Kubicki will rasch Bund-Länder-Runde zu Ukraine-Flüchtlingen

Kubicki will rasch Bund-Länder-Runde zu Ukraine-Flüchtlingen
Notbetten stehen in einer Frankfurter Sporthalle für ukrainische Kriegsflüchtlinge bereit. (Bild: Arne Dedert/dpa)

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Die Versorgung von Flüchtlingen aus der Ukraine stellt die Länder und Kommunen in Deutschland vor große Herausforderungen. Aus der FDP kommen Rufe nach einem koordinierten Vorgehen der Bundesländer.

Berlin (dpa) – Der stellvertretende FDP-Vorsitzende Wolfgang Kubicki hat angesichts der vielen aus der Ukraine kommenden Flüchtlinge eine rasche Bund-Länder-Runde verlangt.

Diese müsse schnellstens einberufen werden, «um die vielen Menschen im gesamten Bundesgebiet verteilen zu können», sagte er der Deutschen Presse-Agentur in Berlin.

«Der Hilferuf, den Berlins Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey angesichts der Flüchtlingsströme aus dem ukrainischen Kriegsgebiet ausgesendet hat, war nicht zu überhören», sagte Kubicki weiter. Berlin sei verständlicherweise aktuell überfordert, weil es der Anlaufpunkt des übergroßen Teils der flüchtenden Frauen und Kinder sei. Daher sei die Bund-Länder-Runde wichtig.

Koordinierung als Aufgabe der MPK

Der Bundestagsvizepräsident betonte, die Tatsache, dass die Ministerpräsidentenkonferenz wegen der abflauenden Corona-Pandemie spätestens nach dem 20. März nicht mehr gebraucht werde, heiße nicht, dass sie für die Bewältigung dieser humanitären Notlage obsolet sei. «Hierauf sollten sich die Anstrengungen der Ministerpräsidenten jetzt konzentrieren, denn Koordinierung gehört zu den eigentlichen Aufgaben der MPK.»

Nach Zahlen der UN-Flüchtlingsorganisation UNHCR haben in den knapp zwei Wochen seit Beginn des russischen Angriffs gut 1,7 Millionen Menschen die Ukraine verlassen müssen. Das Bundesinnenministerium wusste bis zum Montag von gut 50.000 nach Deutschland eingereisten Kriegsflüchtlingen. Da es keine Grenzkontrollen gibt, dürfte die tatsächliche Zahl höher liegen.

Kipping: Bund muss Flüchtlingsbusse koordinieren

Berlins Sozialsenatorin Katja Kipping (Linke) forderte erneut eine bundesweite Koordinierung der Unterbringung von Kriegsflüchtlingen aus der Ukraine. «Was wir dringend brauchen ist, dass die Verkehrsströme nicht alle nach Berlin gelenkt werden. Und das wäre die Aufgabe des Bundesverkehrsministers», sagte Kipping dem Sender Radioeins vom Rundfunk Berlin-Brandenburg. Andere Bundesländer seien sehr kooperativ, Berlin habe sich bilateral mit diesen abgesprochen. «Aber natürlich wäre die bundesweite Koordination Aufgabe des Bundes», betonte Kipping.

Der Bund habe nun zwar angefangen, Busse sowie Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zur Verfügung zu stellen. Da Berlin das «Tor zu Europa für die Kriegsflüchtlinge» sei, würden die Busse jedoch größtenteils Berlin anfahren – um dann von hieraus weitere Ziele anzusteuern. Nach einer langen strapaziösen Flucht müssten die Menschen dann umsteigen in einen Bus, der womöglich in eine Richtung fahre, wo man sie gleich hätte hinbringen können, sagte Kipping. Für eine gute Unterbringung der Flüchtlinge sei deren Versorgung auch in anderen Bundesländern wichtig. Diese seien dazu bereit und würden sich entsprechend vorbereiten, betonte die Sozialsenatorin.

Bas: Einstellen auf traumatisierte Kinder

Bundestagspräsidentin Bärbel Bas mahnte, Städte und Gemeinden müssten bei der Versorgung der Flüchtlinge auch langfristig unterstützt werden. Viele Kommunen seien dabei, Infrastruktur und Aufnahmeeinrichtungen zu schaffen. Für sie sei es wichtig, dass sie auch «auf der langen Strecke» nicht alleine gelassen werden, sagte die SPD-Politikerin dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. Hier sei auch die Bundesregierung gefordert.

Bas sagte weiter: «Wir müssen uns darauf einstellen, dass viele traumatisierte Kinder kommen.» Vor Ort sollte gemeinsam mit den Wohlfahrtsverbänden Ablenkung und gute Betreuung für sie organisiert werden, fügte sie an. «Viele der Frauen wollen sicher auch hier irgendwie weiterarbeiten, um für sich und die Kinder ein Stück Normalität zu schaffen.»

Corona-Impfung auch Thema

CDU-Generalsekretär Mario Czaja sagte der «Rheinischen Post», auch der Corona-Impfschutz sei ein Thema bei den Flüchtlingen. «Viele sind nicht geimpft.» Und auch der Masernimpfschutz fehle oft. «Wenn wir die ukrainischen Kinder beschulen wollen, brauchen sie die notwendigen Impfungen und Immunisierungen.»

Auch auf die Schulen komme jetzt eine große Herausforderung zu. «Es fehlt an Lehrkräften, die ukrainisch sprechen. Es fehlt an Klassenräumen. Die Beschulung der Kinder in der Muttersprache muss deshalb in den zentralen Unterkünften stattfinden», sagte der CDU-Generalsekretär. Hinzu komme, dass in einigen Wochen die Fluchterfahrungen der Frauen und Kinder zum Tragen kämen. «Darauf müssen wir vorbereitet sein. Sie brauchen zügig medizinische Hilfe und psychologischen Beistand.»

Thüringer Verfassungsschutz fordert Registrierung

Der Präsident des Thüringer Verfassungsschutzes, Stephan Kramer, forderte unterdessen eine Registrierung aller Flüchtlinge aus der Ukraine. Angesichts des Verzichts auf reguläre Grenzkontrollen bei der Einreise von Menschen aus dem Kriegsgebiet sei das sinnvoll, sagte Kramer dem «Handelsblatt».

Bei aller Hilfe und allem Mitgefühl dürfe die Sicherheit «unserer Bürger» nicht aus dem Blick verloren werden. Eine Gefahr gehe dabei nicht etwa von den Flüchtlingen aus, sondern möglicherweise von Terrororganisationen oder der organisierten Kriminalität.

Diese könnten sich die Flüchtlingsbewegung und die Hilfsbereitschaft in Deutschland zunutze machen, sagte der Verfassungsschützer. «So könnten beispielsweise islamistische Terrorgruppen die fehlenden Grenzkontrollen nutzen, um potenzielle Attentäter unkontrolliert nach Europa einzuschleusen», sagte Kramer. «Der islamistische Terror ist nicht vorbei, auch wenn uns einige das gerne glauben machen wollen.»