Am Sonntagnachmittag hat Bettina Gräfin Bernadotte af Wisborg als Präsidentin des Kuratoriums die 72. Lindauer Nobelpreisträgertagung in Anwesenheit von rund 40 Nobelpreisträger*innen und hunderten von Nachwuchswissenschaftler*innen aus 89 Ländern sowie zahlreicher Ehrengästen und Medienvertretern in der Lindauer Inselhalle eröffnet. Alle Festredner*innen betonten und lobten den außergewöhnlichen „Spirit of Lindau“, den einzigartigen Geist, der die Lindauer Tagung umweht.
Die geballte Intelligenz der Welt zu Gast am Bodensee
In den darauffolgenden Tagen wird die Stadt am Bodensee die wohl höchste Dichte an Nobelpreisträgern aufweisen, die jenseits der eigentlichen Verleihungen in Schweden zu erreichen ist: 40 Preisträgerinnen und -träger haben für die diesjährige Tagung zugesagt. Die „geballte Intelligenz der Welt“ ist in dieser Woche sozusagen zu Gast am Bodensee.
Thomas Perlmann vom Nobelkommitée aus Stockholm hielt ebenso eine Begrüßungsansprache wie Bettina Stark-Watzinger, Deutsche Bildungs- und Forschungsministerin, als auch der Österreichische Bildungsminister Martin Polaschek. Der ehemalige amerikanische Vizepräsident und Friedensnobelpreisträger (2007), Al Gore, verlas eine Grußbotschaft per Video.

Einzigartiges Forum zum wissenschaftlichen Erfahrungsaustausch
Die Tagung bietet Preisträger*innen und jungen Forscher*innen aus der ganzen Welt ein perfektes Forum, um sich über ihre Arbeit auszutauschen – eine auf der Welt einzigartige Plattform.
In Forschungseinrichtungen und Universitäten rund um den Globus entdeckten kürzlich 444 junge Wissenschaftler*innen aus 89 Ländern eine erfreuliche Nachricht in ihren Postfächern: die Einladung zur 72. Lindauer Nobelpreisträgertagung, die in der letzten Juniwoche 2023 Nobelpreisträger*innen und junge Forscher*innen aus dem Themenfeld Physiologie/Medizin am Bodensee versammelt.
72. Tagung ist der Medizin/Physiologie gewidmet
Die 72. Lindauer Nobelpreisträgertagung ist schwerpunktmäßig Themen aus Physiologie und Medizin gewidmet. Junge Wissenschaftler*innen, die aus diesem Bereich ausgewählt wurden und an der digitalen Tagung teilgenommen haben, sind eingeladen, vom 25. bis 30. Juni 2023 vor Ort dabei zu sein. Zusätzlich sind die im Bewerbungsverfahren 2022-23 ausgewählten Nachwuchswissenschaftler*innen ebenfalls nach Lindau gereist.
Lindauer Tagung soll Hoffnung auf eine besser Zukunft machen

Am frühen Nachmittag eröffnete Bettina Gräfin Bernadotte af Wisborg als Präsidentin des Kuratoriums die 72. Lindauer Nobelpreisträgertagung: „Neben der Frage, wie die Tagungen in Zukunft mit dem Klimawandel und der künstlichen Intelligenz umgehen, ist auch dieses Mal Diversität wichtig: Wir sind fest davon überzeugt, dass größere Vielfalt uns hilft, unser Motto „Educate. Inspire. Connect.“ effektiver zu erreichen. Darüber hinaus sehen wir um uns herum eine Welt voller Konflikte. Lassen Sie uns daher diese Lindauer Nobelpreisträgertagung zu einem Statement der Hoffnung und des Glaubens an eine bessere Zukunft machen. Diese Überzeugung basiert auf der Kraft des Austausches zwischen Kulturen und Generationen und auf den Ergebnissen dieser Erfahrung.“
Forschungspolitik zu Gast bei der Eröffnung
Bettina Stark-Watzinger, Bundesministerin für Bildung und Forschung (FDP), betonte in ihrem Grußwort in Lindau: „Spitzenforschung lebt vom Austausch über Grenzen, Kulturen und Generationen hinweg. Nur wenn die Perspektiven und Erkenntnisse von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern verschiedener Nationen zusammenkommen, lassen sich globale Herausforderungen lösen.

