Cavazzen präsentiert sich prächtig saniert Spätbarockes Stadtmuseum erstrahlt in neuem Glanz

Spätbarockes Stadtmuseum erstrahlt in neuem Glanz
Das historische Lindauer Stadtmuseum wurde in den vergangenen sechs Jahren für mehr als 33 Millionen Euro saniert. (Bild: Wilfried Vögel)

Mehr als zehn Jahre Vorbereitung waren notwendig, ehe das wohl schönste Bürgerhaus am Bodensee feierlich wiedereröffnet werden kann. Vom Keller bis zum Dach erfuhr die „barocke Schönheit“ am Marktplatz mitten auf der Lindauer Insel eine gelungene, umfassende Generalsanierung und auch teilweise Umgestaltung. Am 17. und 18. Mai wird die Wiedereröffnung mit einem Tag der offenen Tür samt einem italienischen Fest groß gefeiert.

Was zuerst als fast „unendliche Geschichte“ galt, ist jetzt wieder ein Schmuckstück auf der historischen Lindauer Insel.

Bürgermeisterin Katrin Dorfmüller war es, wie auch den anderen Mitgliedern des Stadtrates, ein riesengroßes Anliegen, dieses herrliche Kulturgut und historisches Denkmal der Nachwelt zu erhalten und auch einer neuen, vielfältigen Nutzung zuzuführen. Für sie und ihre Stadtratskolleginnen und Kollegen war von Anfang an, klar, dass es um „sein oder nicht sein“ geht. Ohne die Generalsanierung hätte es für dieses Kleinod keine Zukunft gegeben. Es ging darum, ein Stück kulturelle Identität der Stadt zu bewahren. 

Stadtrat rettet dieses einmalige kulturelle Erbe der Stadt

Der Stadtrat habe damals großen Mut gezeigt und sich einstimmig für eine Sanierung ausgesprochen. Dorfmüller: „So haben wir dieses kulturelle Erbe retten können“. Jetzt sei es perfekt gelungen, Geschichte und Innovation zu verbinden. Ohne die großzügig Unterstützung vieler Förderer und Spender sei dies nicht möglich gewesen.

Vielfältige Förderer, Spender und Unterstützer

Alleine hätte die Stadt die Sanierung niemals stemmen können. Aufgrund von höchst erfreulichen Förderungen von Bund, Land, Bezirk, Landkreis und verschiedener Stiftungen und Institutionen sei der Kraftakt gelungen. Die Rede ist von Gesamtkosten in Höhe rund 34 Millionen Euro.

Spenden habe es, so Dorfmüller, auch von zahlreichen Bürgerinnen und Bürgern gegeben.

Der neue alte Eingang: Mit prachtvollem Portal und detailreicher Fassade empfängt der Cavazzen seine Besucher – frisch restauriert und bereit für ein neues Kapitel Stadtgeschichte.
Der neue alte Eingang: Mit prachtvollem Portal und detailreicher Fassade empfängt der Cavazzen seine Besucher – frisch restauriert und bereit für ein neues Kapitel Stadtgeschichte. (Bild: Wilfried Vögel)

Bedeutender Akteur in der europäischen Kulturlandschaft

Kulturamtsleiter Alexander Warmbrunn hob den Cavazzen als bedeutenden Akteur in der Kulturlandschaft der internationalen Bodenseeregion hervor. Warmbrunn weiter: „Wir stehen hier im Zentrum europäischer Kulturgeschichte“

Museumsleiterin Barbara Reil berichtete, dass der Cavazzen das gesamte Team immer wieder an seine Grenzen gebracht habe. Jetzt habe sich die großartige Chance ergeben, ein modernes Museum zu entwickeln, das eine einzigartige Plattform für vielerlei Formen der Begegnung und des Austausches biete.

Neues Ausstellungserlebnis geschaffen

Museumsplaner und Ausstellungsgestalter Tom Duncan, berichtete, dass sich mit der Sanierung des Cavazzen die Chance geboten habe, ein neues Ausstellungserlebnis zu schaffen. Sowohl Museumsbesucher als auch Menschen, die sonst kaum ein Museum besuchen, sollen angesprochen werden. Duncan: „Das Zusammenspiel von Form, Farbe und Medien in den historischen Räumen soll inhaltlich und atmosphärisch in Erinnerung bleiben“.

