Reh-Rettung: Steffi bewahrt kleine Kitze vor dem Mäh-Tod

Reh-Rettung: Steffi bewahrt kleine Kitze vor dem Mäh-Tod
Stefanie Stärk (34) aus Krauchenwies rettet mit ihrem Verein "Flugmodus e.V." Rehkitze vor dem sicheren Tod. (Bild: Flugmodus e.V.)

Wenn der Kreiselmäher kommt, bedeutet das den sicheren Tod für die neugeborenen Kitze, die von ihren Müttern im hohen Gras zurückgelassen werden. Doch Steffi und ihr Team retten die Tiere mittels Drohne und Wärmebildkamera. Und das völlig kostenlos.

Im Frühling erwacht die Natur. Das Gras spießt, Blumen blühen und viele Wildtiere bekommen ihre Jungen. Rehe verstecken ihren Nachwuchs bevorzugt in hohen Wiesen. Doch die stehen kurz davor, vom Bauer gemäht zu werden… Diese Mahd bedeutet für die kleinen Kitze den sicheren Tod. Denn sie haben in den ersten Lebenswochen überhaupt keinen Fluchtinstinkt. Sie drücken sich flach auf den Boden und hoffen, dass der Feind verschwindet. Im Falle von Fressfeinden funktioniert das ganz gut. Doch gegen die schweren Landmaschinen, die durch die Wiesen mähen, sind sie chancenlos. Und auch der Landwirt hat kaum eine Chance, die Kitze zu entdecken.

Vergrämung, Hunde oder Drohne: Diese Methoden gibt es zum Aufspüren der Kitze

Die Suchaktionen starten in den frühen Morgenstunden. Kurz nach Sonnenaufgang ist die Sicht gut genug, um die Drohne fliegen zu lassen.
Die Suchaktionen starten in den frühen Morgenstunden. Kurz nach Sonnenaufgang ist die Sicht gut genug, um die Drohne fliegen zu lassen. (Bild: Flugmodus e.V.)

Verschiedene Methoden sind seit Jahren bekannt. So gibt es zum Beispiel Vergrämungsgeräte, die die Ricke dazu bringen soll, Gefahr zu wittern, und ihr Kitz gar nicht erst im hohen Gras abzulegen oder direkt wieder zu holen. Die funktionieren allerdings nicht immer. Auch die Suche mit Hunden ist wenig erfolgsversprechend, da die Kitze in den ersten Lebenswochen noch keinen Eigengeruch haben. Doch inzwischen haben sich Flugdrohnen zum Aufstöbern bewährt.

Mit Hilfe der Wärmebildkamera werden die Kitze aufgespürt.
Mit Hilfe der Wärmebildkamera werden die Kitze aufgespürt. (Bild: Flugmodus e.V.)

Der Drohnenpilot überfliegt das abzusuchende Gelände. Eine Wärmebildkamera zeigt dem Piloten am Bildschirm, die Tiere. Die Drohne bleibt über dem Punkt schweben, an dem die warmen Körper erfasst worden sind, während sich Helfer an dem Flugobjekt orientieren können, um zum Kitz zu gelangen. Die kleinen Rehe werden dann mit behandschuhten Händen in eine Kiste gesetzt und am Feldrand abgestellt.

100.000 Tiere fallen jährlich dem Kreiselmäher zum Opfer

Ist das Feld komplett abgesucht, kann der Landwirt mähen. Wird ein Feld vor der Mahd nicht abgesucht, geraten viele Tiere in den Häcksler. Jährlich sollen Schätzungen zufolge rund 100.000 Tiere deutschlandweit auf diese Art den Tod finden. Betroffen sind nicht nur Rehkitze, sondern auch Hasen oder Igel. Letztere erwähnt Steffi im Gespräch auch schmunzelnd. Auf die Frage, wie vielen Kitzen sie in der letzten Saison das Leben retten konnte, antwortet sie stolz: „147 Rehkitze und zwei Igel!“

Die Kitze werden in ausreichend großen Kartons oder auch mal im Wäschekorb aus den Wiesen geborgen.
Die Kitze werden in ausreichend großen Kartons oder auch mal im Wäschekorb aus den Wiesen geborgen. (Bild: Flugmodus e.V.)

Trauriger Startschuss zur Vereinsgründung

Wie sie dazu kam, einen Verein zu gründen und Rehkitze aus Feldern zu klauben, erklärt die 34-Jährige aus Krauchenwies ernst: „Ich habe eines Morgens ein Reh auf einer Wiese stehen sehen und habe mich schon gefragt, was es da so allein eigentlich macht oder was es sucht. Dann habe ich das zerstückelte Kitz gesehen und habe Rotz und Wasser geheult. So etwas darf nicht mehr passieren.“ Kurz darauf tat sie sich mit Freunden zusammen, einer davon ein Drohnenpilot. Direkt bei ihrem ersten Einsatz konnte sie auf Anhieb zwei Kitze aufspüren. Das hat sie motiviert.

Bambi-Augen: 147 Rehkitzen konnten Steffi und ihr Team 2021 das Leben retten.
Bambi-Augen: 147 Rehkitzen konnten Steffi und ihr Team 2021 das Leben retten. (Bild: Flugmodus e.V.)

Kostenloser Einsatz

Bei ihren Einsätzen ist immer der Jagdpächter dabei. Jäger und Landwirte sind froh darüber, dass Steffi und ihr Team die jungen Tiere retten. Kein Jäger erschießt gern leidende Kitze, die in den Häcksler geraten sind. Und auch die Landwirte wollen keine Spur der Vernichtung ziehen. Sie müssen ihre Wiesen mähen. Doch zum Glück können sie sich an Vereine wenden, die Rehe retten. Der von Steffi heißt Flugmodus und ist im Rems-Murr-Kreis aktiv. Landwirte können sich vor der Mahd an sie wenden. Kostenlos. „Denn die Landwirte haben es eh schon schwer“, sagt Stefanie. In der letzten Saison hatte sie alle Hände voll zu tun. Die Anfragen häuften sich. So sehr, dass das Team kaum noch hinterher kam vor lauter Aufträgen. Zum Glück sind sie nicht allein. Es gibt deutschlandweit immer mehr Ehrenamtliche, die sich der Reh-Rettung verschrieben haben.

Eine Übersicht der Organisationen, die sich für die Rettung der Rehkitze einsetzen gibt es hier.