Eine Halskette für 89 Cent, kabellose Kopfhörer für knapp 6 Euro oder ein Rucksack für 2 Euro: Der Onlineshop Temu aus China hat absurd günstige Preise, betreibt ein aggressives Marketing – und ist damit äußerst erfolgreich. Doch Verbraucherschützer warnen vor dem chinesischen Shop.
Sie ist derzeit im Internet kaum zu übersehen: Schon seit einiger Zeit flutet der Online-Shop ‚Temu‘ mit seiner aggressiven Werbung die sozialen Netzwerke in Deutschland. Käufer werden durch die extrem niedrigen Preise angelockt.
Und das Prinzip scheint zu funktionieren: Die chinesische Billigplattform ist zwar erst seit dem Frühjahr 2023 in Deutschland auf dem Markt, ist aber schon jetzt die derzeit am häufigsten heruntergeladene kostenlose App im Apple App Store, noch vor TikTok, Amazon oder Instagram.
Warum hat Temu so billige Preise?
Ein Grund für die Spottpreise ist die Struktur des Shops: Bei Temu werden die Produkte nicht direkt von der Plattform selbst verkauft, Temu hat also kein eigenes Warenlager. Der Online-Shop vermittelt direkt zwischen chinesischen Herstellern und deutschen Käufern, d. h. die Ware wird direkt vom Hersteller aus China geliefert.
Durch den direkten Verkauf nach Deutschland ohne Zwischenhändler können die chinesischen Verkäufer ihre Waren sehr günstig anbieten. Außerdem profitieren die Hersteller von dem sogenannten Weltpostvertrag: Für kleine Pakete, die einen Sachwert von 150 Euro nicht überschreiten, müssen sie keine Zollgebühren zahlen.
Wie sicher und gut sind die Produkte von Temu?
Die Verbraucherzentrale weist auf einen Probeeinkauf des WDR-Magazins ‚Servicezeit‘ hin. Hier zeigte sich, dass die günstigen Produkte oft eine schlechte Produktqualität. Häufig lagen den Temu-Produkten keine Bedienungsanleitung in deutscher Sprache bei. Zudem fehlten in den Beschreibungen oft Angaben zu Größe und Gewicht der Ware.
Auf Bewertungsportalen berichten Kunden von Temu ebenso über die mangelhafte Ware. Oft wird die schlechte Qualität, nicht erhaltenen Sendungen oder der schlecht erreichbare Kundenservice bemängelt.
Auch die mangelnde Sicherheit vieler Temu-Produkte ist ein Problem. In der NDR-Sendung wurde beispielsweise gezeigt, wie ein Autotüröffner mit Fernbedienung von Temu auf verbotener Militärfrequenz funkte oder eine Smartwatch ungesicherte Daten übertrug.
Sicherheitsstandards werden nicht eingehalten
Beim Probeeinkauf des WDR hatten die elektronischen Geräte zudem meist kein oder ein gefälschtes CE-Zeichen. Mit diesem Zeichen verpflichten sich europäische Hersteller zur Einhaltung von Sicherheits-, Gesundheits- und Umweltschutzanforderungen. Produkte mit CE-Zeichen entsprechen also den geltenden europäischen Richtlinien.
Waren von Temu ohne dieses Zeichen können zum Beispiel giftige Stoffe oder schlecht verarbeitete Materialien enthalten. In der NDR-Sendung fiel besonders ein testweise gekauften Dampfgarer ins Auge: Dieser hatte nur einen für Kaltgeräte geeigneten dünnen Stecker statt eines dicken Sicherheitssteckers. Außerdem war das Gerät so mangelhaft gebaut, dass Nutzer sich Verbrennungen oder Stromschläge zuziehen könnten.
Einkaufen bei Temu kann teuer werden
Die mangelnde Sicherheit der Produkte kann für den Käufer im Ernstfall sogar Konsequenzen haben: Wenn ein bei Temu gekauftes Produkte nach der Einfuhr in Deutschland einen Schaden anrichtet, muss laut NDR der Käufer dafür gerade stehen. Denn bei einem Direktkauf aus China wird der Käufer automatisch zum Importeur, wodurch auch die Haftung für die Produkte auf ihn übergeht.
Dazu ein Beispiel: Wenn man einen Staubsauger bei Temu kauft, diesen an den Nachbarn verleiht und der Staubsauger dort in Flammen aufgeht, muss man als Käufer des Geräts unter Umständen für entstandene Schäden haften.
Augen auf beim Online-Kauf
Die Verbraucherzentrale weist darauf hin, dass bei jedem Kauf in einem Online-Shop aus dem Ausland Risiken lauern. Sie rät Verbrauchern daher, auf folgende Punkte zu achten:
- Informieren Sie sich über die geltenden Zollbestimmungen. Es drohen zusätzliche Steuern und Zollgebühren.
- Gehen Sie nach Möglichkeit nicht in Vorkasse, sondern zahlen Sie erst, wenn Sie die Ware erhalten haben und zufrieden sind.
- Bekommen Sie Zahlungsaufforderungen, bevor Sie Ware erhalten haben, melden Sie sich beim Online-Kundenservice und erklären dort, dass Sie noch nichts erhalten haben.
- Achten Sie bei elektronischen Geräten auf zugelassene CE-Zeichen.
Wer Online-Shoppingplattformen nutzen möchte, sollte darauf achten, dass die Apps möglichst wenig Zugriff auf das Smartphone haben. So sollte das Standorttracking in den Einstellungen des Smartphones deaktiviert sein. Auch der Zugriff auf Kontakte, Werbe-ID, Fotos und Mikrofon sollte verweigert werden.
Ein wichtiger Aspekt ist auch das Problem der Nachhaltigkeit. Der Temu Onlineshop ist mit seinen Billigprodukten das Gegenteil von verantwortungsvollem Konsum und geht zulasten von Mensch und Umwelt.
(Quelle: Utopia, NDR, Verbraucherzentrale, sicher-im-netz.de)