Selenskyj: Bin bereit zu Verhandlungen mit Putin

Selenskyj: Bin bereit zu Verhandlungen mit Putin
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj ist bereit zu Verhandlungen mit Putin. (Bild: Uncredited/Ukrainian Presidential Press Office/AP/dpa)

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Die Kämpfe in der Ukraine gehen unerbittlich weiter. In Mariupol ist eine Kunstschule angegriffen worden. Selenskyj zeigt sich bereit zu Verhandlungen mit Putin. Unterdessen gehen die Kämpfe weiter.

Kiew/Moskau (dpa) – Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat erneut seine Bereitschaft zu persönlichen Verhandlungen mit Kremlchef Wladimir Putin über ein Ende des Kriegs in seinem Land unterstrichen.

«Ich bin bereit für Verhandlungen mit ihm», sagte Selenskyj dem US-Sender CNN laut Übersetzer. «Wenn es nur eine einprozentige Chance gibt, diesen Krieg zu stoppen, dann denke ich, dass wir sie ergreifen müssen.» Sollten alle Friedensbemühungen scheitern, «würde es bedeuten, dass dies ein dritter Weltkrieg ist».

Unabhängigkeit steht nicht zur Verhandlung

Selenskyj machte deutlich, dass die Souveränität und territoriale Unversehrtheit der Ukraine sowie ihre Unabhängigkeit nicht zur Verhandlung stehen könnten. Von westlichen Staats- und Regierungschefs forderte der ukrainische Präsident Sicherheitsgarantien für sein Land.

Selenskyj zeigte in der CNN-Sendung ein Video, das erschütternde Kriegsszenen in der Ukraine zeigte, zugleich aber Optimismus verbreiten sollte. «Wir werden gewinnen, und es wird neue Häuser, neue Städte, neue Träume geben», hieß es in dem Video.

Angriff auf Kunstschule in Mariupol

Die Kämpfe in der Ukraine sind auch am 25. Tag des russischen Angriffskrieges gegen das Nachbarland weitergegangen.

Die ukrainische Seite sprach wieder von Angriffen auf verschiedene Städte und auch Toten in der Nacht. Vor allem die Lage in der Hafenstadt Mariupol bleibt katastrophal, nach Angaben des Stadtrats wurde dort eine Kunstschule Ziel eines Bombenangriffs. 400 Menschen hätten dort Schutz gesucht.

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj wandte sich mit drastischen Worten an die Bevölkerung in Russland. Es häuften sich die Leichen russischer Soldaten, sagte er in einer Videobotschaft. Die Regierung in Kiew holte zum Schlag gegen prorussische Parteien im Land aus. In Deutschland nimmt unterdessen die Diskussion um den Umgang mit den Kriegsflüchtlingen an Fahrt auf.

Front «praktisch eingefroren»

Der Frontverlauf im Krieg mit Russland ist nach ukrainischen Angaben «praktisch eingefroren». Sowohl die russische als auch die ukrainische Seite hätten nicht genug Kraft, um die Situation in die eine oder andere Richtung zu drehen, sagte Olexij ArestowitschBerater des Büroleiters von Präsident Wolodymyr Selenskyj, am Sonntag bei einem Briefing. Es würden taktische Aktionen und Angriffe durchgeführt.

Der ukrainische Generalstab befürchtet das aktive Eingreifen des Nachbarlandes Belarus in den Krieg. Es seien Anzeichen der Vorbereitung belarussischer Streitkräfte auf eine direkte Invasion der Ukraine registriert worden, heißt es in einer Mitteilung auf Facebook.

Obwohl russische Truppen aus Belarus in die Ukraine eingefallen sind, hat der autoritäre belarussische Machthaber Alexander Lukaschenko, der als Protegé von Kremlchef Wladimir Putin gilt, bisher eine direkte Beteiligung seiner Truppen am Krieg im Nachbarland abgelehnt.

