Tuttlinger Oberbürgermeister lehnt lokale Corona-Aufarbeitung ab

Tuttlinger Oberbürgermeister lehnt lokale Corona-Aufarbeitung ab
Gesperrt: Auch Kinderspielplätze wurden im Frühjahr 2020 dicht gemacht. Diesen Teil der Corona-Maßnahmen sieht OB Michael Beck mittlerweile kritisch. Eine Aufarbeitung der Pandemie könne aber nur auf Bundes- und Landesebene geschehen. (Bild: Stadt Tuttlingen)

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„Eine Aufarbeitung der Corona-Pandemie kann nur auf Bundes- und Landesebene stattfinden“, so OB Michael Beck. Beck reagiert damit auf Forderungen aus Kreisen der sogenannten „Spaziergänger“, eine Bürgerversammlung zur Aufarbeitung der Coronazeit in Tuttlingen einzuberufen.

Knapp 40 Männer und Frauen, die sich seit der Coronazeit immer montags zu den sogenannten „Spaziergängen“ treffen, hatten sich schriftlich an Beck gewandt und gefordert, in einer öffentlichen Versammlung diese Zeit „aufzuarbeiten“.

Von diesem konkreten Vorschlag hält Beck wenig: „Ich wüsste nicht, was wir in Tuttlingen konkret aufarbeiten sollten“, so der OB in seinem Antwortschreiben, „sämtliche Allgemeinverfügungen oder anderen Vorschriften, die wir in dieser Zeit erlassen haben, waren unmittelbar aus dem Landesrecht abgeleitet. Die Entscheidungsspielräume, die wir als Kommune hier hatten, waren denkbar gering.“

Zwar räumt auch Beck ein, dass ihm seinerzeit viele Maßnahmen schwer fielen – zum Beispiel die Sperrung von Kinderspielplätzen. Auch Schul- oder Kindergartenschließungen erschienen im Nachhinein fragwürdig. Allerdings sei es immer leicht, aus der Rückschau ein Urteil zu fällen: „Hinterher ist man immer schlauer.“ Aus der damaligen Sicht, so Beck weiter, sei es in Anbetracht eines unübersehbaren Infektionsgeschehen und einem unerforschten Virus richtig gewesen, im Zweifelsfall eher zu vorsichtig als zu nachlässig zu handeln. Beck weiter: „Dies sehe ich nach wie vor so, und ich beneide niemanden, der in dieser Zeit auf Bundes- oder Landesebene in politischer Verantwortung die entsprechenden Entscheidungen fällen musste.“

Eine Aufarbeitung der Pandemie hält Beck dennoch für sinnvoll: Allerdings nicht – wie aus dem Querdenker-Milieu gefordert – als Abrechnung, an deren Ende dann Schuldige benannt und bestraft werden, sondern als offenen Dialog darüber, wie eine Gesellschaft künftig auf eine solche Herausforderung reagieren kann, und was man verbessern könnte. Beck: „Die nächste Pandemie kommt bestimmt – alle biologischen und ökologischen Entwicklungen sprechen dafür.“ Eine solche Aufarbeitung müsse aber auf Landes- und Bundesebene geschehen. 

(Pressemitteilung: Stadt Tuttlingen)