„Seien Sie immer interessiert und neugierig!“ Nobelpreisträger Erwin Neher steht beim Schülergespräch im Valentin-Heider Gymnasium Rede und Antwort

Nobelpreisträger Erwin Neher.
Nobelpreisträger Erwin Neher. (Bild: Wilfried Vögel)

Es hat schon Tradition, dass ein ausgewählter Nobelpreisträger während der Tagung in Lindau bei einem Schülergespräch interessierten Schülerinnen und Schülern Rede und Antwort steht, gleichzeitig aber auch über seine Forschungsarbeit und natürlich den Nobelpreis berichtet.

In diesem Jahr, anlässlich der 72. Lindauer Nobelpreisträgertagung, war dies der Biophysiker Erwin Neher.

Neher, Jahrgang 1944, geboren in Landsberg, Jugendzeit im Unterallgäuer Buchloe, absolvierte am Maristenkolleg in Mindelheim seine Gymnasialzeit. Dort waren Mathematik und Physik seine Lieblingsfächer. Er studierte ab 1963 Physik an der TU München und ab 1966 mit Hilfe eines Fulbright-Stipendiums an der University of Wisconsin.

Am Max-Planck-Institut in München promovierte er 1970 bei Hans Dieter Lux, in dessen Labor er auch Bert Sakmann kennenlernte. Ab 1976 hatten Neher und Sakmann zusammen an der Universität Göttingen ein Young Investigator Laboratory, wo sie zusammen mit weiteren Forschern arbeiteten.

Der Nachweis über die Funktionsweise von Ionenkanälen führte zum Nobelpreis

Erwin Neher und Bert Sakmann erhielten 1991 den Nobelpreis für Physiologie/Medizin für ihre Entwicklung einer Methode zum direkten Nachweis von einzelnen Ionenkanälen in Zellmembranen. Beide Wissenschaftler waren federführend an der Entwicklung der “Patch-Clamp-Technik“ beteiligt, die die Grundlage für ihre Entdeckungen bildete.

Neher war von 1983 bis zu seiner Emeritierung im Jahr 2011 Direktor am Max-Planck-Institut für biophysikalische Chemie in Göttingen und Leiter der Abteilung Membranbiophysik. Seitdem ist er Leiter einer Emeritus-Arbeitsgruppe.

Interessiert für alles, was sich bewegt

Schon früh wollte er den Dingen auf den Grund gehen. Bereits in der Kindheit, so Neher am Dienstagnachmittag im Valentin-Heider-Gymnasium, interessierte er sich für alles, was sich bewegt – in der Biologie aber auch in der Technik.

Im Studium beschäftigte ihn insbesondere, welche Rolle elektrische Signale im Körper spielen. Er wollte Biophysiker werde, diesen Studiengang gab es damals noch nicht. Also fing er mit Physik an.

Sein enormer Wissensdurst führte ihn an die Technische Universität in München und weiter für ein Jahr im Zuge eines Stipendiums an die University of Wisconsin.

Am Münchner Max-Planck-Institut lernte er Bert Sakmann kennen. Aus dieser Freundschaft entwickelten sich bahnbrechende Erkenntnisse im Bereich der Ionenkanäle.

Innovative „Patch-Clamp-Technik“ entwickelt

Der Allgäuer und Sakmann entwickelten dann am Göttinger Max-Planck-Institut die bereits erwähnte „Patch-Clamp-Technik“. Mit dieser innovativen Methode gelang es den beiden Forschern, selbst minimalste elektrische Ströme zwischen den Köperzellen und ihrer Umgebung zu messen. Es war, so Neher, schon ein anstrengender Weg bis zum Erfolg. Dieser wurde 1991 für beide mit dem Nobelpreis belohnt.

Erwin Neher schilderte ausführlich seine Forschungsarbeit im „Kosmos der Signale im menschlichen Körper“. Oft kamen ihm, so der Wissenschaftler“ auch Zufälle zu Hilfe. Er wollte verstehen, wie Nerven, Muskeln und Zellen zusammenspielen. Und was passiert, wenn dieses bioelektrische Gleichgewicht gestört ist.

Gestörte Ionenkanäle sind an vielen Krankheiten beteiligt

Am Beispiel der Krankheit „Muskoviszidose“ erläuterte Neher den fasziniert lauschenden Schülerinnen und Schüler, welche Rolle die Ionenkanäle bei der Erkennung und Behandlung der Krankheit spielen. Gestörte Ionenkanäle können auch in inneren Organen, wie z.B. im Herzmuskel schwere Erkrankungen auslösen. Auch Diabetes kann auf eine Störung in den Ionenkanälen zurückgeführt werden.

Neher konnte auch nachweisen, dass andere (Stör-)Faktoren wie eine mechanische Dehnung, Hormone. Duftstoffe aber auch Hitze oder Kälte, die Funktionsweise der Ionenkanäle beeinflussen können.

Gute Schulbildung ist wichtig. „Seien Sie immer interessiert und neugierig!“ Es gibt noch viel zu forschen

„Seien Sie interessiert und neugierig!“ Das riet der Nobelpreisträger den jungen Menschen. Es gäbe noch viele offenen Fragen und Probleme, die gelöst werden müssten. Und es gäbe noch viel zu forschen. Eine gute Schulbildung sei auf jeden Fall wichtig für eine spätere wissenschaftliche Karriere. Auch wenn nicht jede Karriere mit dem Nobelpreis gekrönt werden könne.

Neher gab den Schülerinnen und Schülern zahlreiche Tipps und Ratschläge mit auf ihren Weg.
Neher gab den Schülerinnen und Schülern zahlreiche Tipps und Ratschläge mit auf ihren Weg. (Bild: Wilfried Vögel)

Neher freut sich, bei der Lindauer Nobelpreisträgertagung natürlich auf viele Kollegen aber auch zahlreiche wissensdurstige Nachwuchswissenschaftler zu treffen.

Am Schülergespräch nahmen Schüler*innen und Lehrkräfte der beiden Lindauer Gymnasien, vom Karl-Maybach-Gymnasium in Friedrichshafen, vom Spohn-Gymnasium Ravensburg und von der Kantonsschule Hohe Promenade aus Zürich teil.