Neuer Kompromissvorschlag für Corona-Impfpflicht ab 60 Jahre

Neuer Kompromissvorschlag für Corona-Impfpflicht ab 60 Jahre
Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) äußert sich bei einer Pressekonferenz zu neuen Quarantäne-Regeln. (Bild: Bernd von Jutrczenka/dpa)

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Kommt eine allgemeine Corona-Impfpflicht in Deutschland oder nicht? Am Donnerstag entscheidet der Bundestag. In die Suche nach einem Kompromiss kommt jetzt zumindest Bewegung.

Berlin (dpa) – In das Ringen um einen mehrheitsfähigen Kompromiss für eine allgemeine Corona-Impfpflicht in Deutschland kommt Bewegung.

Die beiden Abgeordnetengruppen im Bundestag, die jeweils eigene Gesetzentwürfe für eine Impfpflicht eingebracht haben, verständigten sich am Dienstag auf einen gemeinsamen Vorschlag für eine Pflicht vorerst ab 60 Jahren. Zunächst berichtete das Redaktionsnetzwerk Deutschland darüber. Damit steigen die Chancen für die Abstimmung, die ohne übliche Fraktionsvorgaben an diesem Donnerstag geplant ist.

Wie es in einer Erklärung heißt, soll zunächst «eine Impfnachweispflicht für alle Menschen ab dem Alter von 60 Jahren, also der besonders gefährdeten Bevölkerungsgruppe», festgelegt werden. Sie soll ab Oktober erfüllt sein müssen. Diese Pflicht soll noch mit einem Bundestagsbeschluss im Juni ausgesetzt werden können, falls die Impfrate ausreichend gesteigert werden konnte. Im Herbst soll der Bundestag vor dem Hintergrund der dann vorherrschenden Erkenntnisse und potenzieller Virusvarianten entscheiden, «ob zusätzlich die Aktivierung der Impfnachweispflicht für Altersgruppen ab 18 Jahren greifen soll».

Vorschlag von Dahmen und Wiese

Konkret handelt es sich um die Gruppe um SPD-Fraktionsvize Dirk Wiese und den Grünen-Gesundheitsexperten Janosch Dahmen, die zunächst eine Impfpflicht ab 18 Jahren angestrebt hatte. Sie legte am Montag schon einen Kompromissvorschlag für eine Pflicht ab 50 mit Option auf eine Ausweitung auf alle Erwachsenen vor. Die zweite Gruppe um den FDP-Gesundheitspolitiker Andrew Ullmann hatte eine Beratungspflicht vorgeschlagen und dann eine mögliche Impfpflicht ab 50 Jahren.

Die Initiative, die ursprünglich eine Impfpflicht ab 18 vorgeschlagen hatte, wurde bisher von 237 Abgeordneten unterstützt. Die Gruppe für eine Impfpflicht ab 50 unterstützten zunächst etwa 45 Parlamentarier.

Entscheidung ohne Fraktionsvorgaben

Über die Impfpflicht, für die sich auch Kanzler Olaf Scholz (SPD) einsetzt, soll der Bundestag ohne sonst übliche Fraktionsvorgaben entscheiden. Streit gibt es aber schon um die Frage, in welcher Reihenfolge über die verschiedenen Initiativen abgestimmt wird. Unionsfraktionschef Friedrich Merz (CDU) sagte: «Ich will hier ganz ausdrücklich die Koalition davor warnen, am Donnerstag schon in der Reihenfolge der Abstimmungen eine Manipulation vorzunehmen im Hinblick auf dieses Thema.»

«Ich glaube nach wie vor daran, dass wir am Donnerstag die allgemeine Impfpflicht beschließen werden», sagte Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) am Dienstag in Berlin. Die Bereitschaft, einen vernünftigen Weg zu gehen gegen eine drohende neue Corona-Welle im Herbst, sei bei den Abgeordneten vorhanden. SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich sagte: «Bis zum Schluss werden wir alles versuchen, dass es einen Kompromiss gibt zwischen den verschiedenen Gruppen.»

Unterdessen stößt das geplante weitgehende Ende von Isolationspflichten für Corona-Infizierte in Deutschland zum 1. Mai auf breite Kritik. Wissenschaftler, Sozialverbände und Politiker protestierten scharf gegen zusätzliche Lockerungen kurz nach dem Aus für viele staatliche Schutzauflagen. Lauterbach verteidigte die mit den Ländern vereinbarten neuen Regeln. Bund und Länder hatten sich darauf verständigt, dass Infizierte künftig auf freiwilliger Basis für fünf Tage in Selbstisolation gehen sollen – als dringende Empfehlung, aber nicht mehr als Anordnung vom Gesundheitsamt.