flexibilität bei der vertraglichen Ausgestaltung eignet sich Mezzanine-Kapital für eine sehr breite Basis unterschiedlichster Immobilien (Bild: stock.adobe.com©Natee Meepian)
Durch die große Flexibilität bei der vertraglichen Ausgestaltung eignet sich Mezzanine-Kapital für eine sehr breite Basis unterschiedlichster Immobilien (Bild: stock.adobe.com ©Natee Meepian)

Crowdfunding bzw. -investing

Es mag schwer vorstellbar sein. Doch das, was im gewerblichen Bereich noch vor einigen Jahren nur dazu dienen konnte, die Ideen kleinster Start-Ups mit Startkapital zu versorgen, hat sich mittlerweile zu einer ernstzunehmenden alternativen Finanzierungsform entwickelt – von der die Immobilienfinanzierung explizit nicht ausgenommen ist.

Das Prinzip ist immer gleich:

  1. Ein Unternehmen plant das Projekt, in diesem Fall Kauf oder Errichtung einer Immobilie, und erstellt ein Exposé.

  2. Dieses Projekt wird auf speziellen Plattformen der Öffentlichkeit präsentiert. Mittlerweile existieren hier zahlreiche Sites speziell für Immobilien.

  3. Der „Schwarm“ der Investoren entscheidet, ob und wie viel er gibt.

  4. Wie der Rückfluss der Investitionen gestaltet wird, wird meist ebenfalls in der Anzeige offengelegt.

Erneut kann das empfangende Unternehmen diese Mittel als Eigenkapital buchen und somit sein Standing verbessern. Der einzige echte Nachteil dieser Herangehensweise? Man bewirbt sich und sein Projekt auf einer gemeinsamen Plattform mit zahlreichen Konkurrenten.

Ob die anvisierten Summen zusammenkommen, ist völlig offen – und nicht selten von einem hohen emotionalen Anteil seitens der potenziellen Geldgeber geprägt. Anders formuliert: Mittel für – etwa – einen Firmenkindergarten dürften sich leichter auf diesem Weg bekommen lassen als solche für eine neue Büroimmobilie.

Peer-to-Peer-, respektive Marketplace-Kredite

Wenn ein herkömmliches Kreditinstitut Geld verleiht, dann könnte man es strenggenommen nur als Vermittler betrachten: Die dafür herangezogenen Gelder entstammen schließlich zu einem erheblichen Teil den Einlagen der Sparer bei dieser Bank.

Wer dieses Prinzip versteht, der begreift ebenfalls, worum es bei Peer-to-Peer-Krediten (oft abgekürzt als P2P Lending) geht: Diejenigen, die Geld verleihen möchten und diejenigen, die einen Kredit benötigen, kommen direkt auf einer Plattform zusammen – ohne Mittelsmann.

Ähnlich wie beim Crowdfunding bzw. -investing wurde diese alternative Finanzierung erst durch das Aufkommen des Internets möglich. Allerdings unterscheidet sich P2P Lending an einigen Stellen fundamental von den Crowd-Finanzierungen:

  1. Es handelt sich immer um Kredite, also bilanziell um Fremdkapital.

  2. Auf den Plattformen präsentieren sich nicht die Finanzierungssuchenden, sondern die Anbieter.

Hierbei sei jedoch unterstrichen, dass P2P-Lending eher als Begriff für Kredite zwischen Privatpersonen genutzt wird. Geht es um ein ähnliches Prinzip bei gewerblichen Krediten, spricht man häufiger von Marketplace-Lending – selbst, wenn dahinter ein nahezu deckungsgleiches Grundprinzip steht. Ein Grund dafür ist der stärkere Anteil von institutionellen Anlegern statt Peers, also Privatpersonen.

Erneut haben sich hier in jüngster Zeit ebenfalls Portale speziell für die Finanzierung von Immobilien etabliert. In Deutschland allerdings ist die Zahl von Plattformen speziell für den gewerblichen Bereich jedoch noch überschaubar – wobei Experten von einem ähnlichen Wachstum wie in anderen Ländern ausgehen.

Die aktuelle Lage ist auch ein Spiegel dafür, wie sehr Investoren in einer Zeit endloser Niedrigzinsen weiterhin auf das Thema Immobilien vertrauen. (Bild: stock.adobe.com©Panumas)
Die aktuelle Lage ist auch ein Spiegel dafür, wie sehr Investoren in einer Zeit endloser Niedrigzinsen weiterhin auf das Thema Immobilien vertrauen. (Bild: stock.adobe.com ©Panumas)

Kreditfonds

Wie viele Milliarden Euros an Zinsen den Banken entgeht, weil sie aufgrund der Regularien ihre Mittel nicht so verleihen können, wie sie es vielleicht gerne möchten, lässt sich nur erahnen. Wie groß die Lücke ist, die sich hierbei neuerdings aufgetan hat, lässt sich daran ablesen, in welchem Maß große Versicherungsunternehmen allein in den jüngsten Jahren Kreditfonds eröffneten.

Diese sind vielfach speziell auf die Notwendigkeiten der gewerblichen Immobilienfinanzierung im mittelständischen Segment zurechtgeschnitten – mit typischen Volumina bis in den mittleren zweistelligen Millionenbereich.

Das grundsätzliche Prinzip ähnelt demjenigen der Investition durch andere Fonds, bloß in diesem Fall in gewerbliche Immobilien. Doch selbst wenn der Trend bereits jetzt sehr stark ist, so sehen Experten in ihm lediglich eine „Ruhe vor dem Sturm“. Denn 2023 werden im europäischen Raum noch strengere Bankenregeln in Kraft treten. Diese sind zudem speziell auf das Thema Immobilienfinanzierung ausgerichtet – wodurch die Finanzierungsmöglichkeiten durch die klassischen Kreditinstitute erwartungsgemäß noch weiter zurückgehen werden.

Zusammengefasst

Des einen Leid ist des anderen Freud: so könnte die derzeitige Situation auf dem markt der gewerblichen Immobilienfinanzierung umschrieben werden; ganz besonders im Bereich der G20-Staaten und der EU.

Die Leidtragenden sind hier eindeutig die Banken. Sie können und wollen finanzieren, dürfen aber nicht. Zumindest längst nicht so sehr, wie es selbst im Rahmen eines gesunden Finanzierungsrisikos möglich wäre. Viele Banker sprechen bereits von einer Zäsur, die das Bankenwesen bei der Immobilienfinanzierung mittelfristig zu einem Player unter vielen herabstufen wird.

Freude dagegen können diejenigen empfinden, die Gelder investieren können, ohne strengen Bankenregeln unterworfen zu sein. Das sind letztlich alle Investoren, die jetzt andere Wege ergreifen können, die es ohne die Regulierung der Banken vielleicht niemals hier gegeben hätte; zumindest nicht in diesem Ausmaß.

Unternehmen, die derartige Finanzprodukte benötigen, sind ebenfalls die lachenden Dritten. Denn die Tage, als nur ein Bankkredit oder gar nichts möglich war, sind damit vorbei. Je nach Finanzierungsbedarf müssen sich Unternehmer zwar von dem Prinzip einer Quelle für alle Mittel entscheiden. Wer jedoch den Mehraufwand nicht scheut, aus mehreren Quellen geringere Beträge zu beschaffen, der findet derzeit eine sehr vielfältige Landschaft vor – die wohl künftig bloß noch vielfältiger werden wird.