Titanic, All, Everest: Wieso suchen Menschen das Risiko?

Titanic, All, Everest: Wieso suchen Menschen das Risiko?
Blick auf das Himalaya-Gebirge und den Mount Everest. (Bild: Sina Schuldt/dpa)

Deutsche Presse-Agentur

Mit einem Tauchboot sind fünf Abenteurer auf dem Weg zum berühmten Wrack der «Titanic» verschollen. Warum suchen Menschen überhaupt solch risikoreichen Nervenkitzel – für mitunter sehr viel Geld?

Ganz tief hinab zum berühmten Wrack der «Titanic» und ganz weit hinauf auf den Mount Everest, oder sogar bis ins All: Während manchen Menschen schon bei dem Gedanken daran flau im Magen wird, scheinen andere Menschen nach genau solchen Aktivitäten zu suchen und darin den ultimativen Nervenkitzel zu sehen.

Dafür bezahlen sie häufig viel Geld und nehmen große Risiken auf sich – wie die fünf Menschen an Bord des verschwundenen Tauchbootes «Titan», nach dem derzeit in der Nähe des «Titanic»-Wracks im Nordatlantik gesucht wird.

Ob reiche Menschen, für die hohe Ticketpreise kein finanzielles Problem darstellen, oder Menschen, die sich das Geld dafür jahrelang zusammensparen – sie alle hätten eine «ganz besondere Risikoneigung», sie suchten dieses Risiko aktiv und sähen es als Kick, sagt die Berliner Psychologie-Professorin Birgitta Sticher von der Hochschule für Wirtschaft und Recht (HWR). «Es geht dabei auch um das Gefühl von Herausforderung und Lebendigkeit. Das kann man als eine Persönlichkeitseigenschaft bezeichnen. Das andere Extrem sind Menschen mit einem sehr großen Bedürfnis nach Sicherheit und Kontrolle.»

«Gewisse Hoffnung, dass es gut gehen wird»

Das Risiko solcher Unternehmungen gingen diese Menschen mit der Hoffnung darauf ein, als «Sieger» daraus hervorzugehen. «Wenn man zum Beispiel eine Exkursion so einschätzen würde, dass man sie nicht überleben wird, würde man nicht mitfahren. Ich gehe davon aus, dass die meisten Menschen, die so was tun, auch einen gewissen Technikglauben haben. Eine gewisse Hoffnung, dass es gut gehen wird.» Bei reichen Menschen käme möglicherweise noch hinzu, dass sie zeigen wollten, dass sie mit ihrem Geld etwas tun könnten, was anderen nicht möglich sei.

Dazu kommt als Motivation für manche Menschen vielleicht ein Eintrag ins Guinnessbuch der Rekorde, ein Erinnerungsfoto oder einfach die persönliche Selbstbestätigung. Andere Menschen sind aus wissenschaftlicher Neugier unterwegs – und tragen auf diese Art und Weise auch schon seit Jahrhunderten zur Erkundung und Vermessung der Welt und des Weltalls und damit zum wissenschaftlichen Fortschritt bei.

Hobby-Astronauten starten ins All

Waren es früher meist Forschungsreisende, einzeln oder in Gruppen, die sich ihre Unternehmungen oft selbst organisierten und finanzierten, ist das Angebot solcher Nervenkitzel-Angebote in den vergangenen Jahren dank der Verbesserung der technischen Möglichkeiten näher an den Mainstream gerückt. So gibt es mittlerweile beispielsweise gleich mehrere Firmen, die Menschen, die keine ausgebildeten Astronauten sind, für kürzere oder längere Ausflüge ins All befördern, darunter beispielsweise Blue Origin von Amazon-Gründer Jeff Bezos oder SpaceX von Elon Musk.

Auch der britische Unternehmer Hamish Harding, der sich an Bord des verschwundenen Tauchboots «Titan» befindet, hatte sich im vergangenen Jahr einen Weltraum-Kurztrip mit Blue Origin gebucht. Medienberichten zufolge kosten diese Ausflüge rund 30 Millionen Dollar (etwa 27 Millionen Euro). Die bemannte Raumfahrt gilt allerdings nach wie vor auch als technisch extrem schwierig und riskant. Nur wenige Monate nach dem All-Trip von Harding stürzte beispielsweise eine Rakete von Blue Origin kurz nach dem Start ab, glücklicherweise ohne Menschen an Bord.

Teure Gipfelerklimmung

Den Mount Everest, der mit rund 8849 Metern als höchster Berg der Welt gilt, erreichten alleine in diesem Jahr nach ersten Schätzungen des nepalesischen Tourismusministeriums mehr als 600 Bergsteiger und einheimische Bergführer und Gepäckträger – mindestens zwölf Menschen starben in diesem Jahr bei dieser Unternehmung, für die Bergsteiger Tausende Dollar einkalkulieren müssen.

Auch die Nachfrage nach Ausflügen zum berühmten Wrack der «Titanic» ist groß: 2021 hätte seine Firma Oceangate Expeditions, die hinter dem verschwundenen Tauchboot «Titan» steckt, das Wrack sechsmal erreicht und 2022 siebenmal, sagte der Chef der Firma, Stockton Rush, im vergangenen Jahr bei einem Vortrag. Neben Harding soll Medienberichten zufolge unter Berufung auf Oceangate auch Rush zu den fünf Insassen des Tauchbootes gehören. Die Kosten für ein Ticket sollen bei rund 250.000 Dollar liegen.

Der britische Unternehmer Harding engagiert sich im berühmten «Explorers Club» in New York, in dem sich seit mehr als 100 Jahren Forschungsreisende zusammenschließen. «Als ich Hamish letzte Woche beim Global Exploration Summit gesehen habe, war seine Aufregung angesichts dieser Expedition spürbar. Ich weiß, dass er sich darauf gefreut hat, an diesem Ort zu forschen», schrieb der Präsident des Clubs, Richard Garriott de Cayeux, in einem offenen Brief an dessen Mitglieder. «Wir alle teilen die inbrünstige Hoffnung, dass das Tauchboot so bald wie möglich gefunden wird und dass die Crew in Sicherheit ist.»