Rund 3.500 der über 20.000 Handwerksbetriebe zwischen Ostalb und Bodensee stehen in den nächsten Jahren altersbedingt zur Betriebsübergabe an. Das sind über 17 Prozent aller Betriebe im Ulmer Kammergebiet. In den kommenden Jahren könnte sich diese Zahl noch weiter erhöhen.
Grund hierfür sind die Inhaber der geburtenstarken Jahrgänge, die in naher Zukunft in den Ruhestand gehen und deren Betriebe dann einen Nachfolger brauchen. Wird hier niemand gefunden, so hat das auch Auswirkungen auf die regionale Versorgung der Bevölkerung mit wichtigen Handwerksleistungen. „Wir brauchen auch in der Zukunft junge und mutige Chefs in unserem regionalen Handwerk – sonst kann eine große Versorgungslücke entstehen. Gründern und Betriebsnachfolgern stehen derzeit alle Türen offen, sich selbstständig zu machen“, sagt Dr. Tobias Mehlich, Hauptgeschäftsführer der Handwerkskammer Ulm.
Im Ulmer Kammergebiet versorgt ein Handwerksbetrieb derzeit durchschnittlich 74 Einwohner. In den einzelnen Regionen sehen die Zahlen wie folgt aus: Im Landkreis Biberach versorgt ein Betrieb 73 Einwohner, im Bodenseekreis 78, im Landkreis Heidenheim 83, im Ostalbkreis 75, im Kreis Ravensburg 65, im Stadtkreis Ulm 87 und im Alb-Donau-Kreis werden im Schnitt 69 Bürger von einem Betrieb versorgt. Doch die Handwerkerdichte könnte sich insbesondere im ländlichen Raum merklich verringern, wenn sich für eine Vielzahl der zur Übergabe stehenden Betriebe kein passender Nachfolger findet.
Positiver Trend bei Betriebszahlen setzt sich fort
Trotz der herausfordernden Nachfolgesuche wächst die Zahl der Handwerksbetriebe im Ulmer Kammergebiet weiter: In der ersten Jahreshälfte 2024 konnte das Handwerk in der Region insgesamt ein Plus von 233 Betrieben verzeichnen. Dieser positive Trend bei den Betriebszahlen setzt sich seit einigen Jahren kontinuierlich fort.
So kamen etwa im Gesamtjahr 2023 auf rund 1.600 Betriebsaufgaben über 1.900 Neugründungen. „Das Handwerk in der Region wächst und bietet potenziellen Betriebsgründern und -übernehmern viele Perspektiven und Chancen“, so Mehlich. Um potenzielle Übergeber und Übernehmer zusammenzubringen, hat die Handwerkskammer Ulm im Jahr 2015 das Zentrum für Betriebsnachfolge (ZEN) gegründet. Seither sind insgesamt mehr als 1.750 Betriebsübergaben und Nachfolgen erfolgreich betreut und koordiniert worden.
Die Erfolgsquote bei vom ZEN vermittelten und begleiteten Betriebsübergaben liegt bei rund 50 Prozent. Eine geregelte Betriebsübergabe dauert erfahrungsgemäß drei bis fünf Jahre. Eine frühzeitige Eintragung in die Betriebsbörse der Handwerkskammer Ulm erhöht die Chance, einen Nachfolger zu finden. Aktuell befinden sich rund 180 Inserate in der regionalen Börse.
Betriebsnachfolger erhalten neben der Beratung und Begleitung durch die Handwerkskammer Ulm auch finanzielle Unterstützung beim Schritt in die Selbstständigkeit. 2020 wurde die Meistergründungsprämie eingeführt, die Jungmeister den Schritt in die Selbstständigkeit erleichtert. Wer seinen Meisterbrief in der Tasche hat und sich innerhalb von 24 Monaten danach selbstständig macht, erhält eine Startfinanzierung des Landes in Höhe von bis zu 10.000 Euro. Neben der Neugründung werden auch die Übernahme eines bestehenden Betriebes oder die Betriebsbeteiligung gefördert.
(Pressemitteilung: Handwerkskammer Ulm)