Die Nobelpreisträgertagungen in Lindau sind hierfür als internationales Forum der Begegnung besonders wertvoll. Hier entstehen nicht nur wichtige Netzwerke, sondern auch Brücken zwischen den Nationen. Als Bundesregierung unterstützen wir die Tagungen immer wieder gerne. Es freut mich sehr, dass in diesem Jahr Künstliche Intelligenz auf der Agenda steht. Denn KI ist eine riesige Chance, die wir ergreifen müssen.“
Markus Blume: „Lindau wieder ganz großes Wirtschaftskino“
Markus Blume, Vorsitzender der Gemeinsamen Wissenschaftskonferenz und Bayerischer Wissenschaftsminister, anlässlich der 72. Tagungseröffnung in Lindau am bayerischen Bodensee: „Lindau, das ist auch in diesem Jahr wieder ganz großes Wissenschaftskino. Die Nobelpreisträgertagungen sind eine einzigartige Plattform für den Austausch und die Vernetzung von Nachwuchsforscherinnen und -forschern mit der Top-Elite der Wissenschaft. In Deutschland gibt es für ein solches Treffen keinen geeigneteren Ort als Bayern, denn der Freistaat investiert mit seiner 5,5 Milliarden schweren Innovationsoffensive ‚Hightech Agenda‘ massiv in die Forschung und Lehre der Zukunft. Wir bauen die schon jetzt hervorragenden Bedingungen für innovative Forschung gezielt weiter aus und machen Bayern als Wissenschaftsstandort von Weltrang zukunftsfest. Welcome to Bavaria! Das gilt nicht nur im Rahmen der Nobelpreisträgertagungen, sondern wir freuen uns jederzeit, herausragende Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus der ganzen Welt für unseren Hochschulstandort zu gewinnen.“

Al Gore: „Nachwuchswissenschaftler*innen sollen aktiver werden!
In einer Videobotschaft rief der frühere US-Vizepräsident und Friedensnobelpreisträger (2007) Al Gore die Tagungsteilnehmer auf, ihre Forschungserkenntnisse gerade im Kontext des Klimawandels aktiv gegenüber Politikern und der Regierung, dem Privatsektor, Unternehmen und der Zivilgesellschaft zu vertreten.
Wissenschaftliches Programm bis kommenden Freitag
Mit Künstlicher Intelligenz in der Medizin und Auswirkungen des Klimawandels auf die Gesundheit werden aktuelle Fragestellungen aufgegriffen. Gemäß ihrem Selbstverständnis adressiert die Tagung erneut Themen aus dem Bereich „Wissenschaft in der Gesellschaft“, dieses Jahr mit besonderem Augenmerk auf Diversität in der Forschung.
Die Eröffnung wurde mit allerfeinsten musikalischen Darbietungen durch ein Streichquartett der Wiener Philharmoniker begleitet. Passend dazu folgte ein Empfang der Republik Österreich im Foyer der Inselhalle mit Gelegenheit zum persönlichen Austausch.

