Krimi-Freunde kennen Bärbel Stolz (geb. Schleker) aus der ZDF-Serie SOKO Stuttgart. Hier peppt sie als Sybille Beyer mit ihrem erfrischenden Lokalkolorit die Serie auf. Auch in vielen weiteren Rollen stand Stolz vor der Kamera und den Theaterbühnen der Republik. Sie wurde als „Prenzl-Schwäbin“ bundesweit bekannt, schrieb Bücher und ihr eigenes Bühnenprogramm. Im letzten Jahr wirkte sie als Mutter Sabine (Brenner) in der Comedy-Serie „Tschappel“ mit. Aktuell ist sie beim Dreh für eine weitere Staffel der SOKO Stuttgart dabei.
Wir konnten mit der vielseitigen Schauspielerin ein Interview führen.
Frau Stolz, kann es sein, dass Sie die Schauspielerei in die Wiege gelegt bekamen?
Ja, das kann man tatsächlich sagen. Mein Opa (Martin Schleker, Volksschriftsteller, Autor, Regisseur und Schauspieler) hat ja das Naturtheater Hayingen gegründet und dort dann Stücke geschrieben und inszeniert. Mein Papa, Martin Schleker jun. (de.wikipedia.org/wiki/Martin_Schleker), hat Schauspiel studiert und das Naturtheater voller Herzblut weitergeführt. Er hat die Stücke geschrieben, aus denen ich viel über die Geschichte der Gegend gelernt habe. Die ganze Familie hat mitgespielt. Ich habe die Sommer dort verbracht und wäre nie lieber in einen Sommerurlaub gefahren. Schon als kleines Mädchen habe ich jede Aufführung von Anfang bis Ende mitverfolgt, es wurde mir nie langweilig. Das war der absolute Zauber des Theaters, und ich habe dort auch die Idealform kennengelernt, denn jede*r durfte auf der Bühne blühen, ihre und seine besonderen Talente zeigen, es war ein wunderbares Miteinander. Letztendlich sehr auf den Schultern meines Vaters, aber das habe ich als Kind noch nicht verstanden. Für mich war es nur wunderbar, und mit ungefähr sechs Jahren habe ich meinem Papa gesagt: ich will genau das werden, was du bist!
Das ist mir teilweise gelungen, ich bin nach Berlin, um Schauspiel zu studieren und schreibe auch selbst. Aber ich bin weit davon entfernt, sein Genie zu erreichen. Nicht umsonst nannte man ihn den Brecht des Lautertals.
Ihr Vater schrieb auch Drehbücher. Für wen und mit wem hat er dabei zusammengearbeitet?
Er hat unermüdlich gearbeitet, oft an mehreren Stoffen parallel. Theaterstücke, Hörfunk, Geschichten. Er war zum Beispiel das „Hutzelmännle“ beim SWR, hat Gutenachtgeschichten vorgelesen, die er zum großen Teil auch selbst geschrieben hatte. Drehbücher hat er unter anderem mit und für Felix Huby (eigentlich Eberhard Hungerbühler, de.wikipedia.org/wiki/Felix), der ein enger Freund war, geschrieben. Huby hat auch das Vorwort für sein Buch „Das Vespertäschle“ geschrieben.
Sie legten in Riedlingen das Abitur ab. War danach der Einstieg in das Schauspielgeschäft das einzige Berufsziel?
Während ich Abitur gemacht habe, hatte mein Papa einen Zusammenbruch. Die Belastung durch die vielen „Baustellen“ Naturtheater, Drehen, Schreiben, Theater spielen und proben in Stuttgart und Tübingen, Hörfunk – ich hatte keine rosarote Brille mehr, was den Beruf der Schauspielerin anging. Außerdem hatte ich ein Einser-Abi in der Tasche und einen Biologie-Preis gewonnen, wodurch ich immer wieder zu Seminaren vom Verbund deutscher Biologen eingeladen wurde. Medizin hat mich immer sehr interessiert. Also habe ich mich für den Medizinertest und die Schauspielprüfung angemeldet. Die Schauspielprüfung war zuerst und habe bestanden. Das habe ich als Schicksalswink genommen, sonst wäre ich heute vielleicht Augenärztin.
Wie sehen Sie den größten Unterschied zwischen der Bühne und den Drehs mit Film-Teams und Kollegen?
Schauspielerei ist immer im Moment, es zählt immer der Zauber des Jetzt. Auf der Bühne durchlebt man eine Geschichte zusammen mit Zuschauern, und mal ist die Magie riesig und mal geht es daneben. Keine Vorstellung ist gleich, man steigt immer wieder neu aufs Drahtseil. Beim Film erzählt man die Geschichte in kleinen Häppchen, oft unchronologisch und man muss sich selbst in das Vorher und Nachher reinfühlen. Man wiederholt oft für die einzelnen Kameraeinstellungen. Es zaubern viele daran mit: Kamera, Regie, Kolleg*innen, Schnitt und Musik. Manchmal ist man traurig, einen für sich gelungenen Moment nicht auf der Leinwand zu entdecken, manchmal entsteht eine Szene, die man so gar nicht erwartet hatte.