Viele behutsame Handgriffe

Ingenieur und Bauüberwacher Florian Weber erwähnte die vielfältigen Herausforderungen für die Planer aber auch für alle beteiligten Handwerker. Man sei extrem behutsam an die Arbeiten herangegangen um die Geschichte des Hauses mit jedem einzelnen Handgriff zu bewahren. Alle hätten eine hervorragende Leistung erbracht.

„Der Cavazzen ist gesichert!“

Hilmar Ordelheide vom Lindauer Stadtbauamt hob die große Bereitschaft zur Zusammenarbeit und zur Kompromissfindung aller Beteiligten hervor. Es galt, den historischen Charme des Hauses mit modernen Standards in Einklang zu bringen Dazu gehörten auch die Sicherheit für Nutzer und Objekte aber auch die barrierefreie Erschließung. Ordelheide abschließend: „Die Zukunft des Cavazzen ist gesichert!“

Der Vorsitzende des Fördervereins Cavazzen, Winfried Hamann, war sichtlich stolz auf die Leistungsbereitschaft seiner Mitglieder. Insgesamt seien rund 400.000 Euro an Spendengeldern gesammelt worden. Ein sichtbares Zeichen dafür, dass der Cavazzen den Bürgern der Stadt am Herzen liege.

Eröffnung im Innenhof des Cavazzen: Erste Einblicke in das sanierte Stadtmuseum und sein neues Ausstellungskonzept.
Eröffnung im Innenhof des Cavazzen: Erste Einblicke in das sanierte Stadtmuseum und sein neues Ausstellungskonzept. (Bild: Wilfried Vögel)

Riesige Mängelliste

Die Liste der Mängel reichte von schwerwiegenden Schäden an der Gebäudesubstanz über die veraltete Haustechnik bis zum feuchten Keller. Mief und Schimmel, Baufälligkeit, Gebäudeschäden überall! Also war dringender Handlungsbedarf geboten, um das Haus überhaupt erhalten zu können.

Cavazzen eng mit der Stadtgeschichte verbunden

Die Geschichte des Cavazzen ist natürlich eng mit der Stadtgeschichte verbunden. Sie handelt vom emsigen Handel und Umschlagplatz von Gütern und Waren alle Art. Und von einer besonderen Drehscheibe des Handels und Verkehrs in Europa. Der barocke Prachtbau stand explizit für Lebensart, Bürgerstolz und grenzüberschreitenden kulturellen und wirtschaftlichen Austausch. Diese Geschichte wird im sanierten Cavazzen, auch medial, jetzt anschaulich und erlebbar.

Ein Meisterwerk der Zimmermannskunst: Der freigelegte Dachstuhl des Cavazzen beeindruckt mit seiner historischen Holzkonstruktion und technischer Raffinesse.
Ein Meisterwerk der Zimmermannskunst: Der freigelegte Dachstuhl des Cavazzen beeindruckt mit seiner historischen Holzkonstruktion und technischer Raffinesse. (Bild: Wilfried Vögel)

Lindauer Bote schuf die enge Verbindung nach Italien

Besondere Erwähnung erfährt der „Lindauer Bote“ der vom 15. bis zum 19. Jahrhundert Lindau mit Mailand verband und den sogar schon Wolfgang von Goethe auf seinen Italienreisen nutzte. Es handelte sich um eine Kutschenverbindung von Lindau über die Via Mala, Como bis nach Mailand.

Ziel von Besuchen unzähliger Architekturstudenten aus aller Welt ist der gewaltige, jetzt offengelegte und sichtbare Dachstuhl, der in seiner freitragenden Form einmalige Zimmermannskunst repräsentiert.

Reiche Entstehungsgeschichte – vom Wohnpalais bis zum Stadtmuseum

Ende des 16. Jahrhunderts hatte mitten auf der Lindauer Insel die aus der Lombardei stammende Familie „de Kawatz“ ein Wohnhaus errichtet. 1728, nach einem verheerenden Stadtbrand, hat die Familie Seutter von Loetzen das Haus erworben und durch den Appenzeller Architekten und Baumeister Jakob Grubenmann ein prunkvolles Wohn- und Handelshaus errichten lassen. Über 200 Jahre lang bewohnte die Familie das barocke Bürgerpalais, ehe es an den Lindauer Ingenieur Ludwig Kick verkauft wurde. Der stellte das Haus über die „Ludwig- und Lydia Kick’sche Familienstiftung der Stadt mit der Maßgabe zur Verfügung, ein Stadtmuseum zu errichten.