Um 16.45 Uhr bildete eine Podiumsdiskussion den Auftakt des wissenschaftlichen Programms: Die Nobelpreisträger*innen Martin Chalfie, Emmanuelle Charpentier, Christiane Nüsslein-Volhard und Harold E. Varmus sowie die beiden Nachwuchswissenschaftlerinnen Rasha Shraim und Marwa Shumo erörterten das Thema Diversität in der Wissenschaft.
Preisträger Morten Meldal war 1986 bereits als junger Wissenschaftler dabei
In diesem Jahr ist auch der dänische Chemiker Morten Meldal mit dabei. 1986 war er selbst bereits als 32-jähriger Wissenschaftler zu Gast in Lindau und kehrt nun als Nobelpreisträger von 2022 zurück an den Bodensee. Er wurde für seine Arbeit zur sogenannten „Click-Chemie“ mit dem Nobelpreis ausgezeichnet, mit deren Hilfe zielgerichtete Medikamente entwickelt werden können. Der deutsche Chemie-Nobelpreisträger von 2014 und Max-Planck-Forscher Stefan Hell soll laut Programm während der Tagung neben vielen anderen ebenfalls eine Vorlesung halten.
Inspirierende Vorträge und Podiumsdiskussionen
Die Vorträge, die während der Lindauer Tagungen gehalten werden, sind nicht nur äußerst inspirierend und motivierend, sondern zeichnen sich auch durch eine anschauliche Darstellung der Inhalte aus. Nobelpreisträger*innen stellen aktuelle Forschungsergebnisse vor, erläutern ihre eigenen historischen Forschungen oder schärfen das Bewusstsein für grundlegende Themen und Fragestellungen.
Im Rahmen der Agora Talks werden ausgewählte Themen von einem oder mehreren Nobelpreisträger*innen und einer*m Moderator*in diskutiert. Die Zuhörerschaft kann in offener und ungezwungener Atmosphäre Fragen stellen. Das Format eignet sich insbesondere für kontroverse und aktuelle Themen.
Erfahrungs- und Wissensaustausch in kleinen Gruppen
Bei den Lindauer Tagungen erhält jede*r Nobelpreisträger*in die Möglichkeit zum Austausch mit den Nachwuchswissenschaftler*innen in kleineren Gruppen. Dieses Angebot richtet sich exklusiv an Nachwuchswissenschaftler*innen. Die informelle und offene Atmosphäre der Open Exchanges ermöglicht persönliche Fragen, kontroverse Diskussionen, aber auch vertiefende Analysen.
Hochkarätig besetzte Podiumsdiskussionen, die aktuelle und relevante Themen zum Inhalt haben, sind ein wesentlicher Bestanteil der Lindauer Tagungen. Durch die aktive Teilnahme der Nobelpreisträger*innen an diesen Diskussionen werden fundierte Ein- und Ausblicke in den Stand der Forschung in den verschiedensten Bereichen vermittelt.
Einzigartiger wissenschaftlicher Dialog seit 1951
Seit 1951 bieten die Lindauer Nobelpreisträgertagungen ein einzigartiges internationales Forum, das den wissenschaftlichen Dialog zwischen den Generationen und Kulturen fördert.
Die Lindauer Nobelpreisträgertagungen finden jährlich statt, mit wechselnden disziplinären Schwerpunkten.
Zwei Lindauer Ärzte hatten die Idee, Wissenschaftler und Nobelpreisträger aus ganz Europa zusammenzubringen. Sie zielten darauf ab, die wissenschaftliche Isolation Deutschlands zu beenden. Franz Karl Hein und Gustav Wilhelm Parade wandten sich mit der Bitte um Unterstützung an Graf Lennart Bernadotte auf der Insel Mainau, Mitglied des schwedischen Königshauses, der von ihrer Idee begeistert war und wertvolle Kontakte beitrug. Sein Großvater hatte 1901 die ersten Nobelpreise an die Preisträger überreicht. Ziel der Tagung war, Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler wieder zusammenzubringen und den Dialog neu zu beginnen.
Der Traum lebt weiter
Im Zeitalter globaler Herausforderungen lebt die Mission der Lindauer Nobelpreisträgertagungen weiter. Educate. Inspire. Connect. – das Motto der Tagungen – ist wichtiger und relevanter denn je. Vor 70 Jahren hatten die Gründer einen Traum und dieser Traum lebt in den Wissenschaftler*innen und Nobelpreisträger*innen der Zukunft weiter.
Marius Müller-Westernhagen neues Mitglied im Ehrensenat
Im Rahmen der Eröffnung der 72. Lindauer Nobelpreisträgertagung wurde der deutsche Singer-Songwriter Marius Müller-Westernhagen in den Ehrensenat der Stiftung Lindauer Nobelpreisträgertagungen aufgenommen.

Deren Vorstandsvorsitzender, Professor Jürgen Kluge, betonte in seiner Laudatio: „Nicht nur mit seinen Texten, sondern auch mit seinem persönlichen Engagement setzt sich der im deutschsprachigen Raum seit Jahrzehnten einflussreiche Künstler für Vielfalt, Menschlichkeit, Freiheit und gegen Rassismus ein. Diese Haltung von Marius Müller-Westernhagen passt hervorragend zu den Zielen der Lindauer Tagungen.“ Der Ehrensenat ist das hochrangigste Gremium der Stiftung Lindauer Nobelpreisträgertagungen. Müller-Westernhagen sagte )per Video zugeschaltet): „Ich unterstütze von ganzem Herzen Ihre Vision und Ihre harte Arbeit für eine bessere und gerechtere Welt. Machen Sie damit weiter, vielen Dank!“