Ampel-Einigung Drittes Entlastungspaket umfasst mehr als 65 Milliarden Euro

Drittes Entlastungspaket umfasst mehr als 65 Milliarden Euro
Der Koalitionsausschuss um Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD, 2.v.l.) stellt die Verhandlungsergebnisse vor. (Bild: Michael Kappeler/dpa)

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Durchbruch im Kanzleramt: Nach langen Verhandlungen der Ampel-Partner gibt es ein drittes Entlastungspaket als Ausgleich für die drastischen Preissteigerungen. Jetzt sind die Details bekannt geworden.

Berlin (dpa) – Rentnerinnen und Rentner sollen zum 1. Dezember eine einmalige Energiepreispauschale von 300 Euro erhalten. Studierende und Auszubildende sollen einmalig 200 Euro erhalten, wie aus den am Sonntag vorgelegten Ergebnissen des Koalitionsausschusses hervorgeht. Für Berufstätige war bereits eine Energiepreispauschale von 300 Euro auf den Weg gebracht worden.

Für einen gewissen Basisverbrauch an Strom soll künftig ein vergünstigter Preis gelten, wie aus dem neuen Papier hervorgeht. Für einen zusätzlichen Verbrauch darüber hinaus wäre der Preis nicht begrenzt. Zudem will die Ampel-Koalition ein neues bundesweit gültiges Nahverkehrsticket schaffen. Ziel sei eine Preisspanne zwischen 49 und 69 Euro im Monat, heißt es im Beschlusspapier. Die Länder müssen der Finanzierung noch zustimmen.

Mit der geplanten Einführung des Bürgergelds Anfang kommenden Jahres sollen die Regelsätze für Bedürftige auf rund 500 Euro erhöht werden. Heute erhalten Alleinstehende in der Grundsicherung 449 Euro pro Monat. Familien sollen entlastet werden, indem das Kindergeld deutlich steigt: zum Jahresbeginn um 18 Euro monatlich für das erste und zweite Kind. Das dritte Entlastungspaket der Ampel-Koalition soll ein Gesamtvolumen von mehr als 65 Milliarden Euro haben.

Offenbar ist auch ein Abschöpfen von Übergewinnen am Strommarkt geplant. Das kündigte Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) am Sonntagvormittag bei der Vorstellung der Verhandlungsergebnisse an. Er sprach von einer «großen und dramatischen Entlastung» auf dem Strommarkt. «Die erste Aufgabe ist also, solche Zufallsgewinne zu nutzen zur Entlastung der Bürgerinnen und Bürger.»

Die Koalition hatte sich nach stundenlangen Verhandlungen auf weitere finanzielle Entlastungen für die Menschen in Deutschland geeinigt. Die Verhandlungen hatten am Samstagmittag begonnen. Geplant war ein Paket mit zielgenauen Entlastungen, die die drastischen Preissteigerungen im Zuge des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine ausgleichen sollen. Dem Spitzentreffen waren wochenlange Diskussionen vorangegangen.

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Am frühen Abend schnappten einige Ampelpolitiker auf dem Balkon des Kanzleramts bei Gesprächen in kleinen Runden frische Luft. Details der Verhandlungen wurden vorerst nicht bekannt. In der Nacht wurde klar, dass die Koalition ihre Ergebnisse erst am Sonntag verkünden wollte.

Neben Scholz hatten unter anderem Vizekanzler Robert Habeck (Grüne) und Finanzminister Christian Lindner (FDP) an den Verhandlungen teilgenommen. Auch weitere Minister sowie die Spitzen der drei Bundestagsfraktionen und Parteien waren im Kanzleramt versammelt.

Der Druck auf die Koalitionäre war vor der Entscheidung immer weiter gewachsen. Sie hatten die Erwartungen auch selbst hochgeschraubt. So hatten Lindner und SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich von einem «wuchtigen Paket» gesprochen.

Scholz hatte bei einer Kabinettsklausur Mitte der Woche ein «möglichst maßgeschneidertes, möglichst effizientes, möglichst zielgenaues Entlastungspaket» angekündigt. Bei der Klausur in Meseberg bei Berlin hatte er gesagt: «Wir arbeiten am großen Bauwerk, und die Architektur dieses Bauwerks hängt eben von allen Einzelteilen ab, die aber nur zusammen eine gute Konstruktion ergeben.»

Mit den ersten beiden Entlastungspaketen wurde bereits der Strompreiszuschlag zur Förderung erneuerbarer Energien (EEG-Umlage) abgeschafft, es gibt eine Energiepauschale von 300 Euro für alle Beschäftigten und eine Einmalzahlung von 100 bis 200 Euro für alle Arbeitslosen, das Kindergeld wurde einmalig um 100 Euro pro Kind aufgestockt, drei Monate lang bis August wurde der Spritpreis gestützt, und es gab für die Monate Juni, Juli und August das 9-Euro-Ticket im öffentlichen Nahverkehr.

Gewerkschaften, Linke und AfD wollen nach eigenen Angaben unzufriedene Menschen möglicherweise zu Protesten im Herbst aufrufen. Der IG-Metall-Vorsitzende Jörg Hofmann sagte der Deutschen Presse-Agentur: «Es geht um nicht weniger als die Frage, ob es gelingt, die Bürgerinnen und Bürger wirksam und nachvollziehbar zu entlasten, oder ob die wachsende Unsicherheit zu einem Bruch des gesellschaftlichen Zusammenhalts führt.»