Blick vom Dach des Cavazzen: Über den Giebeln der Altstadt zeigt sich Lindau mit Bodensee und Alpenkulisse von seiner schönsten Seite.
Blick vom Dach des Cavazzen: Über den Giebeln der Altstadt zeigt sich Lindau mit Bodensee und Alpenkulisse von seiner schönsten Seite. (Bild: Wilfried Vögel)

1930 wurde das Heimatmuseum eröffnet. 2011 erfolgten erste Sonderausstellungen der klassischen Moderne. 2012 wurde immer klarer, dass die alte Bausubstanz immer mehr in Gefahr gerät, dem Haus insgesamt der Verfall drohte.

Stadtrat stellte einstimmig die Weichen

2016 beschloss der Stadtrat einstimmig die Sanierung. Voraus gegangen waren zahllose, intensive Gespräche und Verhandlungen über die Generalsanierung und damit verbunden mögliche Fördermöglichkeiten.  2019 bewilligte der Freistaat Bayern Mittel aus dem Bund-Länder-Programm „Städtebau“.  Insgesamt beteiligten sich neun Förderstellen an der Finanzierung. 2025 begann der komplizierte und komplexe Innenausbau. Dieser Ausbau ist jetzt fertiggestellt. Das Museum kann – nach langer und intensiver Bauzeit – endlich wieder eröffnen.

Einblicke ins neue Stadtmuseum: Das eindrucksvolle Lindau-Panorama aus dem 16. Jahrhundert zählt zu den Highlights der neu gestalteten Ausstellung im Cavazzen.
Einblicke ins neue Stadtmuseum: Das eindrucksvolle Lindau-Panorama aus dem 16. Jahrhundert zählt zu den Highlights der neu gestalteten Ausstellung im Cavazzen. (Bild: Wilfried Vögel)

Die Besucher erleben jetzt ein kurzweiliges Erlebnis, das auch Kinder und Jugendliche ansprechen soll. In wunderschönen Ateliers finden künftig Workshops und Angebote für Schulklassen statt. Der jetzt nutzbare Gewölbekeller steht für Veranstaltungen vielfältiger Art zur Verfügung. Auch an eine zeitgemäße Gastronomie im sogenannte „Kleinen Cavazzen“, einem integrierten Nebengebäude, haben die Planer gedacht.

Großes Einweihungsfest am Wochenende 17./18. Mai mit italienischem Flair

Die Wiedereröffnung wird am kommenden Wochenende mit einem großen Fest gefeiert. Das Museum öffnet wieder seine Tore. An diesem Wochenende verwandelt sich der Marktplatz in eine italienische Piazza.

Am Samstag, 17. Mai findet die offizielle Eröffnung statt. Ab 11.00 Uhr darf jedermann bei einem Tag der offenen Tür diese einmalige „Barockschönheit“ vom Keller bis zum Dach erkunden. Ab 18.00 Uhr gibt es an verschiedenen Ständen vor dem Haus allerlei italienische Speisen und Getränke. Ab 18.30 Uhr präsentiert das Giovanni Costello Quartett Italo-Klänge von Feinsten, ehe um 21.00 Uhr der Lichtkünstler Gregor Eisenmann die reich bemalte Fassade des Cavazzen optisch wieder zum Leben erwecken wird.

Am Sonntag, 18. Mai, dürfen kleine und große Künstlerinnen und Künstler aus der Region die Bühne im Innenhof erobern. Von 11.00 bis 18.00 Uhr sind kostenlose Führungen geplant.

Dolce Vita in der Inselstadt

Nach der anspruchsvollen Umbauzeit, in der der Cavazzen meistens verhüllt war, will der spätbarocke Prachtbau den Gästen italienisches Flair und ein Wochenende mit viel Dolce Vita am Bodensee mitten auf der herrlichen Insel bieten.

Kultur-Highlights sollen internationales Publikum begeistern

Das Glück soll im neuen Jahr komplett werden, wenn neue Ausstellungen der „Barockschönheit“ noch mehr Glanz geben werden. Zusammen mit dem „Kunstforum Hundertwasser“ in der „alten Post“ beim Inselbahnhof bietet Lindau dann zwei außergewöhnliche Kultur-Highlights, die ein internationales Publikum begeistern sollen. Grund genug für einen Besuch der historisches Inselstadt, die jetzt ein weiteres Highlight präsentieren kann.