Weltfrühchentag: Kleine Kämpfer ganz groß

Weltfrühchentag: Kleine Kämpfer ganz groß
Rund 200 Frühchen kommen in der Kinderklinik am St. Elisabethen-Klinikum in Ravensburg pro Jahr zur Welt. Die kleine Merle ist eine von ihnen. (Bild: OSK /Lisa Detzel)

Am 17. November ist Weltfrühchentag. Auch in der Kinderklinik am St. Elisabethen-Klinikum in Ravensburg kommen jährlich etwa 200 Frühgeborene zur Welt. Professionell und liebevoll wird den Frühchen dort ins Leben geholfen und auch die Eltern werden nicht allein gelassen.

Der Bundesverband „Das frühgeborene Kind e.V.“ ruft seit 2011 jedes Jahr am 17. November dazu auf, auf die kleinen Kämpfer aufmerksam zu machen. Auch in der Kinderklinik am St. Elisabethen-Klinikum (EK) in Ravensburg der Weltfrühgeborenentag gefeiert.

Jedes 10. Kind kommt zu früh zur Welt

Mehr als 60.0000 Babys – jedes zehnte Kind – kommen in Deutschland als Frühchen zur Welt, also in der 37. Schwangerschaftswoche oder früher. Ein Sechstel davon wiegt bei der Geburt unter 1500 Gramm, etwa 1000 Babys sind sogar leichter als 500 Gramm.

Am EK kommen jährlich etwa 200 Frühgeborene zur Welt. Das kleinste und zierlichste Baby des Jahres hört auf den Namen Merle Detzel. Die Kleine durfte am Donnerstag nach acht Wochen stationärem Aufenthalt endlich mit Ihrer Mutter Lisa Detzel und Vater Benjamin Scheyerle das Krankenhaus verlassen und ihr Zuhause in Vogt kennenlernen.

Nur 770 Gramm leicht und 32 Zentimeter klein war Merle bei ihrer Geburt am 20. September. Sie kam drei Monate zu früh, in der 28. Schwangerschaftswoche, auf die Welt. Ihr Kopfumfang betrug nur 23 Zentimeter.

Geburt per Notkaiserschnitt

Seit Mittwoch wiegt sie exakt vier Pfund, und ihre Mutter, eine gelernte Altenpflegerin, ist erleichtert: „Eigentlich wollte ich Merle genauso wie Lena, unsere Dreijährige, am Westallgäu-Klinikum in Wangen zur Welt bringen“, sagt die 33-jährige Lisa Detzel.

„Da mein Blutdruck und später auch die Dopplerwerte und die Versorgung des Kindes nicht mehr optimal waren, gingen wir dieses Mal nach Ravensburg an die Kinderklinik. Es ging alles plötzlich sehr schnell. Mein Blutdruck war bei 210/120, meine Frauenärztin schickte mich ans EK, und hier haben wir uns wegen der Schwangerschaftsvergiftung und der zunehmend schlechteren Versorgung für einen Kaiserschnitt entschieden, um einen späteren Notkaiserschnitt zu vermeiden.“

Weiterwachsen im Inkubator

Frisch auf der Welt wurde Merle sofort verkabelt und im Inkubator warmgehalten. Sechs winzige Schläuche, Sonden und Infusionen halfen ihr bei Ernährung und Atmung und kontrollierten die lebenswichtigen Funktionen.

Auch Coffeintröpfchen bekam das Baby – in jedem stecken 0,5 Milligramm Koffein, das die Atmung und Aktivität unterstützt. Und die Pflegekräfte brachten selbstgestrickte Mützchen und eine Wimpelkette mit, auf der jeder 500-Gramm-Schritt extra einen Aufdruck bekam.

Eltern wird Mut gemacht

„Wir sind wahnsinnig froh, dass wir hier sein konnten. Es stand kurz im Raum, dass wir in die Uniklinik Ulm gehen, aber wir sind hier hervorragend betreut worden“, erzählt Lisa Detzel. „Die Mitarbeiterinnen in Ravensburg sind nicht nur fachlich kompetent, sondern auch wahnsinnig freundlich und haben mir immer wieder Mut gemacht.

Nur durch die Nähe zum Krankenhaus, den Ärzten und Pflegekräften war es uns möglich, den Spagat zwischen Alltag mit unserer Tochter zu Hause und der Zeit mit Merle im Krankenhaus zu meistern.“

„Besonders beeindruckt hat mich die Ruhe der Mitarbeiterinnen und der Optimismus, den sie ausgestrahlt haben. Das tat so gut. Und das hat mir die Angst genommen. Ich wusste einfach, Merle ist hier gut aufgehoben und in den besten Händen.“

Infektionen sind häufigste Ursache für Frühgeburten

Das Perinatalzentrum in Ravensburg, das für die höchste Versorgungsstufe eins zertifiziert ist, kann Frühgeborene jeden Alters versorgen. Im EK bleiben die kleinen Patienten im Schnitt sechs bis zwölf Wochen, zunächst auf der Kinderintensivstation, später auf der Intermediate Care. Sie werden rund um die Uhr von Ärzten, Pflegekräften und Physiotherapeuten betreut.

„Wir hatten hier auch schon Kinder mit 500 oder 600 Gramm“, sagt Steffen Wiedenmann, Leiter der Kinderintensivstation, und erläutert: „Häufigste Ursache für Frühgeburten sind Infektionen gefolgt von Schwangerschaftsvergiftungen, das bedeutet: Blut- und Leberwerte der Mütter werden schlechter, die Blutversorgung des Babys ist nicht mehr gesichert.“

Darum hole man die Frühgeborenen zumeist per Kaiserschnitt auf die Welt. „Danach werden sie sofort an die Überwachung angeschlossen und bei der Atmung unterstützt oder mit einer Beatmungsmaschine dazu animiert.“

Als einzige Klinik in der Region höchste Versorgungsstufe für Frühgeborene

Der Ravensburger Chefarzt Dr. PD Andreas Artlich, Vizepräsident des Verbands der Leitenden Kinder- und Jugendärzte und Kinderchirurgen Deutschlands, fühlt sich vom Feedback der Frühchenfamilien bestätigt: „Es braucht in unserer Region definitiv ein Level I Zentrum.“

Das EK hat als einzige Klinik in der Region diese höchste Versorgungsstufe für Frühgeborene – sie kommen auch aus den Kreisen Biberach, Sigmaringen und vom Bodensee. Das Team der Kinderklinik hole auch kranke Neugeborene aus den Geburtskliniken der Umgebung mit dem Baby-Notfallwagen ab. „Ulm als Alternative ist viel zu weit weg, um all diese Kliniken im Notfall schnell zu erreichen.“

(Pressemitteilung: OSK)