Ravensburg (le) – Der beliebte Flohmarkt der Stadt, der im April nach langer Coronapause endlich wieder stattfindet, wirft seine Schatten voraus. Doch die sind nicht nur von Vorfreude geprägt. Ein junger Mann, der gern auf dem Flohmarkt verkaufen möchte, berichtete uns vom komplizierten Anmeldeverfahren. Mit einem kleinen Augenzwinkern, empfiehlt er interessierten Verkäufern, sich BALD mit der Anmeldung zu befassen. Sonst könnte man zu spät dran sein.
Vor wenigen Tagen habe ich eine freudige Nachricht erhalten. Ich wurde von der Stadt Ravensburg per E-Mail darüber informiert, dass der beliebte Flohmarkt – die letzten beiden Jahre wegen der Pandemie leider ausgefallen – dieses Jahr im Mai wieder stattfinden wird. Sogar einen Anmeldebogen habe ich direkt mit dieser Mail erhalten.
Nett und doch so fremd
Über diesen angenehmen und sicherlich auch ungewohnten „Kundenservice“ der Stadt war ich als regelmäßiger Flohmarktstandbetreiber äußerst positiv überrascht. Was ich nicht wusste war, dass man ein Studium in Allgemeinflohmarktwissen haben muss, um sich für die Ravensburger Ausgabe zu qualifizieren.
Auf dem Münchner Oktoberfest ist es sicherlich einfacher
Die Freude währte also nicht allzu lange. Beim Öffnen der Datei war ich mir sicher, dass ich aus Versehen einen Anmeldebogen für ein Zelt auf dem Münchner Oktoberfest oder einen Stand auf dem Nürnberger Christkindlesmarkt erhalten haben musste. Vor mir lag nämlich ein sieben Seiten umfassendes Bewerbungsformular! Bisher musste man als potentieller Standbetreiber auf dem familiären und gemütlichen Flohmarkt in der Türmestadt lediglich ein beidseitig bedrucktes Anmeldeformular ausfüllen und alles war gut. Jetzt lag also dieser Brockhaus vor mir.
Genossenschaften auf dem Ravensburger Flohmarkt, oder?
Aber nicht so dieses Jahr. Die Stadt wollte zunächst wissen, unter welche Rechtsform ein Standbetreiber fällt. OHG (offene Handelsgesellschaft)? eG (eingetragene Genossenschaft)? AG (Aktiengesellschaft)? Ich hatte bisher immer gedacht, ein Flohmarkt sei eine vornehmlich für Privatpersonen organisierte Verkaufs- und Tauschbörse für all diejenigen, die Spaß und Freude am Verkaufen und Handeln haben. Mir war nicht bewusst, dass auch Aktiengesellschaften und eingetragene Genossenschaften hier in großer Zahl vertreten sind…
Was ist, wenn ich einen zweiten Schirm mitbringe?
Zusätzlich sollen die Standbetreiber, neben einer genauen Nennung ihres Warensortiments, ebenfalls noch genau auflisten, wie viele Tische, Schirme oder Pavillons sie mitbringen. Auch hier dachte ich eigentlich immer, dass ein Verkaufsstand auf einem Flohmarkt nach der Standlänge berechnet wird und es eigentlich egal ist, wie viele Tische oder Schirme man mitbringt – aber die Stadt Ravensburg will es auch hier ganz genau wissen: Jeder potentielle Standbetreiber muss seinen Stand, auf einem im Antragsformular beigefügten Karopapier, detailliert skizzieren. Ernsthaft? Ich bin doch so schlecht im Zeichnen!
Zeichnerische Fähigkeiten und ein Spur Hellseherei
So muss ich als Standbetreiber tatsächlich schon Monate im Voraus wissen, wie mein Stand detailgetreu im Mai aussehen soll? Was ist, wenn mir ein angegebener Tisch kaputt geht und ich Ersatz benötige? Muss ich dann eine schriftliche Sondergenehmigung einholen, um ihn gegen einen möglicherweise größeren/kleineren Tisch auszutauschen? Und wenn nicht, habe ich dann vielleicht sogar rechtlich gegen meine eingereichte Skizze des Verkaufsstands verstoßen?
Viel Geduld und ein Studium wären sicherlich von Vorteil
All das sind eigentlich Fragen, mit denen sich der Ottonormal-Standbetreiber nicht beschäftigen möchte und eigentlich auch nicht sollte. Wer über ein Abitur mit 1 Komma Schnitt verfügt und zudem mindestens einen Masterabschluss besitzt, sollte die Anmeldung dann aber auch in 2-3 Stunden hinbekommen. Für alle anderen mein Tipp: Lieber jetzt schon mal anfangen die Bewerbungen für den nächsten Flohmarkt im August auszufüllen. Kann nämlich dauern.