Arbeit prorussischer Parteien in der Ukraine verboten

Selenskyj teilte in der Nacht per Videobotschaft mit, dass der Nationale Sicherheits- und Verteidigungsrat die Arbeit einer Reihe von prorussischen Parteien für die Dauer des Kriegs im Land verboten habe. «Die Aktivitäten von deren Politikern, die auf Spaltung oder Kollaboration abzielen, werden keinen Erfolg haben, dafür aber eine harte Antwort erhalten», wurde Selenskyj von der «Ukrajinska Prawda» zitiert. Zu den betroffenen Parteien gehören unter anderem die «Oppositionsplattform für das Leben» und der «Oppositionsblock», die auch im Parlament vertreten sind. Sie gelten ebenso wie die übrigen neun nunmehr verbotenen außerparlamentarischen Parteien als euroskeptisch, antiliberal oder als prorussisch.

Ukraine: Weiter Angriffe in mehreren Städten – Tote

Beim Beschuss eines mehrstöckigen Wohnhauses in Charkiw im Osten gab es ukrainischen Angaben zufolge Todesopfer – darunter sei ein neun Jahre alter Junge. In der Nacht zu Sonntag habe es mehrere Angriffe gegeben. Gebäude seien dabei in Brand geraten, teilte das Militär mit. Die Armee sprach von mindestens zwei Todesopfern, der Vize-Polizeichef des Gebiets Charkiw, Wjatscheslaw Markow, bei Facebook von fünf. Diese Zahl wurde auch im ukrainischen Fernsehen genannt. Angaben zu Opferzahlen und zu Angriffen in der Ukraine ließen sich auch am Sonntag nicht unabhängig überprüfen.

Den Behörden der Stadt zufolge sind seit dem Einmarsch russischer Truppen in die Ukraine vor mehr als drei Wochen allein in Charkiw 266 Zivilisten getötet worden.

Zu möglichen Opfern beim Angriff auf die Kunstschule in Mariupol wurden zunächst keine Angaben gemacht. Unter den Menschen, die in dem Gebäude Schutz gesucht hatten, waren laut dem Stadtrat Frauen, Kinder und Ältere. Das Gebäude sei bei dem Angriff am Samstag zerstört worden, hieß es bei Telegram. «Menschen liegen noch immer unter den Trümmern.» Der Stadtrat machte russische Truppen für den Angriff verantwortlich.

Nach einem Raketenangriff auf eine Kaserne in Mykolajiw im Süden der Ukraine sollen Helfer am Samstag mindestens 50 Tote aus den Trümmern geborgen haben. Insgesamt hätten rund 200 Soldaten in dem Gebäude geschlafen, als die Raketen einschlugen, berichtete die «Ukrajinska Prawda». Auch um die nordukrainische Stadt Tschernihiw gibt es nach Militärangaben aus Kiew weiter schwere Gefechte.

Um Kiew, Charkiw und Mariupol wurden sieben humanitäre Korridore für flüchtende Zivilisten eingerichtet. Über die Wege sollten auch Hilfsgüter in die Städte gebracht werden, teilte die ukrainische Vize-Regierungschefin Irina Wereschtschuk mit.

Selenskyj: Berge von Leichen russischer Soldaten

Mit martialischen Worten über schwere russische Kriegsverluste richtete sich Selenskyj in seiner Videobotschaft an die Bevölkerung Russland. «An den Brennpunkten besonders schwerer Kämpfe sind unsere vordersten Abwehrlinien mit Leichen russischer Soldaten praktisch überhäuft. (…) Und diese Leichen, diese Körper werden von niemandem geborgen.» Er könne verstehen, das Russland über schier endlose Reserven an Soldaten und Militärgerät verfüge. «Aber ich möchte von den Bürgern Russlands wissen: Was hat man mit Ihnen in diesen Jahren getan, dass Sie Ihre Verluste nicht bemerkt haben?». Schon jetzt seien mehr als 14 000 russische Soldaten getötet worden. Auch diese Angaben lassen sich nicht überprüfen.