Dank einer ganz besonderen Operation konnte ein Ärzteteam aus Feldkirch einem fünfzigjährigen Landwirt die Greiffunktion seiner rechten Hand zurückgeben. Die OP dauerte rund acht Stunden.
Die Krankengeschichte des Mannes beginnt eigentlich ganz harmlos, heißt es in einer Mitteilung. Bei der Arbeit auf seinem Hof hat er sich im Frühling letzten Jahres eine simple Risswunde am rechten Daumen zugefügt. Allerdings hat sich die Wunde rasch entzündet. „Über Nacht breitete sich die Infektion über den gesamten Unterarm bis hin zum Ellenbogen aus. Und dann ging alles recht schnell. Der Patient musste mit einer Blutvergiftung, kurzzeitig auf die Intensivstation verlegt werden“, so OA Dr. Knecht vom LKH Feldkirch.
Daumen musste amputiert werden
Der Daumen war zwischenzeitlich nicht mehr zu retten, ist abgestorben und musste amputiert werden. Das war im Mai 2024. Im Anschluss folgte ein über neun Monate langer Behandlungsweg aus Ergotherapie, Wundmanagement und Lymphdrainagen, bis die Schwellungen an Hand und Arm soweit zurückgegangen waren, um zumindest die restlichen Finger wieder bewegen zu können. Der 50-jährige selbständige Landwirt brauchte aber dringend eine funktionierende rechte Hand, denn er wollte auch weiterhin seinen Hof aktiv bewirtschaften.
Zweiter Zeh ersetzt Daumen
Jetzt haben die Teams des Schwerpunktkrankenhaus in Feldkirch ungewöhnliches geleistet. Sie haben einen Zeh an eine Hand transplantiert. Gemeinsam hat das Team entschieden, den zweiten – und nicht, wie bei solchen Eingriffen auch gerne gemacht, den großen Zeh – an die Stelle des amputierten Daumens zu setzen: „Der Vorteil ist, dass der zweite Zeh schmaler ist und optisch besser zu seinen restlichen Fingern passt. Zudem fällt am Fuß die Amputation des zweiten Zehs beim ersten Blick kaum auf. Und drittens, unterstützt der große Zeh beim Laufen. Man kann zwar auch ohne gut gehen, aber besser geht’s mit. Und dieser Patient ist ja in seinem Arbeitsalltag sehr viel auf den Beinen.“
Achtstündiger Eingriff
Der eigentlichen Operation ging eine intensive, ebenfalls interdisziplinäre Vorbereitungszeit voraus. Denn die Kunst war es, Gefäße, Nerven, Sehnen und Knochen so zusammenzufügen, dass nach dem Eingriff zum einen der Fuß wieder voll belastbar sein kann und zum anderen dem neuen „Daumen“ so viel Empfinden und Beweglichkeit zu verschaffen, wie nur möglich.
Während des achtstündigen Eingriffs arbeiteten zwei Teams parallel im OP-Saal: Das eine war für die Entnahme des Zehs zuständig, das andere für die Vorbereitung der Transplantation an der Hand. Gefäße und Nerven von der Rückseite des Fußes haben den Zeh quasi so lange ernährt, bis er schlussendlich im Handbereich eingesetzt wurde. Danach haben die Teams die Plätze getauscht, um an der jeweiligen Verbindung bzw. am Verschluss weiterzuarbeiten. Es galt, die Knochen, Sehnen und Nerven wieder so zusammenzufügen, dass Bewegung und Gefühl möglich, und die Gefäße wieder so „anzuschließen“, dass eine Durchblutung garantiert ist.
Gelungenes Ergebnis
Die mikrochirurgischen Gefäßanschlüsse erfolgten dabei durch das Team der Plastischen Chirurgie, das Zusammenfügen der Sehnen und Knochen lag in den erfahrenen Händen der Unfallchirurgie. „Klassische Teamarbeit im besten Sinn also“, freuen sich die Beteiligten über das schlussendlich gut gelungene Ergebnis.“ Zehn Tage nach dem großen Tag konnte der Patient das Krankenhaus wieder verlassen. Jetzt bestimmen eine Mischung aus Physiotherapie, Ergotherapie und regelmäßigem Training, gewissenhaften Kontrollen und körperlicher Selbstheilungskraft den weiteren Verlauf.
Landwirt kann Daumen schon zum Zeigefinger führen
„Es wird rund ein knappes Jahr dauern, bis unser Patient im neuen Daumen etwas spüren kann“, erklärt OA Dr. Christian Knecht. „Das Gefühl wird wohl nicht mehr ganz so fein sein wie im ‚Original-Daumen‘, aber ein gewisses Schutzempfinden – etwa Hitze und Kälte gegenüber – wird sich ganz sicher bald einfinden.“ Bei der kürzlichen ambulanten Kontrolle jedenfalls habe der Landwirt den neuen Daumen schon zum Zeigefinger führen können, „etwas Leichtes damit zu halten, klappt also bereits“.
(Quelle: Vorarlberger Landeskrankenhäuser)