Als Prenzl-Schwäbin erreichten Sie bundesweite Aufmerksamkeit. Wie kam es dazu?
Die Liebe zum Schwäbischen ist mit der Entfernung zur Heimat gewachsen (sie zwinkert). Ich habe in Berlin immer gern – vor allem mit meinem Bruder Martin Schleker – schwäbisch herumgeblödelt. Nach meiner ersten Schwangerschaft wollte ich etwas fürs Demo-Band aufnehmen und zeigen, dass ich wieder drehen kann. Da habe ich mir eine kleine Szene ausgedacht, den „Integrationskurs für Schwaben in Berlin“. Der Clip kam gut an, und mein Mann Sebastian erfand den Namen „Prenzlschwäbin“. Weil es solchen Spaß gemacht hat, habe ich weitergemacht, und plötzlich gingen die Clips viral, Süddeutsche und die Zeit haben sie geteilt und ich bekam einen Buchvertrag, habe ein Bühnenprogramm geschrieben, mit dem ich getourt bin.
Im Leben geht einem nicht immer alles leicht von der Hand. Mussten Sie auch eine solche Phasen durchleben?
Immer wieder. Mein Papa hat mir nach Berlin einen Brief geschrieben, als ich zu Schauspielschule ging, dass ich mir nun aus meinen Talenten „das schönste und schwerste“ ausgesucht hätte. Die Schauspielerei ist – grade für Frauen- nicht immer ein leichtes Brot, man ist abhängig von vielen Variablen, man schmeißt immer seine Persönlichkeit und Herz offen hin und ist dadurch auch verwundbar. Ich habe zum Glück ein großes Talent zum Glücklichsein und eine gute Resilienz. Und ich interessiere mich für viele Dinge auch außerhalb der Schauspielerei und versuche, meinen Horizont immer zu erweitern.
Aktuell sind Sie als Mutter Sabine in der Serie Tschappel zu sehen. Wie empfanden Sie den Dreh mit den Kollegen?
Ich habe schon die Drehbücher geliebt. Da hat mich viel an meinen Papa erinnert, mit welcher Liebe und Humor die Figuren erzählt werden. Ich hatte sofort Lust, Teil dieser Geschichte zu sein, auch wenn Sabine (erneutes Zwinkern) zumindest in der ersten Staffel keinen großen Raum einnimmt. Bei Tschappel haben sich sehr viele ähnlich tickende Menschen zusammengefunden, es war ein großer Wille, miteinander etwas Großartiges zu schaffen. Das war eine unheimlich inspirierende und liebevolle Zeit, und ich habe viel von den Kolleg*innen vor und hinter der Kamera mitgenommen. Ich habe es genossen, in Ravensburg zu sein, wo meine große Schwester mit ihrer Familie lebt- und meine kleine nebenan in Biberach. Und dass ich meine Freundin Nina Gnädig mit dabeihatte, mit der ich auch in Berlin Tür an Tür wohne, war ein wunderschönes Geschenk.
Das Leben auf dem Lande haben Sie selbst erlebt. Wie sehr erinnerte Sie das Drehbuch an ihre Jugendzeit?
Ich glaube, die Drehbücher funktionieren universell, für jede Jugendzeit. Das ist wirklich gelungen, die Atmosphäre und das Lebensgefühl dieses Zeitabschnitts einzufangen, ob Stadt, Land, heute oder vor 30 Jahren. Auf dem Land „gestrandet“ zu sein, macht sehr kreativ – aber vermutlich geht das auch Jugendlichen in der Stadt so, die so zwischen Kind und Erwachsensein schweben.
Erzählen Sie doch, warum es sich für unsere Leser lohnen wird, die Serie anzusehen?
Die Serie hat einen tollen Rhythmus, die Bilder sind großartig, die Musik reißt mit – und man schließt die Figuren sofort ins Herz. Man kann herzlich lachen, mitfiebern, gerührt sein, nostalgisch werden – und sich denken: isch des schee do!
Falls es eine zweite Staffel gibt, die dann im nächsten Sommer wieder in Zußdorf gedreht wird, freuen Sie sich schon darauf?
Na, aber! Im Sommer, im Winter – jederzeit!
Mehr Infos zu Bärbel Stolz gibt es hier: www.baerbelstolz.com
„Tschappel“ wurde mittlerweile in der Kategorie „Beste Serie national“ für den Jupiter-Award, einem Publikumspreis nominiert. Wer abstimmen möchte, findet „Tschappel“ unter jupiter-award.de/abstimmung/ auf der Seite 3!